Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der grüne Stern

Der grüne Stern

Titel: Der grüne Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lin Carter
Vom Netzwerk:
Antwort, und ein schwerer Körper arbeitete sich scharrend, kratzend und schnaufend in wilder Hast über den Ast zurück.
    Einige Minuten später rief Yurgons Stimme von irgendwo aus der Tiefe:
    »Station Roter Ast! Hast du eben geschrien?«
    »Ein Tier oder was war an meiner Station«, rief ich zurück. »Aber ich habe es verjagt.«
    »Sehr gut! Aber nächstes mal, wenn du angegriffen wirst, bläst du das Hörn!«
    »In Ordnung«, rief ich. »Aber das Biest wird nicht so bald wiederkommen.«
    Als der Morgen kam, wurden wir abgelöst. Mein Ersatzmann kletterte zur Plattform herauf, und sobald er auf seinem Platz war, kletterte ich hinunter zum Stamm, wo ich mich Hand über Hand und mit den Füßen gegen die zerfurchte Rinde gestemmt die Strickleiter hinabließ, die nicht mehr als ein dickes Seil mit vielen Knoten war. Als ich am Sammelplatz eintraf, wo Yurgon mit den anderen, von ihren Außenposten abgelösten Wachtposten wartete, sah ich den krummen, hinkenden Sligon unter ihnen. Er sah mitgenommen aus, seine Kleidung war zerrissen, und er hatte einige böse Abschürfungen. Mir schien, daß auch sein Hinken stärker war als sonst. Sein verkniffenes Gesicht ließ vermuten, daß er Schmerzen hatte, die er sich nicht anmerken lassen wollte.
    »Hast du was zu melden?« forschte Yurgon.
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, nichts. Nur die Sache mit diesem Tier, oder was es war. Ist sonst etwas vorgekommen?«
    Er zuckte die Schultern. »Nichts von Bedeutung. Sligon rutschte beim Abstieg aus und fiel von der Strickleiter ein paar Meter tief auf einen Ast, wobei er sein Messer verlor, aber sonst war nichts … warum lachst du?«
    Ich zwinkerte ihm zu, aber sagte nichts.

18. Die Delegation
    Weil die Wachen während der Stunden ihres Dienstes nicht zum Schlafen kamen – abgesehen von einem gelegentlichen Nickerchen –, waren sie am folgenden Tag – wenn es die Umstände erlaubten – von allen Pflichten befreit und durften ausschlafen, solange sie wollten.
    Ich wollte; und als ich mich schlafen legte, war für Niamh gerade die Zeit zum Aufstehen gekommen. Ich erzählte ihr den Vorfall mit dem Messer und wie es mir gelungen war, den Angreifer mit dem Speer zu erwischen, und daß dieser darauf heulend und überstürzt den Rückzug angetreten habe. Lachend berichtete ich ihr, daß der arme Sligon von Schmerzen geplagt nach Haus gehumpelt sei.
    Niamh schien meine Geschichte nicht besonders amüsant zu finden, obwohl sie ein mattes Lächeln zeigte. Schon bald gewann ihre Besorgnis die Oberhand.
    »Solltest du es nicht jemandem sagen – Yurgon vielleicht?« sagte sie. »Wird dieser Sligon nicht einen weiteren Versuch machen, wenn sein letzter ohne weitere Folgen für ihn bleibt?«
    »Glaube ich nicht«, sagte ich. »Ich habe den Eindruck, daß er genug bestraft worden ist. Er wird den gleichen Trick nicht zweimal hintereinander versuchen. Natürlich werde ich wachsam bleiben, und wenn wir auf der Hut sind, wüßte ich nicht, was er uns anhaben könnte. Vor allem müssen wir achtgeben, daß er uns nicht belauschen und nachspionieren kann, denn wenn er herausfindet, daß du die Prinzessin Niamh von Phaolon bist, und daß ich der wiedererwachte Chong bin, würde er eine ausgezeichnete Waffe gegen uns haben …«
    Ich brach ab, denn als ich diese schicksalsträchtigen Worte ausgesprochen hatte, war mir, als höre ich ein seltsames Geräusch -wie das leise Zischen eines scharf durch die Zähne eingesogenen Atems.
    Hatte jemand vor unserer Schlafkammer gelauert und uns belauscht?
    Im Nu war ich am Eingang, stieß die Matte zur Seite und sprang hinaus. Aber niemand war in der Nähe.
    Doch halt; dort verschwand eine Gestalt in einem der anderen Eingänge. War es nur meine Einbildung, oder hatte diese dunkle Gestalt tatsächlich einen Buckel und hinkte?
    Meine Kopfhaut prickelte unangenehm. War der Kerl, der eben in der anderen Türöffnung verschwunden war, Sligon gewesen? Hatte er vor der Matte gelauscht, während wir sprachen? Hatte der hinterlistige Teufel mitgehört, als ich so unachtsam gewesen war, Niamhs Namen laut auszusprechen?
    Ich stand hilflos da und ballte meine Fäuste, unschlüssig, ob ich dieser inzwischen verschwundenen Gestalt nachstürzen solle oder nicht, gepeinigt von Ungewißheit und quälender Angst.
    In diesem Moment kam mein Freund Kaorn vorbei. Er grinste mir zu, gähnte schläfrig. Ich hielt ihn am Arm zurück.
    »Hör zu, Junge, wo ist Sligon? Hast du ihn nicht gesehen?« fragte ich atemlos.
    »Ich nicht«,

Weitere Kostenlose Bücher