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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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antut.
    Octave stand noch auf dem Treppenabsatz, verwundert über diesen
unerwarteten Widerstand, als der Lärm eines heftigen Streites vom
Hofe hinaufdrang. Es ist ausgemacht: alles kommt ihm heute in die
Quere; er hätte besser getan, sofort schlafen zu gehen. Ein solcher
Höllenlärm um diese Stunde war so ungewöhnlich, daß er endlich ein
Fenster öffnete und lauschte. Unten schrie Herr Gourd:
    Ich sage Ihnen, Sie gehen da nicht hinein! … Der Hausherr
ist benachrichtigt, er wird selber herunterkommen, um Sie vor die
Türe zu setzen! …
    Warum? Vor die Türe! antwortete eine tiefe Stimme. Zahle ich
meine Miete nicht? Geh' hinein, Amalie, und wenn der Herr dich
berührt, wird's einen Spaß absetzen.
    Es war der Arbeiter von oben, der nach Hause
gekommen war in Begleitung des Frauenzimmers, das am Morgen
fortgejagt worden. Octave neigte sich vor; aber in dem schwarzen
Hofloch konnte er nur große schwankende Schatten wahrnehmen, auf
welche die im Hausflur brennende Gaslaterne einen Lichtstrahl
warf.
    Herr Vabre! Herr Vabre! rief plötzlich der von dem Schreiner
herumgestoßene Hausmeister in dringendem Tone. Kommen Sie schnell:
sie will hinein.
    Ungeachtet ihrer schlechten Beine war Frau Gourd den Hausherrn
holen gegangen, der gerade an seinem großen Werke arbeitete. Er kam
herunter. Octave hörte ihn wiederholt sagen: Das ist eine Schande,
das ist abscheulich, ich werde in meinem Hause dergleichen niemals
dulden!
    Dann wandte er sich an den Arbeiter, den seine Gegenwart anfangs
einzuschüchtern schien:
    Schicken Sie dieses Weib weg, sogleich, hören Sie? ich mag keine
Weiber im Hause.
    Aber das ist ja mein Weib, rief der Handwerker außer sich. Sie
ist im Dienst, sie kommt einmal des Monats, wenn ihre Dienstgeber
es ihr erlauben. Ist das eine hübsche Geschichte! Ich werde mir von
Ihnen nicht verbieten lassen, mit meinem Weibe zu schlafen.
    Dieser Einwand machte beide stutzig, den Hausherrn wie den
Hausmeister.
    Ich kündige Ihnen, stammelte Herr Vabre. Inzwischen aber
verbiete ich Ihnen, mein Haus als unanständigen Ort zu
behandeln … Gourd, werfen Sie diese Kreatur auf die
Straße … Ja, ich bin kein Freund von solchen Späßen. Ihr
hättet sagen müssen, daß Ihr verheiratet seid … Schweigt!
Untersteht Euch nicht mehr zu widersprechen!
    Der Tischler, sonst ein guter Kerl, der außer Zweifel sich einen
kleinen Spitz angetrunken hatte, sagte endlich lachend:
    Das ist doch ganz sonderbar … Da der
Hausherr dich nicht einlassen will, geh' zu deiner Herrschaft
zurück, Amalie. Wir werden ein andermal einen Jungen machen.
Wahrhaftig, es war nur, um einen Jungen zu machen … Gewiß, ich
nehme Ihre Kündigung an! Ich möchte auch sonst in dieser Bude nicht
bleiben! Da geht's gar sauber her! Da wohnt ein hübscher Haufen
Mistvolk beisammen! Das will kein Weib im Hause, duldet aber in
jedem Stocke Putzpüppchen, die in ihren vier Wänden ein wahres
Hundeleben führen. Dieses Affengezücht! Dieses
Philistergeschmeiß!
    Amalie war weggegangen, sie wollte ihrem Manne nicht noch
größeren Verdruß verursachen, während er, ohne sonderlich zu
grollen, fortfuhr zu brummen. Herr Gourd gab unterdessen Herrn
Vabre, der wieder hinaufging, sein Schutzgeleite, wobei er sich
etwas laut zu denken erlaubte. Was für ein schmutziges Pack doch
der Pöbel ist! Ein Arbeiter sei genug, um das ganze Haus zu
verpesten!
    Octave schloß das Fenster. In dem Augenblick aber, als er zu
Marie zurückkehren wollte, stieß jemand an ihn, der sachte in den
Flur einbog.
    Wie? Sie sind es schon wieder! sagte er, als er Trublot
erkannte.
    Der letztere blieb einen Augenblick sprachlos, dann sagte er
grinsend:
    Ja, ich bin es, ich habe bei den Josserand gespeist und gehe
jetzt hinauf …
    Octave war empört.
    Mit dieser Schlumpe Adele! … Sie schwuren doch, Sie täten's
nicht …
    Hierauf reckte sich Trublot mit vergnügter Miene und sagte:
    Ich versichere Ihnen, mein Lieber, das ist sehr schick…
    Sie hat eine Haut, wie Sie sich es nicht
vorstellen können!
    Dann erging er sich in Ausfällen gegen den Arbeiter, der mit
seinen unsauberen Weibergeschichten verursacht hatte, daß er auf
der Dienstbotentreppe beinahe ertappt worden sei. Er mußte über die
Haupttreppe zurückkommen. Als er sich dann rasch entfernte sagte er
noch:
    Erinnern Sie sich, daß ich Sie nächsten Donnerstag zur Geliebten
des Herrn Duverdy führen will. Wir werden zusammen speisen.
    Das Haus war wieder in jene andächtige Ruhe, in jenes fromme
Schweigen

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