Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der grüne Strahl

Der grüne Strahl

Titel: Der grüne Strahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
Grotte liegt im südwestlichen Theile des Eilandes. Bei einigermaßen starkem Seegange wäre es höchst unklug, in dieselbe einzudringen, denn der Wogenschlag darin ist gar so heftig; an jenem Tage jedoch hatte, trotz des ziemlich bedrohlichen Aussehens des Himmels, der Wind noch nicht aufgefrischt, und ein Besuch der Höhle war mit keinerlei Gefahr verknüpft.
    In dem Augenblicke, wo das Boot der »Clorinda« vor der Mündung der tiefen Höhle still hielt, ging der von Touristen besetzte Dampfer von Oban an der Insel vor Anker. Glücklicher Weise brachte dieser Zeitraum von zwei Stunden, während welcher Staffa sozusagen den Fahrgästen des »Pioneer« gehört, für Miß Campbell und die Anderen keinerlei Belästigung mit sich Sie blieben in der Grotte des Schiffes unbemerkt, während die Fremdlinge ihre reglementmäßige Promenade, die sich nur nach der Fingalshöhle und der Oberfläche des Eilands erstreckt, ausführten. Sie hatten also keine Gelegenheit, mit diesem etwas geräuschvoll auftretenden Häuflein in Berührung zu kommen – ein Umstand, über den sie sich aus mehrfachem Grunde beglückwünschten. Warum sollte z.B. Aristobulos Ursiclos nach dem plötzlichen Verschwinden der kleinen Gesellschaft, als deren Mitglied er sich doch betrachtete, nicht den Jona regelmäßig anlaufenden Dampfer benützt haben, um nach Oban zurückzukehren? – Ein Zusammentreffen mit ihm wünschte man aber auf jeden Fall zu vermeiden.
    Doch wie dem auch sein mochte, ob der ausgestoßene Prätendent sich unter den Touristen des 7. September befand oder nicht, jedenfalls war nach der Wiederabfahrt des Schiffes Niemand hier zurückgeblieben. Als Miß Campbell, die Brüder Melvill und Olivier herauskamen aus dem langen Schlauche, aus dem ausgangslosen Tunnel, der fast künstlich in eine Basaltschichte getrieben zu sein scheint, fanden sie wieder die Ruhe vor, welche auf Staffa, diesem an der Grenze des Atlantischen Oceans verlorenen Eilande, gewöhnlich herrscht.
    Man kennt eine gewisse Anzahl berühmter unterirdischer Höhlen an sehr verschiedenen Stellen der Erde, aber meist innerhalb der Gebiete vulkanischer Thätigkeit; alle unterscheiden sich durch ihren Ursprung, der entweder neptunischer oder plutonischer Art ist.
    Von diesen Aushöhlungen sind nämlich die einen entstanden durch unterirdische Wässer, welche im Laufe der Jahrtausende sogar harte Granitmassen annagen, auflösen und wegführen, bis an deren Stelle oft gewaltige leere Räume getreten sind; dahin gehören die Grotten von Crozen in der Bretagne, die von Bonifacio auf Corsika, von Morghatten in Norwegen, von Saint Michel in Gibraltar, von Saratchell am Ufer der Insel Whigt, von Tourane in dem steil abfallenden Marmorgestade von Cochinchina.
    Die anderen, von ganz abweichendem Ursprunge, verdanken ihre Bildung dem durch Erkaltung früher feurigflüssiger Gesteinsmassen bedingten Zurückweichen von Granit-oder Basaltwänden, und diese bieten in ihrer Gliederung alle Spuren gewaltsamer Vorgänge, welche den Grotten neptunischen Ursprungs völlig fehlen.
    Treu ihren Principien, hat die Natur bei den einen die Wirkungen der Kraft, bei den anderen die der Zeit benützt.
    Zu den Aushöhlungen, deren Baumaterial einst durch das Urfeuer geologischer Epochen geschmolzen erhalten wurde, gehört die berühmte Fingalshöhle – »Fingals Keller«, wie die höchst prosaische englische Bezeichnung derselben lautet.
    Der näheren Untersuchung dieses Wunders der Erdkugel sollte der nächste Tag gewidmet werden.

Neunzehntes Capitel.
Die Fingalshöhle.
    Wenn der Capitän der »Clorinda« sich im Laufe der letzten vierundzwanzig Stunden in einem der Häfen des Vereinigten Königreichs befunden hätte, würde er Kenntniß von einem meteorologischen Bulletin gehabt haben, das für die auf der Fahrt über den Atlantischen Ocean befindlichen Schiffe nicht besonders günstig lautete.
    Durch den Draht war nämlich von New-York aus ein heftiger Sturm angezeigt worden. Nachdem er den Ocean von Westen nach Nordosten durchflogen, drohte derselbe mit voller Gewalt über das Gestade Irlands und Schottlands hereinzubrausen, um sich nachher jenseits der Küsten Norwegens zu verlieren.
    Doch auch ohne dieses Telegramm verrieth schon das Barometer der Yacht eine nahe bevorstehende atmosphärische Störung, mit welcher ein vorsichtiger Seemann wohl rechnen mußte.
    Am Morgen des 8. September begab sich deshalb der Capitän John Olduck etwas beunruhigt nach dem Felsenstrande, der Staffa nach Westen

Weitere Kostenlose Bücher