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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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versunken, das aus den keuschen Schlafzimmern zu kommen
schien. Octave war wieder in das Zimmer Mariens gegangen, die eben
die Kopfkissen des Ehebettes zurechtlegte. Trublot, der oben den
Sessel mit dem Waschbecken und einem Paar alter Pantoffeln verlegt
fand, hatte sich auf das schmale Lager Adelens gesetzt, und wartete
in Frack und weißer Halsbinde. Als er den Schritt Juliens erkannte,
die heraufkam, um zu Bett zu gehen, hielt er seinen Atem zurück, da
er ewig Furcht vor einem Weibergezänke hatte. Endlich erschien
Adele ganz aufgebracht und faßte ihn beim Kragen.
    Es ist doch garstig, wie du mich behandelst, wenn ich bei Tische
bediene!
    Was? wie ich dich behandle?
    Gewiß! Du schaust mich ja gar nicht an. Du kannst nie sagen
»darf ich bitten«, wenn du Brot verlangst. Heute abend, als ich den
Kalbsbraten herumreichte, stelltest du dich, als kenntest du mich
gar nicht … Ich hab's satt, sag' ich dir; das ganze Haus wirft
mir schon tödliche Grobheiten zu. Wenn du's auch noch mit den
anderen hältst, wird's mir endlich zu bunt!
    Sie entkleidete sich ganz wütend, warf sich auf das
alte Gestelle hin, daß es krachte und
kehrte ihm den Rücken zu. Er mußte sich auf das Bitten
verlegen.
    Der Arbeiter im anstoßenden Zimmer, der seinen Spitz noch nicht
los hatte, sprach unterdessen mit sich selbst so laut, daß der
ganze Flur ihn hören konnte.
    Ei! das ist doch sonderbar, daß man einem verbietet, mit seinem
Weibe zu schlafen! Kein Weib will er in seinem Hause dulden! Geh',
alter Spießer, steck' jetzt deine Nase einmal in die vermieteten
Wohnungen, um zu sehen, was da vorgeht! …

Kapitel 7
     
    Um den Oheim Bachelard wieder für die Ausstattung Bertas günstig
zu stimmen, luden ihn die Josserand trotz seines schmutzigen
Aussehens vierzehn Tage fast jeden Abend zu sich.
    Als man ihm die bevorstehende Heirat meldete, begnügte er sich,
seiner Nichte die Wange zu streicheln, indem er sagte:
    Wie, du heiratest? Mädchen, das ist recht!
    Er blieb dann taub gegen alle Anspielungen, und wie man von Geld
zu sprechen anfing, spielte er mehr als je die Rolle eines blöden
Trunkenboldes.
    Frau Josserand hatte den Gedanken, ihn eines Abends mit August,
dem Verlobten zugleich einzuladen. Vielleicht dürfte der Anblick
des jungen Mannes ihn bestimmen. Es war ein gewagtes Unternehmen;
denn die Familie zeigte diesen Onkel nicht gerne aus Furcht, sich
bei den Leuten um das Ansehen zu bringen. Übrigens hatte er sich
anständig aufgeführt; bloß seine Weste hatte einen
großen Sirupfleck, den er sich
wahrscheinlich in einem Kaffeehaus geholt. Als jedoch seine
Schwester, nachdem August weggegangen war, ihn fragte, wie er ihn
finde, antwortete er, ohne sich zu etwas zu verpflichten:
    Reizend! Reizend!
    Damit mußte ein Ende gemacht werden. Die Angelegenheit war
dringend. Frau Josserand beschloß also, die Lage kurzweg zu
klären.
    Da wir unter uns Verwandten sind, fing sie an, wollen wir uns
diesen Umstand zunutze machen … Zieht euch zurück, meine
Lieben! Wir haben mit eurem Oheim zu plaudern. Du Berta, gib acht
auf Saturnin, daß er nicht wieder die Schlösser abreißt.
    Seitdem man sich mit der Heirat seiner Schwester beschäftigte,
schlich Saturnin, vor dem man dies geheim hielt, durch die Gemächer
herum mit unruhigen Blicken und irgend etwas witternd; er hatte
wahrhaft höllische Vorstellungen, worüber seine Familie bestürzt
war.
    Ich habe alle möglichen Erkundigungen eingezogen, sagte die
Mutter, als sie sich mit dem Vater und dem Oheim eingeschlossen
hatte. Mit den Vabre steht es folgendermaßen:
    Sie gab eine weitläufige, durch Ziffern unterstützte Erklärung.
Der alte Vabre hatte aus Versailles eine halbe Million mitgebracht,
das Haus mag ihm 300 000 Franken gekostet haben; dann sind ihm
noch 200 000 Franken geblieben, die seit 12 Jahren Zinsen
tragen. Außerdem nimmt er jedes Jahr 22 000 Franken an Miete
ein; und da er bei der Familie Duverdy lebte, so daß er kaum etwas
ausgab, mußte er ein Gesamtvermögen von 5 600 000
Franken, das Haus ungerechnet, besitzen. Von dieser Seite her haben
wir also die schönsten Hoffnungen.
    Hat er denn keine Leidenschaften? fragte Onkel Bachelard; ich
dachte, daß er an der Börse spiele.
    Doch Frau Josserand widersprach einer
solchen Zumutung. Ein so ruhiger alter Mann und in so große
Arbeiten vertieft! Er hat sich zum mindesten fähig gezeigt, ein
Vermögen auf die Seite zu legen; sie lächelte dabei bitter, indem
sie ihren Mann anblickte, der den Kopf hängen

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