Der häusliche Herd
»Alles
was Sie wollen, nur das nicht«.
Octave erbebte. Wie, auch Trublot? Dieser machte eine Gebärde
der Verachtung. Nein, er nicht, nur einer seiner Kameraden; überdies alle jene, die sich mit
einem solchen mangelhaften Zeitvertreib begnügen.
Entschuldigen Sie, fügte er dann hinzu; jetzt ist der Alte zur
Ruhe gebracht, und ich will Herrn Duverdy über den mir erteilten
Auftrag Bericht erstatten.
Die Familie trat still und schmerzerfüllt den Heimweg an. Da
hielt Trublot den Rat zurück, um ihm mitzuteilen, daß er die Zofe
Clarissens gesprochen habe; doch könne er ihm die Adresse nicht
sagen, weil das Mädchen Clarisse verlassen hatte, einen Tag, bevor
diese durchgegangen war, nicht ohne ihre Herrin vorher
durchzuprügeln. Die letzte Hoffnung war vereitelt. Duverdy verbarg
sein Antlitz in seinem Taschentuche und holte die Familie ein.
Am Abend begannen die Streitigkeiten. Die Familie befand sich
vor einer Katastrophe. In jener Sorglosigkeit, die man an den
Notaren nicht selten wahrnimmt, hatte Herr Vabre es unterlassen,
ein Testament zu machen. Vergebens durchsuchte man alle
Möbelstücke; und das Schlimmste war, daß sich keine Spur von den
6–700 000 Franken vorfand, auf die man gerechnet hatte: weder
Bargeld, noch Rentenbriefe, noch Aktien; ein Betrag von 734 Franken
in Zehnsousstücken, die in einem Versteck lagen, war alles, was
sich vorfand. Dagegen entdeckte man ziffernbedeckte Notizenhefte
und Briefe von Wechselagenten, die den vor Wut bleichen Erben ein
geheimes Laster des Alten verrieten: eine wahnsinnige Leidenschaft
des Börsenspiels, die er unter der unschuldigen Spielerei seiner
statistischen Arbeiten verbarg. Alles war drauf gegangen: seine
Versailler Ersparnisse, die Mietzinsgelder; ja in den letzten
Jahren hatte er sogar 150 000 Franken auf das Haus
aufgenommen.
Die Familie stand versteinert vor dem bekannten Schrank, in dem
man seine Schätze verschlossen glaubte, wo sich aber nichts weiter
vorfand als allerlei wertloser Kram: alte Eisenstücke, verschossene Bänder, Bruchstücke vom
Spielzeug des kleinen Gustav und dergleichen mehr.
Da brachen wütende Anklagen los. Man schimpfte den Alten einen
Betrüger. Es sei unwürdig, das Geld heimlich zu vergeuden, eine
infame Komödie zu spielen, um sich hätscheln zu lassen. Die Duverdy
schienen untröstlich, daß sie ihn zwölf Jahre gepflegt hatten, ohne
auch nur ein einziges Mal die Mitgift Clotildens zu fordern, jene
80 000 Franken, auf die nur eine Abschlagszahlung von
10 000 Franken geleistet war. »Das sind doch wenigstens
10 000 Franken!« warf Theophil wütend ein, der keinen Sou von
jenen 50 000 Franken erhalten hatte, die ihm bei seiner
Verehelichung versprochen waren. Doch August beklagte sich noch
bitterer; er warf seinem Bruder vor, daß dieser wenigstens die
dreimonatlichen Zinsen der Gelder eingesackt habe, während er
niemals einen Kreuzer von jenen 50 000 Franken sehen werde,
die ihm in seinem Ehevertrage zugesichert wurden. Berta, durch ihre
Mutter heraufgesandt, ließ beleidigende Worte hören und tat sehr
entrüstet darüber, in eine so unredliche Familie geraten zu sein.
Valerie hingegen bedauerte das Geld, das sie dem Alten als Mietzins
bezahlt hatte aus Furcht enterbt zu werden; sie betrachtete dieses
Geld wie hinausgeworfen, nur dazu dienend, das Laster zu
unterstützen.
Diese Geschichten hielten vierzehn Tage hindurch das ganze Haus
in Atem. Schließlich blieb nichts übrig als das Haus, das auf
300 000 Franken geschätzt wurde. Nach Bezahlung der darauf
lastenden Hypothek werde ungefähr die Hälfte dieses Betrages
übrigbleiben, aufzuteilen unter die drei Kinder des Herrn Vabre. Es
würden demnach 50 000 Franken auf jedes Kind entfallen, – ein
magerer Trost, mit dem man sich begnügen mußte.
August und Theophil verfügten bereits über
ihren Teil. Sie einigten sich dahin, das Haus zu verkaufen. Duverdy
übernahm im Namen seiner Gattin die Angelegenheit. Vor allem
überredete er die beiden Brüder, daß die Versteigerung nicht vor
dem Gerichte, sondern vor dem Notar Renaudin stattfinden solle, für
dessen Ehrenhaftigkeit er sich verbürge.
Später überredete er sie – wie er sagte: auf den Rat des Notars
selbst –, daß man den Ausrufungspreis niedrig bemessen solle, mit
140 000 Franken; dann würden die Kauflustigen herbeiströmen,
würden bei der Versteigerung einander zu überbieten suchen, und man
werde einen Preis erzielen, der alle Erwartungen übertreffe.
August und Theophil lächelten
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