Der häusliche Herd
bereit gefunden; man sollte dem
Spielzeughändler und dem Sonnenschirmhändler die Miete kündigen und
ein besonderes Seidenlager errichten. Sie hörte ihn sehr ernst an,
wagte aber noch nicht, die Sache zu unternehmen. Doch faßte sie ein
immer wachsendes Interesse für die kaufmännischen Fähigkeiten
Octaves; in ihm fand sie ihre eigene Willenskraft wieder, ihre Lust
an den Geschäften, den ernsten, praktischen Grund ihres Wesens und
dazu die galanten, liebenswürdigen Formen eines Verkäufers. Endlich
zeigte er einen Mut, der ihr fehlte und sie zur Bewunderung zwang.
So gewann er allmählich die Herrschaft über sie.
Als sie eines Abends bei hellem Gaslichte lange vor einem Stoß
Eingänge Seite an Seite saßen, sagte sie leise:
Herr Octave, ich habe mit meinem Oheim gesprochen. Er ist
einverstanden; wir werden das Haus kaufen. Allein…
Er unterbrach sie mit dem Ausrufe:
Dann sind die Vabre geliefert!
Sie lächelte und entgegnete leise in vorwurfsvollem Tone:
Sie verabscheuen also die Vabre? Das ist nicht recht; Sie sind
der letzte, der ihnen Schlimmes wünschen sollte.
Niemals hatte sie ihm seine Liebschaft mit Berta erwähnt. Diese
schroffe Anspielung brachte ihn in arge Verlegenheit, ohne daß er
genau wußte, weshalb. Er errötete und stammelte einige Worte der
Entschuldigung.
Nein, nein! Das geht mich nichts an! erwiderte sie immer
lächelnd und sehr ruhig. Verzeihen Sie: das Wort ist mir nur
entschlüpft; ich hatte den Vorsatz gefaßt, Ihnen nie das Geringste
davon zu erwähnen… Sie sind jung. Umso schlimmer für die Frauen,
die wollen, nicht wahr? Es ist Sache der
Männer, ihre Frauen zu behüten, wenn sie selbst sich nicht behüten
können.
Es war ihm eine Erleichterung, als er sah, daß sie nicht zürne.
Er hatte oft genug befürchtet, daß sie gegen ihn erkalten werde,
wenn sie seine früheren Liebschaften erfahre.
Sie haben mich unterbrochen, Herr Octave, begann sie wieder in
ernstem Tone. Ich wollte hinzufügen, daß, wenn ich das doppelte
Haus ankaufe und das Geschäft um das Doppelte vergrößere, es mir
unmöglich sein wird, allein zu bleiben… Ich werde mich wieder
verheiraten müssen.
Octave war betroffen. Wie, sie hatte schon einen Gatten in
Aussicht, und er wußte es nicht? Er fühlte sogleich, daß seine
Stellung gefährdet war.
Mein Oheim selbst hat es mir gesagt, fuhr sie fort. Nichts
drängt in diesem Augenblick. Ich bin im achten Monat der Trauer und
will den Herbst abwarten. Aber im Handel muß man das Herz beiseite
lassen und nur an die Anforderungen der Lage denken… Ein Mann ist
hier unerläßlich notwendig.
Ruhig, als sei von einem Geschäfte die Rede, gab sie diese
Erörterung. Er betrachtete sie in ihrer regelmäßigen, gesunden
Schönheit, mit ihrem weißen Gesichte unter dem gerade
gescheitelten, schwarzen Haar. Da bedauerte er, daß er während
ihres Wittums nicht wieder versucht habe, ihr Liebhaber zu
werden.
Das ist in der Tat eine ernste Sache, die erwogen werden will,
stammelte er.
Sie war ohne Zweifel der nämlichen Ansicht und sprach von ihrem
Alter.
Ich bin schon alt; fünf Jahre älter als Sie, Herr Octave. Er
unterbrach sie verwirrt; er glaubte, sie zu verstehen, ergriff ihre
Hände und stammelte:
Aber, gnädige Frau!…
Doch sie hatte sich erhoben und machte ihre
Hand los; dann drehte sie die Gasflammen herab.
Nein, genug für heute… Sie haben sehr gute Gedanken, und es ist
natürlich, daß ich an Sie denke, um sie durchzuführen. Allein es
gibt Hindernisse, der Plan muß wohl erwogen werden… Ich kenne Sie
als einen im Grunde sehr ernsten Mann. Überlegen Sie die Sache, ich
will ein gleiches tun. Darum habe ich sie Ihnen erwähnt; wir werden
ein andermal wieder darüber sprechen.
Dabei blieb es wochenlang. Die Geschäfte im Laden nahmen ihren
gewohnten Lauf. Da Frau Hédouin ihm gegenüber ihre lächelnde Ruhe
bewahrte ohne Anspielung auf die Möglichkeit eines Herzensbundes,
trug er anfangs die nämliche Ruhe zur Schau und vertraute auf die
Folge der Tatsachen. Sie wiederholte ihm nicht selten, daß, was
vernünftigerweise kommen muß, von selbst kommen werde. Darum
überstürze sie nichts. Die Klatschereien, die über ihre Intimität
mit dem jungen Mann in Umlauf kamen, ließen sie unberührt. Sie
warteten.
Im Hause Duverdy in der Choiseul-Straße schwur jedermann, daß
die Heirat eine abgemachte Sache sei. Octave hatte sein Zimmer
daselbst aufgegeben und bezog eine Wohnung in der Neuen
Augustinstraße in der Nähe des Geschäftes zum
Weitere Kostenlose Bücher