Der grüne Strahl
Yacht segelte in schräger Richtung auf Staffa zu, auf diesen großen, seitwärts der Insel Mull vereinzelt aufragenden Felsen, der sich kaum hundert Fuß über das Hochwasser erhebt. Man hätte glauben können, daß dieser es war, welcher unaufhörlich seinen Ort wechselte, da er einmal das hohe steile Ufer im Westen, dann wieder die wild aufeinander gethürmten Steinmassen seiner Ostseite zeigte. In Folge einer erklärlichen Gesichtstäuschung schien sich die ganze Masse auf einem Zapfen zu drehen, je nach den Winkeln, welche die Fahrtrichtung der »Clorinda« mit den einzelnen Theilen des Eilandes bildete.
Trotz der Strömung und des Gegenwindes kam die Yacht doch allmählich vorwärts. Wenn sie nach Westen, über die äußerste Spitze von Mull hinaussegelte, schüttelte sie das Meer ziemlich kräftig, obwohl sie eigentlich nur lustiger auf den aus der offenen See sich hinwälzenden Wogen tanzte; bei der nächstfolgenden Wendung-oder bei dem nächsten »Schlage«, wie man die beim Laviren im Zickzack zurückgelegten Einzelstrecken nennt – kam sie wieder in stilles Wasser, das sie sanft wie eine Kinderwiege schaukelte.
Gegen elf Uhr war die »Clorinda«weit genug nördlich hinausgekommen, um nun geraden Wegs auf Staffa zuzuhalten. Die Schoten wurden also gelöst, der Klüverjäger sank herab, und der Capitän traf Vorbereitung, vor Anker zu gehen.
Einen Hafen besitzt zwar Staffa nicht, es ist jedoch bei jeder Windrichtung nicht schwierig, längs der Ostseite, innerhalb der, durch frühere geologische Vorgänge launenhaft daneben verstreuten Felsen – einem wirklichen Scheerengürtel – an das Eiland zu gelangen. Bei ganz schwerem Wetter könnte hier freilich ein Schiff von einigermaßen großem Tonnengehalt kaum zu bleiben wagen.
Die »Clorinda« wand sich also zwischen diesem Gürtel von schwarzem Basalt hin; sie folgte gehorsam der geschickten Führung des Capitäns und ließ auf der einen Seite den Felsen von Bouchaillie liegen, von dem das jetzt noch immer niedrige Meer die unteren, zu Bündeln vereinigten Schäfte bloß gelegt hatte, und auf der andern Seite, zur Linken, den Weg, der längs des Ufers hinläuft. Hier ist der beste Ankerplatz des Eilandes, und hier nahmen auch die Dampfer, welche Touristen nach Staffa brachten, diese nach Vollendung ihres Spazierganges nach den Sehenswürdigkeiten der Insel wieder auf.
Die »Clorinda« lief in eine ganz kleine Bucht, fast am Eingang der Grotte von Clam Shell ein. Das Obersegel wurde herabgelassen, das Großsegel völlig gelöst, und der Anker sank rasselnd in den Grund.
Eine Minute später landeten Miß Campbell und ihre Gefährten an den ersten Basaltstufen zur Linken der berühmten Grotte. Hier befand sich eine mit Geländer versehene Holztreppe, welche vom Ufer bis zum abgerundeten Rücken der Insel hinausführt.
Alle begaben sich auf derselben nach dem oberen Plateau.
Sie waren endlich in Staffa, so abgeschieden von der bewohnten Welt, als ob ein Sturm sie auf die ödeste Insel des Stillen Oceans verschlagen hätte.
Achtzehntes Capitel.
Staffa.
Wenn Staffa nichts weiter ist als ein Eiland, so hat es die Natur wenigstens zum merkwürdigsten im ganzen Archipel der Hebriden gestaltet. Dieser große Felsblock von länglichrunder Gestalt, einer Meile Länge und einer halben Meile Breite, verbirgt im Innern höchst wunderbare Grotten basaltischen Ursprungs. Hier strömen ebenso Geologen wie Touristen mit gleich lebendigem Interesse zusammen. Eigentlich zufällig hatten weder Miß Campbell, noch die Brüder Melvill Staffa bisher noch nicht besucht; nur Olivier Sinclair kannte dessen Wunder. Es verstand sich also von selbst, daß ihm das Amt als Führer der Gesellschaft zufiel auf der Insel, welche Allen für wenige Tage als Aufenthaltsort dienen sollte.
Dieser Felsen verdankte seine Entstehung ausschließlich der Krystallisation einer ungeheuren Basaltmasse, die in der ersten Bildungszeit der Erdkruste hier erstarrte. Dieser Zeitpunkt aber liegt sehr weit zurück. Nach den Untersuchungen von Helmholtz – ganz übereinstimmend mit den Beobachtungen Bischofs, über die Erkaltung des Basalts, welcher nur bei einer Temperatur von 2000 Grad schmelzen konnte – hat es zu dessen vollständiger Erkaltung eines Zeitraums von mindestens dreihundertfünfzig Millionen Jahren bedurft. Damit wäre die Consolidirung unserer Erdkugel, nachdem dieselbe einen gasförmigen und dann einen feurigflüssigen Zustand langsam durchgemacht hatte, in eine fabelhaft entlegene
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