Der häusliche Herd
vertrauensvoll. Bei der
Versteigerung ereignete es sich indes, daß nach einigen kleinen
Angeboten der Notar plötzlich das Haus dem Herrn Duverdy um den
Preis von 149 000 Franken zuschlug. Das genügte kaum, die
Hypothek zu bezahlen. Es war der letzte Schlag.
Man hat niemals die Einzelheiten der fürchterlichen Szene
erfahren, die am Abende dieses Tages bei den Duverdy stattfand. Die
feierlichen Mauern des Hauses erstickten ihr Getöse. Theophil
schien seinen Schwager als Schurken angesprochen zu haben. Er
beschuldigte ihn öffentlich, daß er den Notar durch das
Versprechen, ihn zum Friedensrichter ernennen zu lassen, bestochen
habe. August sprach ganz einfach davon, den Notar Renaudin, dessen
Betrügereien im ganzen Stadtviertel bekannt seien, vors Gericht zu
zerren.
Allein wenn man niemals erfahren konnte, wie die Familie so weit
kam, daß man sich gegenseitig Ohrfeigen anbot, wie allgemein
erzählt wurde, so hat man doch die letzten Worte gehört, die auf
der Schwelle ausgetauscht wurden, Worte,
die in der spießbürgerlichen Strenge des Treppenhauses sehr
bösartig klangen.
Schmutzige Kanaille! schrie August. Du sendest Leute auf die
Galeeren, die weit weniger verbrochen haben als du!
Theophil, der zuletzt wegging, hielt die Türe zurück und schrie,
vor Zorn und Husten erstickend, nur die Worte hinein:
Dieb! Dieb! … Ja, Dieb! … Und du Diebin! …
Dann warf er die Türe mit voller Gewalt zu, daß alle Türen des
Treppenhauses erschüttert wurden. Herr Gourd, der auf der Lauer
stand, war in höchster Aufregung. Sein Blick forschte durch die
Stockwerke, doch sah er nur das feingeschnittene Gesicht der Frau
Juzeur. Mit gekrümmtem Rücken schlich er in seine Loge zurück, wo
er sofort seine würdige Miene wieder annahm. Er war entzückt von
der Wendung der Dinge und gab dem neuen Hausbesitzer recht.
Einige Tage später fand eine Aussöhnung zwischen August und
seiner Schwester statt. Das ganze Haus war überrascht. Man hatte
Octave sich zu den Duverdy begeben sehen. Der Rat war beunruhigt;
um wenigstens einem der Erben das Maul zu stopfen, entschloß er
sich, seinem Schwager August fünf Jahre hindurch die Miete zu
erlassen. Als Theophil dies erfuhr, ging er zu seinem Bruder hinab,
um dort von neuem eine Szene zu machen. Also auch er verkaufe sich,
auch er halte es mit den Räubern! Allein Frau Josserand war im
Kaufladen anwesend und riet Valerie, sich nur nicht schlimmer zu
verkaufen, als ihre Tochter sich verkauft habe.
Valerie mußte den Rückzug antreten, dabei schrie sie:
Also wir allein sollen leer ausgehen! … Mich soll der
Teufel holen, wenn ich den Mietzins bezahle! Ich habe einen Vertrag
und will sehen, ob dieser Galeerensträfling es wagen wird, uns aus dem Hause jagen zu lassen. Und
was dich betrifft, kleine Berta, werden wir ja eines Tages sehen,
was man es sich kosten lassen muß, um dich zu haben.
Die Türen schmetterten abermals. Eine tödliche Feindschaft
entstand zwischen den beiden Ehepaaren. Octave, der nützliche
Dienste erwiesen hatte, blieb anwesend und ward so in die intimen
Angelegenheiten der Familie eingeweiht. Berta sank halb ohnmächtig
in seine Arme, während August sich versicherte, daß die Kunden
nichts gehört hatten.
Selbst Frau Josserand schenkte dem jungen Manne ihr Vertrauen,
dagegen blieb sie streng gegen die Duverdy.
Der Mietzins ist immerhin etwas, sagte sie. Aber ich will die
50 000 Franken haben.
Ja freilich, wenn du die deinen bezahlst, wagte Berta zu
bemerken.
Die Mutter schien es nicht zu verstehen.
Ich will die 50 000 Franken haben, hörst du? Er soll sich
nicht gar so sehr freuen, der alte Bösewicht unter der Erde. Eine
solche Kanaille! Geld zu versprechen, wenn man keines hat! Man soll
dir das Geld zahlen, meine Tochter, und wenn ich ihn unter der Erde
hervorscharren müßte, um ihm in die Fratze zu speien!
Kapitel 12
Als eines Morgens Berta sich eben bei ihrer Mutter befand, kam
Adele, um mit verstörter Miene zu melden, daß der junge Herr
Saturnin mit einem fremden Herrn da sei. Der Direktor des Asyls Von
Ville-Evrard hatte die Eltern wiederholt verständigt, daß er ihren
Sohn nicht in der Anstalt behalten könne,
weil die Ärzte keinen völligen Wahnsinn bei ihm feststellten. Als
er später von der Unterschrift Kenntnis erhielt, die Berta ihrem
unglücklichen Bruder entlockt hatte, um die 3000 Franken zu
erhaschen, die ihm gehörten, sandte er den Burschen seiner Familie
zurück.
Allgemeines Entsetzen. Frau Josserand, die
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