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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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glauben, daß ich ihr im verflossenen Monat 300
Franken für ihre Toilette gegeben habe! rief er. Ich, der ich so
gut und nachsichtig war, entschlossen, alles eher hinzunehmen, als
mich krank zu machen. Aber das kann man sich nicht bieten lassen!
Nein, nein; das nicht! …
    Theophil dachte an den Tod. Ein Fieberschauer schüttelte ihn
und, schier erstickend, flüsterte er:
    Es ist doch dumm; du wirst dich aufspießen lassen. Ich würde
mich nicht schlagen.
    Da Valerie ihn anblickte, fügte er verlegen hinzu:
    Wenn das mir passierte.
    Die Unglückliche! meinte Valerie, wenn man bedenkt, daß zwei
Männer sich anschicken, sieh ihretwegen die Hälse zu brechen. Ich
an ihrer Stelle könnte nicht mehr ruhig schlafen.
    August blieb unerschütterlich. Er werde sich schlagen, erklärte
er. Übrigens hatte er seine Pläne bereits gemacht. Da er unter
allen Umständen Duverdy zum Zeugen haben wollte, schickte er sich
an, zu ihm hinaufzugehen, um ihn zu unterrichten und sogleich zu
Octave zu schicken. Theophil – sagte er
sich – solle der zweite Zeuge sein, wenn er einverstanden sei.
Dieser mußte einwilligen; aber sein Schnupfen schien sich plötzlich
zu verschlimmern; sein Gesichtsausdruck wurde weinerlich wie der
eines kranken Kindes, das bedauert werden will. Ungeachtet dessen
schlug er seinem Bruder vor, ihn zu Duverdy zu begleiten; seien
jene Leute auch Diebe, so müsse man unter gewissen Umständen auch
das vergessen; auch war der Wunsch nach einer allgemeinen
Versöhnung in ihm sowohl wie in seiner Frau wach geworden; sie
waren eben zur Einsicht gelangt, daß es in ihrem Interesse sei,
nicht weiter zu schmollen. Valerie bot schließlich August an, sich
an die Kasse zu setzen, um ihm Zeit zu lassen, eine passende
Kassiererin zu finden.
    Indes, fügte sie hinzu, muß ich Camille gegen zwei Uhr in den
Tuileriengarten führen.
    Ach, einmal ist keinmal! sagte ihr Mann. Es regnet ja
ohnehin.
    Nein, nein, das Kind muß an die frische Luft. Darum muß ich
ausgehen.
    Schließlich gingen die beiden Brüder zu Duverdy hinauf. Aber
schon bei dem ersten Schritt packte Theophil ein schrecklicher
Hustenanfall. Er hielt sich an dem Treppengeländer fest, und als er
wieder sprechen konnte, die Kehle noch immer von Hustenreiz
geplagt, sagte er mühselig:
    Weißt du: ich bin sehr glücklich jetzt, bin ihrer ganz sicher.
Sie hat sich nichts mehr vorzuwerfen und mir auch Beweise
geliefert.
    Ohne diese Reden zu verstehen, blickte ihn August an; er war so
gelb, so totenfahl mit seinen dünnen Barthaaren, die in seinem
weichen Fleische trockneten. Dieser Blick begann schließlich
Theophil lästig zu werden, den die Tapferkeit seines Bruders
ohnehin verlegen machte.
    Ich spreche von meiner Frau – begann er
wieder … Ach, mein armer Alter, ich beklage dich von ganzem
Herzen. Du erinnerst dich doch meiner Dummheit an deinem
Hochzeitstage. Bei dir freilich, da ist's etwas anderes, du hast
sie gesehen …
    Bah! sprach August, um den Tapfern zu spielen. Ich will ihm eine
Pfote zerschlagen. Bei meiner Ehre, ich würde mich um alles übrige
nicht scheren, wenn ich nur nicht Kopfschmerzen hätte.
    In dem Augenblick, als sie bei Duverdy an der Glocke ziehen
wollten, fiel es Theophil plötzlich ein, daß der Rat vielleicht
nicht zu Hause sei; denn seit dem Tage, da er Clarisse
wiedergefunden, vernachlässige er sich vollständig und es komme
vor, daß er öfter auswärts schlafe.
    Hyppolite, der ihnen die Türe öffnete, vermied in der Tat, ihnen
bezüglich seines Herrn zu antworten; er sagte bloß, die Herren
würden gnädige Frau bei der Klavierübung finden. Sie traten ein.
Clotilde saß an ihrem Flügel und ließ ihre Finger über die
Tastenreihe des Klaviers mit einer regelmäßigen und
ununterbrochenen Bewegung der Hände auf und nieder gleiten; da sie
dieser Übung täglich zwei Stunden widmete, um die Leichtigkeit
ihres Spiels zu erhalten, beschäftigte sie ihren Geist während
dieser Übung anderwärts; so las sie jetzt die »Revue des
Deux-Mondes«, die auf dem Pult vor ihr aufgeschlagen war, ohne daß
die Bewegung ihrer Finger dadurch eine Verlangsamung erfuhr.
    Schau, schau, ihr seid es! sprach sie, als sie durch ihre Brüder
dem Platzregen von Noten entzogen wurde.
    Sie zeigte sich nicht einmal über Theophils Anwesenheit
überrascht. Übrigens blieb dieser sehr steif wie einer, der wegen
eines anderen gekommen war. August hatte eine Geschichte fertig, da
er sieh schämte, seine Schwester in sein Unglück einzuweihen,

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