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Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)

Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)

Titel: Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcello Simoni
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Augenblick nur ausweichende Antworten erhalten würde. Er wartete besser ab, bis der Händler selbst zu sprechen begann.
    Nach ihrem kargen Mahl fragte ihn Ignazio, was er von Gothus Ruber hielt.
    »Ich finde ihn recht nett. Er weiß sehr viel, so wie du.«
    »Das stimmt. Und wir sind gute Freunde, aber trotzdem solltest du ihm nicht über den Weg trauen. Erzähl ihm bitte nicht mehr als nötig.«
    »Wenn du ihm nicht vertraust, weshalb bist du dann auf seine Bitte eingegangen?«
    »Selbstverständlich um herauszufinden, worum es in dem Teil des Buches geht, den Viviën ihm übergeben hat. Aber es gibt noch einen Grund.«
    »Und der wäre?«
    »Der Rote ist ein Sturkopf. Hätten wir ihm nicht versprochen, ihn auf unsere Suche mitzunehmen, wäre er uns dennoch gefolgt und hätte uns damit vielleicht in Schwierigkeiten gebracht. Da nehmen wir ihn doch besser gleich mit, als uns immer nach ihm umdrehen zu müssen.«
    Mit leichtem Unbehagen versuchte Uberto, der verschlungenen Logik Ignazios zu folgen. »Ich verstehe«, sagte er schließlich.
    »Lass uns ein wenig rasten. Wir müssen bald schon zu unserer Verabredung aufbrechen.«
    Die Nacht hatte sich über Puente la Reina gelegt wie die dunklen Flügel eines großen Raubvogels. In einer von staubigen Gässchen durchzogenen Ansiedlung vor der Stadt klopften zwei vermummte Männer an die Tür eines alten strohgedeckten Hauses.
    Auf der Schwelle erschien ein rothaariger Mann mit dem Gesicht eines Satyrs. Er erkannte die Besucher, begrüßte sie freundlich und ließ sie ein. Der Größere der beiden schloss die Tür hinter sich und ging dann auf den Rothaarigen zu.
    »Gothus Ruber, endlich lernen wir uns kennen«, sagte er gleichgültig.
    »Ich habe Euch schon mit Ungeduld erwartet.« Der Rote rieb sich die Hände, während er an seine nächste Verabredung dachte. »Ich habe nicht vor, Euch viel Eurer wertvollen Zeit zu stehlen, daher kommen wir doch gleich zum Geschäft …«
    »Dazu besteht keine Eile«, erwiderte der Fremde, der seine Worte bedachtsam auf Latein wählte, um seinen slawischen Akzent zu verbergen. »Wollt Ihr denn nicht wissen, welche diese Ware ist, an der wir so interessiert sind und die sich in Eurem Besitz befindet?«
    »Und ob, mein Herr«, antwortete Gothus Ruber immer noch heiter, obwohl ihn das Verhalten dieses Fremden allmählich beunruhigte. »Es kommt nicht häufig vor, dass mir eine vergleichbare Summe für ein einziges Buch geboten wird, was immer es auch sein mag.«
    »Dann setz dich, Alchimist.« Der Mann kam drohend näher. »Reden wir über dieses Buch …«

45
    Die Glocken der Kirche Santiago el Mayor, die zur Mitternacht läuteten, ließen die Luft mit ihren Schwingungen erzittern. Pünktlich wie zwei Geldeintreiber erreichten Ignazio und Uberto das Haus von Gothus Ruber. Sie klopften an der Eingangstür, aber niemand antwortete.
    Die beiden warteten ein wenig, dann versuchten sie es erneut, doch wieder ohne Erfolg. Schließlich versuchten sie, durch die Fenster zu spähen, aber alle waren verriegelt.
    Ignazio runzelte die Stirn. Doch es war noch zu früh, sich ernsthaft Sorgen zu machen. Vielleicht war der Rote bloß eingeschlafen, nachdem er zu viel getrunken hatte, oder er hatte das Haus für einen nächtlichen Spaziergang verlassen. Trotzdem war es merkwürdig. Sie hatten ausdrücklich ein Treffen vereinbart.
    Geleitet von einem unguten Gefühl, lehnte sich Ignazio gegen die Tür und versuchte, sie aufzudrücken, obwohl sie verriegelt zu sein schien. Zu seiner Überraschung gab sie unter seinem Druck knarrend nach.
    Die beiden Reisegefährten spähten vorsichtig hinein. Im Raum war es stockfinster.
    Ignazio ging als Erster hinein, gefolgt von Uberto, der angestrengt in die Dunkelheit starrte, um nicht zu stolpern.
    »Gothus Ruber?«, rief Ignazio fragend.
    Sie lauschten, doch es kam keine Antwort.
    »Es scheint niemand zu Hause zu sein«, flüsterte Uberto, bereit, beim geringsten Geräusch den Rückzug anzutreten.
    Ignazio hörte die Furcht in seiner Stimme, doch er tadelte ihn deswegen nicht. Vielleicht sollte er ebenfalls Angst haben, sagte er sich, doch die Suche nach dem »Uter Ventorum« machte ihn blind und taub für jeden anderen Eindruck. Er ließ den Blick durchs Zimmer schweifen und nahm einen Lichtschein wahr, der von einer Wendeltreppe kam, die hinunter in den Keller führte.
    Er durchquerte den Raum und blickte nach unten. Die Stufen drehten sich wie die Spiralen eines Schneckenhauses hinab.
    »Möchtest du lieber

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