Der grüne Strahl
Capitän Olduck! Wir bleiben hier, bis Sie wiederkommen!
– Indeß… stammelten die Brüder Melvill, denen dieses Wort der Besorgniß gleichzeitig entschlüpfte.
– Mir scheint, meine Onkels hätten etwas einzuwenden, schnitt ihnen Miß Campbell die Rede ab, doch ich glaube ein Mittel zu besitzen, um sie zu meiner Ansicht zu bekehren.«
Damit gab sie jedem den gewohnten Morgenkuß.
»So, das ist für Dich, Onkel Sam, und für Dich, Onkel Sib. Ich wette nun, daß Ihr nichts mehr zu sagen habt.«
Sie dachten gar nicht daran, eine Einwendung zu erheben.
Weil es ihrer Nichte beliebte in Staffa bleiben zu wollen, warum sollten sie da nicht aushalten, und warum kamen sie überhaupt nicht von Anfang an auf diesen einfachen, natürlichen Gedanken, der Aller Interessen Rechnung trug?
Der Vorschlag rührte indessen von Olivier Sinclair her, und Miß Campbell glaubte ihm dafür ganz speciell danken zu müssen.
Nachdem also ihr Beschluß feststand, schifften die Matrosen die für mehrtägigen Aufenthalt nothwendigen Bedürfnisse aus. Clam Shell wurde unter dem Namen Melvill-House zur einstweiligen Wohnung umgestaltet, in der man mindestens ebenso gut untergebracht zu sein meinte, wie in der Herberge zu Jona. Der Koch ging sofort daran, eine für seine Obliegenheiten passende Stelle auszuwählen, die er nahe dem Eingang der Höhle in einer scheinbar zu solchen Zwecken geschaffenen Nische der Felswand entdeckte.
Dann verließen Miß Campbell und Olivier Sinclair, die Brüder Melvill, Frau Beß und Patridge die »Clorinda« und übernahmen das ihnen von John Olduck überlassene kleine Boot der Yacht, welches zum gelegentlichen Uebersetzen von einem Felsen zum andern von großem Vortheil sein mußte.
Eine Stunde später lichtete die »Clorinda« mit doppelt gerefften Segeln und eingezogenem Klüverjäger die Anker, und wandte sich nach der Nordseite der Insel Mull, um durch die schmale Wasserstraße zwischen der Insel und dem Festlande nach Achnagraig zu gelangen. Ihre Passagiere folgten ihr von der Höhe Staffas aus mit den Blicken, so lange sie das schmucke Schiff sehen konnten. Sich unter dem Wind neigend, gleich einer Möve, die mit den Flügeln dicht über das Wasser streicht, war dasselbe nach kaum einer halben Stunde hinter dem Eilande Geometra verschwunden.
Wenn die Witterung auch bedrohlich schien, blieb der Himmel vorläufig doch noch ziemlich klar, so daß die Sonne sehr häufig durch die Wolkenöffnungen blickte, welche der Wind im Zenith aufriß. Man konnte auf der Insel lustwandeln und rings um dieselbe dem Fuße des Basaltufers folgen. Miß Campbell’s und der Brüder Melvill erstes Verlangen war denn auch, sich unter der Führung Olivier Sinclair’s nach der berühmten Fingalshöhle zu begeben.
Die Lustreisenden, welche von Oban kommen, pflegen diese Höhle mittelst der Boote des Obaner Dampfers zu besuchen; man kann jedoch bis nach ihrem entlegensten Hintergrunde auch dadurch gelangen, daß man an den Felsen der rechten Seite landet, wo sich eine Art gangbarer Quai vorfindet.
Sie blieben unbemerkt…. (S. 154.)
Auf diese Weise wollte Olivier Sinclair seine Touristen führen, ohne das Canot der »Clorinda« zu benützen.
Alle verließen also Clam Shell und begaben sich nach der Straße, welche an der Ostseite der Insel verläuft. Das obere Ende der senkrecht eingelassenen Säulenschäfte, welche fast auf den Gedanken führten, daß ein Architekt sie in dieser Weise versenkt hätte, bot einen festen und trockenen Fußboden. Der nur wenige Minuten beanspruchende Weg wurde plaudernd zurückgelegt, während Alle die Schönheit der Eilande bewunderten, an denen die Brandung tobte und über
Weiter draußen, Himmel und Wasser in blendendem Glanze… (S. 164.)
die hinaus das lichtgrüne Wasser bis auf den Grand der Felsen zu blicken gestattete. Man konnte sich unmöglich einen schöneren Weg nach jener Grotte denken, welche an sich würdig erscheint, von einem Helden aus Tausend und einer Nacht bewohnt zu werden.
An der südöstlichen Ecke der Insel angelangt, ließ Olivier Sinclair seine Begleiter einige natürliche Stufen emporsteigen, welche sich mit der Treppe jedes Palastes hätten messen können. An dieser Treppenecke erhoben sich die äußersten Säulen, welche längs der Wand der Höhle stehen, wie die des kleinen Tempels der Vesta in Rom, nur näher neben einander, wie um die unbearbeitete Wand zu verhüllen. Auf ihre Capitäle stützt sich die gewaltige Steinmasse, welche
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