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Der grüne Strahl

Der grüne Strahl

Titel: Der grüne Strahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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nicht… es ist ein Boot, das sich auf den Strudel von Corryvrekan verirrt hat!«
    Bei diesen Worten des Capitäns waren noch mehrere Personen auf die Commandobrücke geeilt. Alle starrten in der Richtung nach dem Strudel hinaus. Daß ein kleines Fahrzeug auf diese Höllenwirbel verschlagen worden sei, unterlag keinem Zweifel mehr. Gepackt von der Strömung der steigenden Fluth, von der Kraft jenes todbringenden Wirbels angezogen, ging es offenbar seinem Untergange entgegen.
    Alle Blicke waren nach jenem Punkte des Strudels gerichtet, der etwa vier bis fünf Meilen vom »Glengarry« lag.
    »Das ist wahrscheinlich nur eine losgerissene und fortgetriebene Schaluppe, meinte einer der Passagiere.
    – O nein, ich erkenne darin einen Menschen, antwortete ein Anderer.
    – Einen Mann… zwei Männer!«rief Patridge, der jetzt neben Miß Campbell Platz genommen hatte.
    In der That, es befanden sich zwei Männer darin, welche offenbar nicht mehr Herren ihres Bootes waren. Die schwache, vom Lande herwehende Brise hätte ihre Segel nicht genug spannen können, um es aus dem Wogenschwall zu treiben, und die Ruder konnten sie unmöglich von dem Anziehungscentrum des Corryvrekan fernhalten.
    »Capitän, rief Miß Campbell, wir können die beiden Unglücklichen nicht untergehen lassen!… Sie sind verloren, wenn man sie sich selber überläßt!… Sie müssen Hilfe haben!… Sie müssen!…«
    Alle an Bord hatten den nämlichen Gedanken, und erwarteten ängstlich die Entscheidung des Capitäns.
    »Der »Glengarry«, erklärte dieser, kann sich nicht bis in die Mitte des Corryvrekan wagen, doch wenn wir uns diesem Punkte nur nähern, gelingt es vielleicht, der Schaluppe nahe genug zu kommen, um ihr Rettung zu bringen.«
    Er wandte sich dabei an die übrigen Passagiere, wie um von diesen ein Zeichen der Billigung zu erhalten.

    Miß Campbell trat noch einmal auf ihn zu.
    »Es muß sein, Capitän, es muß sein! rief sie mit zitternder Stimme. Meine Reisegenossen verlangen dasselbe wie ich! Es steht das Leben von zwei Menschen auf dem Spiele, welches Sie vielleicht retten können… o, Capitän, ich bitte Sie inständigst!…
    – Ja, ja!« stimmten einige der Passagiere zu, erregt durch die warmherzige Intervention des jungen Mädchens.
    Der Capitän ergriff sein Fernglas, beobachtete mit Aufmerksamkeit den Verlauf der Strömung in der Enge und wandte sich dann an den neben ihm auf der Brücke stehenden Steuermann.
    »Achtung! rief er, das Ruder nach Steuerbord!«
    Unter der Wirkung des Steuers drehte der Dampfer nach Westen bei. Der Maschinist erhielt Befehl, vollen Dampf zu geben, und der »Glengarry« ließ bald die Spitze der Insel Jura zur Linken liegen.
    An Bord sprach kein Mensch ein Wort. Aller Augen hingen mit ängstlicher Spannung an der mehr und mehr sichtbar werdenden Schaluppe.
    Es war nur ein kleines Fischerboot, dessen Mast die Insassen niedergelegt hatten, wahrscheinlich um den Gegenstoß zu vermeiden, den der heftige Anprall der Wellen hätte erzeugen müssen.
     

    Alle Blicke waren nach jenem Punkte des Strudels gerichtet. (S. 46.)
     
    Von den beiden Männern, welche sich in dem Fahrzeuge befanden, lag der Eine nahe dem hinteren Ende desselben ausgestreckt; der Andere bemühte sich mit aller Anstrengung seiner Kräfte, dem Mittelpunkt der Anziehungskraft des Wassers fern zu bleiben. Gelang ihm das nicht, so waren Beide unrettbar verloren.
     

    »Meine Unbesonnenheit wäre uns bald theuer«… (S. 52.)
     
    Eine halbe Stunde später erreichte der »Glengarry« die Grenze des Corryvrekan und begann schon unter den ersten Wellenbergen furchtbar zu stampfen; doch Niemand an Bord beschwerte sich darüber, obgleich die Hast der Strömung wohl dazu angethan war, einfache Touristen zu erschrecken.
    In diesem Theile der Meerenge erschien das Wasser gleichmäßig weiß, als wenn wenigstens ein Dreireffwind darüberbliese. Man gewahrte nichts als eine ungeheure Fläche von Schaum, der bei der verhältnißmäßig geringen Tiefe des Wassers zu ungeheuren Bergen aufwallte.
    Die Schaluppe war nur noch eine halbe Meile entfernt. Von den beiden Insassen machte der, welcher die Riemen führte, ungeheure Anstrengungen, sich aus dem Wirbel zu befreien. Er begriff recht gut, daß der »Glengarry« ihm zu Hilfe kam, aber er sah wohl ein, daß der Dampfer nicht viel weiter vorwärts laufen konnte und es seine Sache sei, jenen zu erreichen. Sein im Hintertheile liegender Gefährte schien des Bewußtseins beraubt.
    Eine Beute der

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