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Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)

Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)

Titel: Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcello Simoni
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Kerl hatte ein eingebranntes Kreuz mitten auf der Stirn.«
    »Was?«, entschlüpfte Uberto, während seine Finger mit dem großen Zeh des heiligen Cyprian spielten.
    »Ich erinnere mich«, bestätigte Ignazio. »Er sprach eine fremde Sprache, deshalb hatte er einen Dolmetscher dabei, der sie in Lateinisch übersetzte. Er sagte, er gehöre einem christlichen Volk an, von dem keiner von uns je gehört hatte. Jeder von ihnen, so erzählte er uns, bekäme bei der Taufe mit einem glühenden Eisen ein Kreuz auf die Stirn eingebrannt.«
    Uberto war tief beeindruckt.
    »Ich glaube, dieser schwarze Mann, dem wir damals begegnet sind, war Lalibela, der König von Äthiopien. Wenn ich mich recht erinnere, sagte er, er sei auf einer Pilgerfahrt und wolle sämtliche heiligen Stätten der Christenheit besuchen.«
    »Ob es ihm wohl gelungen ist … Doch nun heraus mit der Sprache, alter Fuchs«, sagte der Rote und runzelte die Stirn. »Was machst du hier?«
    »Ich komme gleich zur Sache, mein Freund.« Ignazios Blick wurde so stechend wie die Spitze einer Nadel. »Ich bin auf der Suche nach Viviën de Narbonne und dem ›Uter Ventorum‹, und du hast bestimmt beide gesehen.«

43
    Gothus Ruber riss die Augen auf, als würde ihn der Schlag treffen. Er wirkte wie betäubt, als hätte ihm jemand mit einem Horn in die Ohren geblasen. Doch er erholte sich schnell wieder aus seiner Starre und betrachtete die Leute, die sich vor seinem Tresen drängten. Deren Gebaren schien ihn zu verdrießen, sodass er auf einmal die Hände zum Himmel hob und losbrüllte, als wollte er eine Herde Ziegen in die Flucht treiben:
    »Weg, weg! Geht weg! Ich schließe! Kommt morgen wieder!«
    Mit diesen Worten bedeckte der Rote seine kostbaren Waren mit einem Tuch, und die Neugierigen entfernten sich murrend auf der Suche nach anderen Verkaufsständen.
    Gothus Ruber wartete ab, bis sich die Menge verlaufen hatte, dann warf er Ignazio, der stumm neben Uberto stand, einen vieldeutigen Blick zu. »Ich wusste, dass du dich früher oder später melden würdest. Das hat mir Viviën de Narbonne gesagt. Er hat alles bis in jede Einzelheit geplant«, vertraute er ihm mit leiser Stimme an, als würde er eine göttliche Prophezeiung enthüllen.
    Bei diesen Worten spitzte Uberto die Ohren. Vielleicht würde er endlich den Teil der Wahrheit erfahren, den Ignazio vor ihm verborgen hielt. Und weil er dieses plötzliche Triumphgefühl nicht zurückhalten konnte, rief er aus: »Also stimmte die Deutung des Kryptogramms!«
    Ignazio packte ihn an der Schulter und brachte ihn so zum Verstummen. Bevor er gewisse Einzelheiten enthüllen würde, wollte er herausfinden, was Gothus Ruber wusste.
    Der Rote kannte Viviën de Narbonne, das war ihm bewusst. Schließlich hatte er die beiden miteinander bekannt gemacht, bevor ihm diese üble Sache in Deutschland zugestoßen war. Er konnte sich jedoch nicht vorstellen, welche Art von Beziehung zwischen den beiden in diesen langen Jahren des Schweigens entstanden war, deshalb musste er vorsichtig sein.
    »Wann hast du das letzte Mal mit Viviën gesprochen?«, fragte er.
    »Das ist ungefähr zwei Jahre her«, erwiderte der Rote.
    »Hat er dir einen Teil des Buches übergeben?«
    Gothus Ruber nickte leicht. Dann sah er sich um und flüsterte: »Reden wir lieber woanders weiter. Das ist eine sehr heikle Angelegenheit.«
    Ignazio sah ihn von der Seite an. »Was ist los mit dir? Sonst redest du doch immer gern und viel. Deute mir wenigstens an, worum es geht.«
    »Sprich doch leise, verdammt!« Gothus Ruber verzog sein gerötetes Gesicht. »So etwas posaunt man nicht in alle Welt hinaus.« Er zögerte, doch dann räumte er ein: »Das Buch spricht über die Leiter.«
    »Die Leiter«, wiederholte Uberto, der sich nicht zurückhalten konnte.
    »Ja, mein Junge, die Leiter.« Der Rote seufzte, als wäre eine ungeheure Last von ihm abgefallen. Er sah Uberto breit lächelnd an. »Die Leiter, um zum Himmel aufzusteigen, jedenfalls geistig, meine ich.«
    »Worum geht es? Um Initiationsriten oder um verlorene Bücher?«, fragte Ignazio, und Gothus wandte sich wieder ihm zu. »Es gibt unzählige Legenden über Leitern, die die Erde mit dem Himmel verbinden. Du weißt genau, dass ich sie alle kenne, also versuch nicht, mich zu täuschen«, warnte er ihn.
    »Ich spreche von der Leiter mit den sieben Stufen«, erklärte Gothus Ruber. »Sieben Stufen, begreifst du? Genau wie im Mithraskult und in den Himmelshügeln von Babylon.«
    »Ich verstehe dich genau. Du

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