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Der grüne Stern

Der grüne Stern

Titel: Der grüne Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lin Carter
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»Und was das Mädchen betrifft, so werde ich ein paar Worte mit Siona reden.«
    Wir kehrten an den Tisch zurück, unsere unterbrochene Mahlzeit zu beenden. Das Fleisch war kalt geworden, und der Wein lauwarm, aber mir war ohnedies der Appetit vergangen. Ich trank und kaute mechanisch und grübelte über die Gründe von Sionas unerklärlicher Abneigung gegen das Mädchen, das ich liebte, und warum sie sich mit einem so mörderischen Jähzorn gegen mich gewandt hatte.
    Das Geheimnis ihres Verhaltens blieb einstweilen ungeklärt, wenigstens für mich. Rückblickend zweifle ich kaum daran, daß alle anderen in der Halle Sionas Geheimnis kannten, das mir in meiner Naivität verschlossen blieb.

17. Der Kampf im Dunkeln
    Sligon war natürlich Zeuge der dramatischen Konfrontation gewesen, und als ich wieder meinen Platz einnahm, entging mir nicht, mit welch hämischer Freude er die Auseinandersetzung quittierte. Er saß an seinem Platz auf der anderen Seite des Feuers und lachte in sich hinein, die bösen kleinen Augen voll rachsüchtiger Heiterkeit, das schwartige Gesicht strahlend vor Befriedigung.
    Ich bemühte mich nach Kräften, seine Genugtuung über meinen Zusammenstoß mit Siona zu ignorieren. Es konnte Niamh und mir nur schaden, wenn ich einen der Bande, der ohnehin Grund genug hatte, mir feindlich gesonnen zu sein, auch noch herausforderte. So ging ich ihm nach Möglichkeit aus dem Weg, und in den folgenden Tagen bemerkte ich, daß auch Sligon meine Gesellschaft mied.
    Als wir uns am Abend des bedauerlichen Vorfalls in unsere Schlafkammer zurückzogen, fragte ich Niamh nach den Ursachen des Zusammenstoßes und wollte wissen, warum Siona sie so schlecht behandelte, doch sie zeigte sich merkwürdig einsilbig und war aus irgendeinem Grund nicht gewillt, Sionas Wutausbruch zu diskutieren.
    Nachdem wir uns einmal als entflohene Liebende ausgegeben hatten, blieb uns nichts anderes übrig, als dieser Rolle treu zu bleiben, und so schliefen wir weiterhin im selben Bett. Obwohl dies notwendigerweise ein gewisses Maß an Intimität mit sich brachte, die mir durchaus willkommen war und mit der sich bei mir allerlei Sehnsüchte und Hoffnungen verbanden, bemühte ich mich mannhaft und nach Kräften, ihre Tugend nicht durch Worte oder Taten zu verletzen. Die Schüchternheit im Umgang mit Frauen, die ich mir als Krüppel angewöhnt hatte, machte es mir nicht allzu schwierig, den selbstlosen und honorigen Beschützer zu spielen, und obgleich ich mich inzwischen über beide Ohren in die Prinzessin verliebt hatte – eine Tatsache, von der sie sicherlich wußte – wäre es in der Tat wenig anständig und ehrenhaft von mir gewesen, die Situation auszunutzen, und dies um so weniger, als Niamh sehr reserviert blieb. Sie sprach selten mit mir und wahrte eine kühle Distanz, die von Tag zu Tag frostiger wurde.
    Vielleicht war dies bloß ihre Methode, im voraus jegliche Annäherungsversuche abzuwehren. Das war mein erster Gedanke, und ihr Benehmen verdroß mich. Wenn ein Mann sich schon bemüht, seine Natur zu verleugnen und den ritterlichen Kavalier und edlen Beschützer zu spielen, dann verdient er für sein Verhalten wenigstens Anerkennung und zum Lohn ein gewisses Vertrauen. Aber dann kam mir die Idee, daß Niamhs kühle Reserviertheit mir gegenüber in einem Zusammenhang mit Sionas seltsamem Benehmen stehen könnte; aber ich konnte um alles in der Welt nicht begreifen, was für ein Zusammenhang das sein mochte.
    Trotz ihres Widerwillens, die Angelegenheit mit mir zu erörtern, antwortete Niamh schließlich doch auf meine drängenden Fragen. Sie sagte, Siona selbst habe befohlen, daß sie die schwereren und unangenehmeren Arbeiten in Küche und Saal zu übernehmen, bei Tisch zu bedienen hätte. Doch über die mutmaßlichen Gründe von Sionas Abneigung gegen sie äußerte Niamh sich nicht.
    »Warum in aller Welt haßt sie dich so?« sagte ich an jenem Abend, als wir Seite an Seite in der Dunkelheit unserer Schlafkammer lagen. »Ich kann nicht begreifen, warum sie das Verlangen haben sollte, dich vor aller Augen zu demütigen. Warum drangsaliert sie dich ständig?«
    »Vielleicht zum Kontrast«, murmelte Niamh.
    »Kontrast?« fragte ich. »Ich verstehe nicht, was du meinst.«
    Ich dachte an den Zusammenstoß in der Halle, und natürlich war da ein Kontrast zwischen Siona und ihr gewesen: Hier Siona in einem schönen, ziemlich enthüllenden Gewand aus weißer Seide, Edelsteine an Hals und Handgelenken, das Haar zu einer kunstvollen

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