Der grüne Stern
Spannung die Ankunft der Besucher.
Schauplatz des Empfangs sollte die große Halle des Höhlendorfs sein – der einzige Raum, der für solche Zwecke geeignet war. Das Feuer in der ausgemauerten Grube loderte bis zur rauchgeschwärzten Kuppeldecke empor, wo der natürliche Abzug – eine schornsteinähnliche Höhlung im Zentrum des Stamms – Mühe hatte, die Massen dichten Qualms abzusaugen. Die Tische und Bänke waren fortgeräumt und an den Wänden zusammengeschoben worden, und die gesamte Streitmacht der Bande hatte sich versammelt, die Botschaft der Abgesandten zu hören. Oder fast die gesamte Streitmacht, denn die vorsichtige Siona hatte alle Außenstationen besetzen lassen und draußen auf dem Ast ein Kommando unter dem Befehl des graubärtigen Phryne postiert, das etwaige Landeversuche einer möglichen Invasionsstreitmacht vereiteln sollte. Und alle Versammelten in der Halle waren bewaffnet und bereit, im Falle eines Überraschungsangriffs das Hauptquartier zu verteidigen.
Siona saß in einem geschnitzten, thronartigen Sessel, in dem schon ihr Vater gesessen hatte, auf einer improvisierten Plattform. Anläßlich dieses seltenen Ereignisses hatte sie sich martialisch herausgeputzt und war in einem Aufzug erschienen, der an einen römischen Legionär gemahnte. Ein Küraß aus Kupferplatten mit Brustschalen umhüllte ihren Oberkörper, dazu trug sie einen knapp knielangen Rock aus kupferbeschlagenen Lederstreifen, Beinzeug und einen kupfernen Spitzhelm mit einem violetten Federbusch. Eine goldene Spange an ihrem Hals hielt einen violetten Umhang zusammen, Goldreifen blitzten an ihren braunen Armen, und ein langer Dolch mit goldenem Heft hing an ihrem Gürtel. Sie sah wie eine Königin aus, und ich konnte nicht umhin, sie zu bewundern.
Sie blickte nicht ein einziges Mal in meine Richtung, ignorierte mich, wie sie es seit unserem Streit konsequent getan hatte.
Ein Hornsignal von den Torwachen verkündete die Ankunft der Abgesandten von Ardha; kurz darauf wurde der innere Mattenvorhang zurückgeschlagen, und Yurgon führte die Besucher in die Halle.
Die drei Männer gingen mit verbundenen Augen und auf den Rücken gefesselten Händen langsam zur Plattform, jeder von einem Bewaffneten aus Yurgons Mannschaft begleitet. Vor Sionas Thron angelangt, wurden ihnen Fesseln und Augenbinden abgenommen, und sie standen da, blinzelten im grellen Feuerschein und rieben sich die Handgelenke – weichliche, fleischige Männer mit Hängebacken, stattlichen Bäuchen, aber scharf beobachtenden, schlauen Augen in den gedunsenen Gesichtern.
Nachdem sie sich orientiert hatten, verneigten die Abgesandten sich tief in fast übertriebener Ehrerbietung vor der stelz thronenden Siona. Die Bandenführerin schien diese demütige Haltung zu genießen, denn sie ließ die drei eine ganze Weile so verharren, bevor sie sie aufforderte, zur Sache zu kommen.
»Schöne und königliche Dame«, begann der fetteste der drei Männer in salbungsvollem Ton, »der Große Prinz, mein Gebieter, hat uns, seine niedrigen Diener, beauftragt, Eurer legendären Lieblichkeit diese kostbaren Geschenke zu überbringen, als ein Unterpfand seiner Freundschaft und unserer zukünftigen Allianz zum beiderseitigen Nutzen.«
Auf eine herrische Geste hin trat einer seiner Begleiter vor, legte einen kleinen Kasten aus poliertem Holz vor Sionas Füße auf den Rand der Plattform und zog sich mit Verbeugungen wieder in die Reihe seiner Gefährten und der Wachen zurück. Yurgon öffnete den Kasten mit der Spitze seines Schwerts, der Deckel fiel zurück, und eine Masse von funkelnden, geschliffenen Edelsteinen wurde sichtbar, die im Feuerschein in roten, grünen, gelben und weißen Lichtern blitzten und sprühten.
»Sehr hübsch«, bemerkte Siona kühl und betont desinteressiert. Der fette Abgesandte lächelte breit.
»Um die Worte meines Gebieters zu gebrauchen«, sagte er, »Schönheit verdient schöne Dinge.«
»Der Tyrann von Ardha ist bekannt für seine vielen hervorragenden Eigenschaften«, sagte Siona, »aber Großzügigkeit gehört nicht zu ihnen. Du sprichst von einer zukünftigen Allianz‹, daher kann ich diese Geschenke nicht nur als Geschenke betrachten, sondern als Entgelt für irgendeine Gefälligkeit. Was für eine Gefälligkeit soll das sein?«
Der Abgesandte strahlte. »Schönheit, Tugend, Intelligenz und Witz – in einer göttlichen Person vereint! Erlaubt, daß ich Euch meine Bewunderung zu Füßen lege!«
»Genug der Komplimente«, sagte Siona
Weitere Kostenlose Bücher