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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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niemals vor acht Uhr zehn Minuten herabkomme. In diesem
Augenblicke ging die andere Frau Campardon bleich und streng an der
Loge vorüber. Alle grüßten sie. Endlich mußte Frau Juzeur doch
hinaufgehen, und da war sie so glücklich, Herrn Campardon auf der
Stiege zu treffen, der eben seine Handschuhe anzog, um auszugehen.
Zuerst blickten sie einander sehr betrübt an; als Campardon die Achseln zuckte, flüsterte sie
mitleidsvoll:
    Die armen Leute!
    Nein, nein! Es geschieht ihnen ganz recht! sagte der Architekt
grausam. Es muß ein Exempel statuiert werden … Ein Bursche,
den ich in ein ehrbares Haus einführe und bitte, daß er kein Weib
heimbringe, und der, um mich zum besten zu halten, mit der
Schwägerin des Hauseigentümers schläft! … Ich stehe ja wie ein
Gimpel da in dieser Sache!
    Das war alles. Frau Juzeur ging in ihre Wohnung. Campardon stieg
die Treppe hinab so wütend, daß er einen seiner Handschuhe
zerriß.
    Um acht Uhr ging mit verstörter Miene, von einer abscheulichen
Migräne geplagt, August über den Hof, um sich in den Laden zu
begeben. Von Scham erfüllt, aus Furcht, jemandem zu begegnen, war
er über die Dienstbotentreppe hinabgegangen. Seine Geschäfte durfte
er schließlich doch nicht im Stiche lassen. Zwischen den Pulten vor
der Kasse, wo sonst Berta saß, harrte seiner eine neue Aufregung.
Der Ladenbursche öffnete eben die Fensterflügel und empfing
verschiedene Aufträge für den Tag von seinem Herrn, als das
plötzliche Erscheinen Saturnins, der aus dem Kellermagazin kam, ihn
in Schrecken versetzte. Flammen schossen aus den Augen des
Verrückten; seine weißen Wolfszähne waren zusammengepreßt. Mit
geballten Fäusten ging er auf den Gatten los.
    Wo ist sie? … Wenn du sie berührst, schlachte ich dich ab
wie ein Schwein.
    August wich entsetzt zurück.
    Jetzt kommt gar der! stammelte er.
    Schweig! oder ich steche dich nieder! wiederholte Saturnin zum
Sprung breit.
    Da zog August es vor, ihm den Platz zu räumen. Er
hatte die größte Angst vor dem Verrückten;
mit diesen Leuten könne man nicht vernünftig reden. Doch als er
unter die Torwölbung hinaustrat und dem Ladenburschen zurief, er
möge den Verrückten im Kellermagazin einsperren, stand er Valerie
und Theophil gegenüber. Letzterer war sehr verschnupft, in ein
großes, rotes Tuch eingewickelt, und hustete und fröstelte. Beide
schienen zu wissen, denn sie blieben mit mitleidsvollen Mienen vor
August stehen. Seit dem Erbschaftsstreite hatten die beiden
Ehepaare, tödlich entzweit, miteinander nicht mehr gesprochen.
    Du hast noch einen Bruder, sagte Theophil, als er zu husten
aufgehört; erinnere dich dessen, wenn du im Unglück bist.
    Ja, fügte Valerie hinzu; ich sollte mich jetzt gerächt fühlen,
denn sie hat mir saubere Dinge gesagt; aber wir beklagen Sie
dennoch, denn 
wir
 haben ein Herz im Leibe.
    August, sehr gerührt durch diese Freundlichkeit, führte sie in
den Hintergrund des Ladens, wobei er unruhigen Auges den
umherschleichenden Saturnin beobachtete. Hier kam dann eine
vollständige Aussöhnung zustande. Bertas Name ward nicht genannt,
doch gab Valerie zu verstehen, daß die ganze Zwietracht von dieser
Frau herstamme; denn es habe nie den geringsten Wortwechsel in der
Familie gegeben, bevor sie in dieselbe eintrat, um sie zu entehren.
August hörte mit gesenkten Blicken diese Reden an und nickte
zustimmend. In dem Mitleide Theophils aber lag eine gewisse
Schadenfreude; er war erfreut, nicht mehr allein zu sein, und
schaute seinen Bruder an, um zu sehen, was für ein Gesicht er
mache.
    Wozu hast du dich entschlossen? fragte er ihn.
    Mich zu schlagen, erwiderte der Gatte in festem Tone.
    Das verdarb dem Theophil die Freude. Angesichts des Mutes, den
August an den Tag legte, wurden er und seine Frau wieder kälter. Er erzählte ihnen die
abscheuliche Nachtszene; wie er, nachdem er aus Sparsamkeit den
Fehler begangen, keine Pistole zu kaufen, sich damit begnügen
mußte, den andern zu ohrfeigen; wohl habe ihm der Herr die Ohrfeige
zurückgegeben; das hindere aber nicht, daß auch er eine erhalten
habe, und zwar eine ausgiebige. So ein Elender, der ihn sechs
Monate lang zum besten gehalten, indem er ihm scheinbar gegen seine
Frau recht gab und der dieses Spiel so weit getrieben, daß er ihm
sogar Berichte über seine Frau brachte, wenn diese irgendwie aus
der Ordnung heraustrat. Möge die Kreatur nur bei ihren Eltern
bleiben, da sie sich dorthin geflüchtet habe; er werde sie niemals
zurücknehmen.
    Werdet ihr

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