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Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Zweite Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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der Fuchs die Trauben!«
    Zu diesen Worten schüttelte ich meinerseits den Kopf, nur darauf bedacht, mit meiner unverhofften Beute die Heimat so bald als möglich zu erreichen.
    Doch wurde das Gespräch durch die Ankunft eines geistlichen Herren, des Ortskaplanes, unterbrochen, der, durch den Küster von dem Erscheinen des abenteuerlichen Gastes unterrichtet, von seinem Rechte, sich nach Gefallen etwa zur Tafel einzufinden, Gebrauch machte, um die Neugierde zu stillen.
    Die Beine in hohe glänzende Stiefel gestellt, im wohlgebürsteten schwarzen Rocke, Hut und Stock in der einen Hand, schwenkte er die andere im Bogen und stellte sich mit humoristisch tiefen Verbeugungen als den Abgesandten der Schloßdame dar. Sie ließ sagen, daß der Tisch gedeckt sei und sie uns auf der Gartenterrasse erwarte. »Denn«, sagte er scherzend, »ich ermüde nicht, ihre Ketten so lang zu tragen, bis ich sie daran in den Himmel hinaufgezogen habe!«
    Ich wurde vorerst dem Herren bekannt gemacht, worauf wir uns nach dem bezeichneten Orte begaben. Das Fräulein spazierte auf der Terrasse in dem milden Sonnenscheine, der heut auf dem Lande lag. Sie begrüßte mich freundlich, sagte, wir hätten uns ja eine Ewigkeit nicht gesehen, und frug, wie es mir gehe. Statt aber die Antwort abzuwarten, forderte sie den Kaplan auf, ihr den Arm zu geben, was derselbe mit einer sich immer gleichbleibenden spaßhaften Umständlichkeit tat, und so schritt sie dem Grafen und mir voran in das Haus und die breite Treppe hinauf, bis wir in das Speisezimmer gelangten.
    Schon dieser kleine Aufzug durch das stattliche Treppenhaus und die langen Korridore ließ mich an den Pfad der Mühsal denken, den ich vor kaum vierundzwanzig Stunden gewandelt, und als wir vier Personen nun um den runden Tisch saßen, von einem schwarzgekleideten stillen Manne bedient, der weiße Handschuhe trug, war ich ganz betreten von dem wunderlichen Schicksalswechsel, der doch wiederum mit meiner Hände Arbeit und den entschwundenen eigenen Lebensjahren zusammenhing. Das Mittagsmahl war indessen so wenig prunkhaft und weitläufig und der Ton so frei und unbefangen, daß ich mich bald dem ruhigsten Behagen hingab und den lieben Gott einen guten Mann sein ließ. Der Kaplan trug hauptsächlich die Kosten der Unterhaltung, indem er mit dem Fräulein zahlreiche Witzworte wechselte, deren Bedeutung mir nicht klar wurde.
    »Sie müssen nämlich wissen«, wandte er sich unversehens zu mir, »daß unsere Gnädigste mich zu ihrem lustigen Rat, zu deutsch zu ihrem geistlichen Hofnarren erkoren hat und daß ich mich diesem schwierigen Amte nur unterziehe, um doch noch dero ungläubige Seele zu erretten, was keineswegs ausbleiben wird!«
    »Glauben Sie's nicht!« sagte Dorothea; »Se. Ehrwürden spielen im Gegenteil mit mir, deren Seele sie ohnehin für verloren halten, wie ein mutwilliges Kätzlein einen Schmetterling zerpflückt!«
    »Laßt euch nicht zu stark auf mit eueren Witzen, Leutchen!« warf der Graf dazwischen; »unser Freund hat's auch hinter den Ohren und führt ebenfalls einen Schalksnarren mit sich, mit dem er sich sogar in die Weltregierung einmischt.«
    Er teilte den Tischgenossen den Vorfall mit dem Waldhüter und dem Totenkopfe mit. Die Verwunderung und der Beifall, welchen die Begebenheit fand, verlockten mich, nun die eigentliche Geschichte des Albertus Zwiehan, wie sie mir ein für allemal als fable convenue galt, vorzubringen, namentlich, wie er durch die beiden Schönen, Cornelie und Afra, oder vielmehr durch das Schwanken zwischen ihnen um Erbe und Leben gekommen sei. Dorothea hörte mit halbgeöffnetem Munde zu, während die blühenden Lippen ein Lächeln umspielte und in der Kehle kleine abgebrochene Glockentöne ein wirkliches Lachen verrieten, das sie aber nicht aufkommen ließ.
    »Dem ist aber recht geschehen!« rief sie aus, »der war ja ein schändlicher Patron!«
    »Ich möchte ihn nicht so grausam verurteilen«, wagte ich zu antworten; »nach Herkommen und Erziehung war er ja ein halber Wilder und tappte mit dem Egoismus eines Kindes nach jeder Flamme, die vor ihm aufleuchtete, ohne zu wissen, was Liebe ist und daß die Dinger brennen!«
    Über diesen kennerhaften Ausspruch wurde ich jedoch selbst ganz heiß im Gesicht und bereute sogleich, ihn zum besten gegeben zu haben; nicht nur bemerkte ich, daß der Kaplan mit seiner von einem studentischen Säbelhiebe eingedrückten Nase ein humoristisches Gesicht gegen das Fräulein machte, sondern ich fühlte auch die

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