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Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)

Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)

Titel: Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcello Simoni
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wiederzubeschaffen. Ihr seid jedoch nicht die Einzigen, die nach ihm suchen, da sind noch die Abgesandten von Dominus … und sie wissen genau, wo die einzelnen Teile versteckt sind.«
    »Wenn es stimmt, was Ihr sagt, habt Ihr großen Mut bewiesen«, sagte Ignazio. »Es gehört schon viel dazu, der Heiligen Vehme den Rücken zu kehren.«
    »Entschuldigt, wenn ich mich einmische«, sagte Uberto plötzlich, der bisher nur schweigend und gebannt die Unterhaltung verfolgt hatte. »Aber wo befindet sich Viviën de Narbonne im Augenblick?«
    Ignazio erstarrte. Das Gespräch hatte ihn so gefesselt, dass er die offenkundigste Frage nicht gestellt hatte.
    »Er erwartet Euch am vierten Zielort des Weges«, erwiderte Dodiko. »Wir müssen so schnell wie möglich zu ihm.«
    Offenkundig wollte der Graf sich ihrer Reise anschließen. Ignazio war davon nicht begeistert, doch andererseits würden sie sich so wenn nötig besser gegen Feinde verteidigen können.
    »Für den Moment sind die Erleuchteten aus dem Weg. Diese Nacht werden sie nicht mehr angreifen«, erklärte er nach kurzem Zögern. »Ziehen wir uns in unsere Zimmer zurück. Morgen bei Tagesanbruch brechen wir auf. Ich denke, Graf, Ihr werdet uns dann zu finden wissen …«
    »Ich weiß, wo Ihr wohnt. Seid dennoch wachsam diese Nacht«, empfahl der Graf.
    »Das werden wir.«
    Dodiko verabschiedete sich und ging.

64
    Als Slawnik die Augen öffnete, herrschte Dunkelheit um ihn herum. Er lag auf einem Steinboden, an einem kalten und feuchten Ort. Stöhnend massierte er sich den Nacken und stand auf. Wo war er hier? Als er die Wände in seiner Umgebung abtastete, begriff er, dass er sich in einer Zelle befand.
    Er versuchte, sich an das Letzte, was passiert war, zu erinnern. Er hatte gerade zum tödlichen Schlag gegen den Franzosen angesetzt, doch dann hatte ihn jemand von hinten überrascht und niedergeschlagen. Darauf musste er wohl ohnmächtig geworden sein. Dann erinnerte er sich an das Gefühl, dass ihn jemand vom Boden aufgehoben und in ein Gebäude geschafft hatte. Er hatte zahlreiche Stimmen gehört, jemand hatte etwas von einem Kloster gesagt. Man hatte ihn über viele, unzählig viele Stufen geschleppt, er hatte Mönche beten gehört. An mehr konnte er sich nicht erinnern, doch das genügte ihm, um zu begreifen, dass er sich im Gewahrsam der Mönche und somit in den Geheimverliesen des Klosters von San Fagun befand. Es musste noch Nacht sein, sonst hätten ihn die Wachen des Landvogts bereits abgeholt und ihn der städtischen Obrigkeit überantwortet, damit sie über ihn richtete.
    Er kauerte sich auf dem notdürftig mit Stroh bedeckten Boden zusammen und rieb sich die Lider. Der Raum war so dunkel, dass er nicht die Hand vor Augen erkennen konnte.
    Im Schutz der Stille suchte er Zuflucht in fernen Erinnerungen. Er sah sich selbst, jung und stolz, überschäumend vor Selbstbewusstsein, wie er in einem hell erleuchteten Saal kniete. Zeigefinger und der mittlere Finger seiner rechten Hand lagen auf der Klinge eines Schwertes. Das Schwert gehörte Dominus, seinem Herrn. An jenem Tag war er der Bruderschaft der Heiligen Vehme beigetreten und zum Freirichter ernannt worden. »Ich schwöre, dem Geheimtribunal treu zu dienen«, hatte er den Eid gesprochen, »es vor mir selbst zu schützen, vor dem Wasser, vor der Sonne, den Sternen, den Blättern auf den Bäumen, vor allen lebenden Wesen und vor allem, was Gott zwischen Himmel und Erde geschaffen hat, vor Vater, Mutter, Brüdern, Schwestern, Frauen, Kindern und allen Männern, außer vor dem Herrn dieses Reichs …«
    Das hatte er geschworen, in der Überzeugung, genauso edel und gerecht zu werden wie die Paladine Karls des Großen. Doch was hatte ihm sein Amt gebracht? Feige Morde, heimtückische Anschläge mit Gift, Folter und Lügen!
    War das die Ehre, die man ihm versprochen hatte? War das der Preis, den er für den Ruhm seines Herrn bezahlen musste? Wie würde er sich je von der Schande reinwaschen, die auf ihn und seine Familie gefallen war?
    Verbittert kauerte er sich in einem Winkel der Zelle zusammen wie ein Einsiedler im Gebet und flüsterte die letzten Worte des Schwurs: »Auf dass Gott und seine Heiligen mir helfen.«
    Das metallische Scharren des Riegels unterbrach die Stille.
    Slawnik schaute in die Richtung, aus der das Geräusch kam, ohne etwas zu erkennen, bis er von einer Fackel geblendet wurde. Das Licht schmerzte in seinen Augen, doch dann gewöhnten sie sich an die Helligkeit. Und der Böhme erkannte

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