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Der grüne Strahl

Der grüne Strahl

Titel: Der grüne Strahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Epoche zurückgeführt.
    Wenn Aristobulos Ursiclos hier gewesen wäre, hätte er reichliche Veranlassung gefunden zu so mancher schönen Abhandlung über die Erscheinungen der geologischen Geschichte. Doch er hielt sich fern; Miß Campbell dachte kaum an ihn, und es geschah, wie Bruder Sam zu Bruder Sib gesagt:
    »Lassen wir die Fliege auf dem Zucker ruhig sitzen!«
    Ein schottisches Sprichwort, mit dem übrigens ziemlich durchsichtigen Sinne: »Wecken wir die Katze nicht, wenn sie schläft«, wie die Franzosen sagen.
    Jetzt sahen sich Alle an und in der Nachbarschaft um.
    »Zuerst, begann Olivier Sinclair, empfiehlt es sich wohl, von unserem neuen Gebiete förmlich Besitz zu nehmen.
    – Ohne zu vergessen, aus welchem Grunde wir überhaupt hierher gekommen sind, bemerkte Miß Campbell lächelnd.
    – Sicherlich, ohne das zu vergessen! erwiderte Olivier Sinclair. Wir wollen also einen geeigneten Beobachtungspunkt aufsuchen und nachsehen, welcher Meereshorizont die Westseite unserer Insel begrenzt.
    – Ich stimme Ihnen bei, antwortete Miß Campbell, nur ist die Witterung heute etwas dunstig, und ich glaube nicht, daß das Versinken der Sonne unter günstigen Umständen stattfinden wird.
    – So werden wir warten, Miß Campbell, wenn’s Noth thut, warten bis zur schlechten Witterung der Tag-und Nachtgleiche.
    – Ja, ja, wir warten, bestätigten die Brüder Melvill… so lange bis Helena bestimmen wird, wieder abzureisen.
    – Ei, uns drängt ja nichts, liebe Onkels, antwortete das junge Mädchen, das sich seit der Abfahrt von Jona ganz glücklich fühlte, nein, es drängt uns nichts, und ich finde dieses Inselchen ganz entzückend. Eine Villa, welche man mitten in dieses, ihre Oberfläche gleich einem seinen Teppich verhüllende Wiesenland hinein erbaute, würde ganz behaglich zu bewohnen sein, selbst wenn die Stürme, die uns Amerika mit so freigebigen Händen schickt, sich an Staffas Grundfelsen brechen!
    – Hm! meinte Onkel Sib, hier an dieser äußersten, nach dem Ocean zu liegenden Grenze müssen sie doch furchtbar wüthen!
    – Das ist auch der Fall, erklärte Olivier Sinclair. Staffa liegt allen aus der offenen See kommenden Winden preisgegeben und bietet nur am östlichen Gestade, dort wo unsere »Clorinda« vor Anker gegangen ist, einigen Schutz. Die schlechte Jahreszeit dauert übrigens in dieser Gegend des Atlantischen Meeres volle neun Monate an.
    – Nun, da erklärt es sich ja gleich, meinte Onkel Sam, warum man hier keinen einzigen Baum sieht. Auf der Hochfläche muß offenbar jedes Erzeugniß der Pflanzenwelt, wenn es den Erdboden nur um wenige Fuß überragt, unbedingt zugrunde gegen.
    – Schön, aber zwei bis drei Sommermonate auf diesem Eilande zuzubringen, das lohnte sich wohl nicht der Mühe? rief Miß Campbell. Ihr müßtet Staffa unbedingt erwerben, liebe Onkels, wenn Staffa überhaupt käuflich wäre.«
    Bruder Sam und Bruder Sib bewegten schon die Hand nach der Tasche, als wollten sie das Kaufsobject bezahlen – diese beiden Onkels ohne Gleichen, welche selbst der tollsten Laune ihrer Nichte nachgegeben hätten.
    »Wem gehört denn eigenlich Staffa? fragte Bruder Sib.
    – Der Familie der Mac-Donald, antwortete Olivier Sinclair. Sie verpachten dasselbe für zwölf Pfund Sterling (120 Gulden = 200 Mark) jährlich, aber ich glaube nicht, daß es ihnen um irgend einen Preis feil wäre.
    – Das ist schade!« sagte Miß Campbell, welche, schon von Natur leicht zu enthusiasmiren, sich jetzt in dazu besonders neigender Gemüthsverfassung befand.
    So plaudernd, wanderten die neuen Gäste Staffas über die unebene Oberfläche der Insel, auf der da und dort kleinere grüne Erhebungen emporragten. Am heutigen Tage traf kein Schiff der Dampfergesellschaft von Oban zum Besuche der Kleinen Hebriden ein; Miß Campbell und ihre Gefährten hatten also keine Störung durch lärmende Touristen zu befürchten. Sie waren allein auf dem öden, weltverlassenen Felsen. Einige Pferde von kleinem Schlage und einzelne schwarze Kühe weideten auf der mageren Grasnarbe des Plateaus, dessen dünne Humusdecke an verschiedenen Stellen von lavaähnlichen Massen durchbrochen war. Einen Schäfer zu deren Bewachung gab es nicht, und wenn die vierfüßige Inselheerde überhaupt überwacht wurde, so konnte das nur aus der Ferne, vielleicht von Jona, wenn nicht gar von der fünfzehn Meilen weiter östlich gelegenen Küste von Mull aus der Fall sein.
    Eine Wohnstätte zeigte sich nirgends; nur die Reste einer Hütte, welche

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