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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Gattungen verlangte und nichts
alt genug, eigenartig genug fand, wobei er von Flaschen, das Glas
zu zwei Louisdors, träumte.
    Da man im Sommer war, in einer Zeit, wo an allem Überfluß herrscht, hatte er seine liebe Not, die
Rechnung in die Höhe zu treiben. Die Speisenfolge – schon tags
vorher festgestellt – war trotzdem sehr bemerkenswert: eine
Spargelsuppe, dann kleine Pasteten à la Pompadour; zwei Aufläufe,
eine Forelle nach Genfer Art und ein Rinderfilet; zwei Eingänge,
Fettammern à la Lucullus und ein Krebssalat; schließlich als Braten
ein Rehziemer, und als Gemüse Artischocken, denen ein
Schokoladenguß und eine Fruchtspeise folgte.
    Das war einfach und groß, gewürzt übrigens durch eine wahrhaft
königliche Auswahl von Weinen: alter Madeira zur Suppe,
Château-Filhot vom Jahre 1858 zum Beigericht, Johannisberger und
Pichon-Longueville zum Auflauf, Château-Lafite vom Jahre 1848 zu
den Eingängen, Sparling-Mosel zum Braten, in Eis gekühlter Roederer
zum Nachtisch. Es war ihm leid um eine Flasche Johannisberger, 105
Jahre alt, die man drei Tage vorher an einen Türken für zehn
Louisdors verkauft hatte.
    Trinken Sie doch, mein Herr, wiederholte er unaufhörlich zu
Duverdy; wenn die Weine gut sind, berauschen sie nicht … Es
ist wie mit der Nahrung: sie schlägt niemals schlecht an, wenn sie
fein ist.
    Er selbst war indes auf seiner Hut. Er hatte als Mann von Welt
eine Rose ins Knopfloch gesteckt, war frisiert Und rasiert und
hielt an sich, das Tafelgeschirr zu zerbrechen, wie es sonst seine
Gewohnheit war.
    Trublot und Gueulin aßen von allem. Die Ansicht des Onkels
schien richtig zu sein, denn selbst Duverdy, der am Magen litt,
trank beträchtlich und kehrte zum Krebssalat zurück, ohne daß ihm
übel wurde; nur die roten Flecke seines Gesichts färbten sich mit
violettem Blute.
    Um neun Uhr dauerte das Essen noch an. Die Kandelaber, deren
Flammen durch ein offenes Fenster noch angefachtwurden, ließen das Silber- und Glasgeschirr
erglänzen, und inmitten dieser Unordnung des Gedecks welkten vier
Körbe mit vorzüglichen Blumen dahin.
    Außer den beiden Haushofmeistern stand hinter jedem Gast ein
Diener, nur beauftragt, auf Brot, Wein und Tellerwechsel zu
achten.
    Es war heiß ungeachtet der frischen Luft des Boulevard. Eine
gewisse Üppigkeit stieg auf aus diesen dampfenden Gewürzen der
Schüsseln und in dem zarten Dufte der wundervollen Weine.
    Als man den Kaffee mit Likören und Zigarren brachte und alle
Kellner sich zurückgezogen hatten, warf sich Onkel Bachelard mit
einemmal in seinen Sessel zurück und stieß einen Seufzer der
Befriedigung aus.
    Ach! erklärte er, man fühlt sich so wohl.
    Trublot und Gueulin lehnten sich gleichfalls mit ausgestreckten
Armen zurück.
    Voll! sagte der eine.
    Bis zu den Augen! setzte der andere hinzu.
    Duverdy, der den Rauch von sich blies, schüttelte den Kopf und
murmelte:
    Oh! die Krebse!
    Alle vier sahen einander kichernd an. Sie hatten die schlaffe
Haut, die langsame und selbstsüchtige Verdauung von vier
Spießbürgern, die abseits von den Langweiligkeiten ihrer
Häuslichkeit sich einen guten Tag gemacht hatten. Das kostete sehr
viel, darum war sonst niemand eingeladen, kein Mädchen war da, um
ihre zärtliche Stimmung zu mißbrauchen; und sie knöpften sich die
Röcke und Westen auf und setzten ihre Bäuche auf den Tisch.
    Die Augen zur Hälfte geschlossen, vermieden sie anfangs zu
sprechen; jeder war mit seinem eigenen Wohlbehagen beschäftigt. Sie
fühlten sich frei und beglückwünschten sich, daß keine Frauen zugegen seien; sie stützten
die Ellbogen auf das Tischtuch, näherten ihre glühenden Gesichter
einander und sprachen nur von den Frauen, unaufhörlich.
    Ich bin darüber im klaren, sagte Onkel Bachelard; die Tugend ist
noch das Beste von allem, was existiert.
    Duverdy stimmte mit einem Nicken des Kopfes bei.
    Darum habe ich allen Ausschweifungen abgeschworen … Ich
habe mich herumgetrieben, ich gestehe es. Ich kenne sie alle in der
Godelot-Straße: blonde, brünette, rote Geschöpfe, die manchmal,
nicht gerade oft, wundervolle Körper haben … Dann gibt es
schmutzige Winkel, wißt ihr: die Mietshäuser in Montmartre, die
Enden der dunklen Gäßchen in meinem Stadtviertel, wo man
scheußlichen Dirnen begegnet, aber mit ganz prachtvollen
Leibern.
    Oh! die Dirnen! unterbrach Trublot mit seiner hoheitsvollen
Miene, welch ein Schwindel! Ich lasse mich nicht rupfen! … Man
hat niemals etwas Rechtes für sein Geld!
    Diese gewagte

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