Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
Vom Netzwerk:
bei uns wohnen… Anders nicht. Lieber
will ich ihn ganz verlieren.
    Sie ging. Frau Josserand war wieder liebenswürdig geworden. Im
Vorzimmer fand sie noch allerlei Trostworte für sie und versprach
ihr, daß sie ihren Sohn noch am nämlichen Abend unterwürfig und
zärtlich zu ihr senden werde; sie versicherte, daß er sich
glücklich schätzen werde, bei seiner Schwiegermama zu wohnen.
    Als sie die Türe hinter ihr schloß, murmelte sie:
    Armer Junge! Wie teuer wird sie ihm das verkaufen!
    In diesem Augenblicke hörte auch sie den dumpfen Fall, der den
Fußboden erzittern ließ. Was ist denn? Zerschlägt etwa die Magd das
ganze Küchengeschirr? Sie stürzte in das Speisezimmer und fragte
die Kinder:
    Was gibt's denn? Ist etwa die Zuckerdose zu Boden gefallen?
    Nein, Mama. Wir wissen nicht.
    Sie wandte sich um und suchte Adele; da bemerkte sie diese an
der Türe des Schlafzimmers lauschen.
    Was machen Sie da? schrie sie. In Ihrer Küche wird alles in
Scherben geschlagen, und Sie stehen hier, um den Herrn zu
belauschen! Ja, ja! Mit Pflaumen fängt man an, und mit anderen Dingen hört man auf. Seit einiger
Zeit haben Sie ein Betragen, das mir mißfällt: Sie riechen nach dem
Mann.
    Die Magd sah sie mit großen Augen an und unterbrach sie:
    Davon ist jetzt nicht die Rede. Ich glaube, der Herr ist da
drinnen auf den Boden gefallen.
    Mein Gott! sie hat recht, rief Berta erbleichend; es war in der
Tat wie der Fall eines Körpers.
    Sie drangen in das Zimmer ein. Herr Josserand lag ohnmächtig vor
dem Bett am Boden; im Falle hatte er mit dem Kopfe auf einen Sessel
aufgeschlagen, ein dünner Blutstreif ergoß sich aus dem rechten
Ohre. Die Mutter, die beiden Töchter und die Magd umringten und
betrachteten ihn. Nur Berta weinte, von dem Schluchzen
wiedererfaßt, das infolge der Ohrfeige sie geschüttelt hatte. Als
die vier Frauen ihn anfaßten, um ihn zu Bett zu bringen, hörten sie
ihn flüstern:
    Es ist aus… Ihr habt mich getötet.

Kapitel 17
     
    Monate waren seitdem verflossen, der Frühling war wieder da. In
der Choiseul-Straße sprach man von der bevorstehenden Heirat
Octaves mit Frau Hédouin.
    Die Dinge schritten übrigens nicht so rasch vorwärts. Octave
hatte im Geschäft zum »Paradies der Damen« seine frühere Stellung
wieder eingenommen, die mit jedem Tage an Ausdehnung und Bedeutung
gewann. Frau Hédouin konnte seit dem Ableben ihres Gatten dem immer
steigenden Verkehr ihres Geschäftes nicht mehr genügen; ihr
Oheim, der alte Deleuze, war durch seinen
Rheumatismus an den Sessel gefesselt und konnte sich um nichts
kümmern. Unter solchen Umständen war es natürlich, daß der junge
Mann, der sehr rührig und von einem rastlosen Streben nach
ausgedehntem Handel beseelt war, sich bald eine entscheidende
Stellung in dem Hause zu erringen wußte. Überdies hatte er unter
den Nachwirkungen der unangenehmen Erfahrungen, die er mit seiner
Liebschaft mit Berta gemacht, auf «den Traum verzichtet, durch die
Frauen seinen Weg zu machen.
    Er fürchtete sie jetzt vielmehr. Es schien ihm das Beste, in
aller Ruhe der Teilhaber der Frau Hédouin zu werden, dann könne die
Jagd nach den Millionen beginnen. Auch erinnerte er sich seines
lächerlichen Mißerfolges bei ihr und behandelte sie wie einen Mann,
wie sie behandelt zu werden wünschte.
    Von da ab wurden ihre Beziehungen sehr vertraulich. Stundenlang
saßen sie in dem Kabinett im Hintergrunde des Ladens
eingeschlossen. Ehemals, als er sie verführen wollte, befolgte er
bei solchen Gelegenheiten einen genauen Plan, trieb Mißbrauch mit
seinen kaufmännischen Vertraulichkeiten, zählte ihr blendende
Ziffern auf, suchte durch reichliche Einnahmen ihre Neigung zu
gewinnen. Er blieb jetzt ein gemütlicher Mann, ohne Berechnung,
ganz seinen Geschäften gewidmet. Er trug auch kein Verlangen mehr
nach ihr, obgleich er sich des Fröstelns noch erinnerte, in dem ihr
Körper erbebte, als sie an Bertas Hochzeitsabend an seine Brust
gelehnt walzte. Vielleicht hatte sie ihn geliebt. In jedem Falle
war es besser, so zu bleiben, wie sie waren; denn sie hatte Recht,
wenn sie sagte, daß das Haus strenge Ordnung erheische und es
unklug sei, sich in Dinge einzulassen, die sie den ganzen Tag nur
stören würden.
    Stundenlang vergaßen sie sich oft vor dem schmalen Schreibpulte,
wenn sie die Bücher durchgesehen und die Bestellungen vereinbart hatten. Er kam immer wieder auf seine
Erweiterungspläne zurück. Er hatte den Eigentümer des Nachbarhauses
ausgefragt und diesen zum Verkauf

Weitere Kostenlose Bücher