Der häusliche Herd
ließ.
Was die drei Kinder des Herrn Vabre betrifft, August, Clotilde
und Theophil, so hatte jedes Kind beim Tode der Mutter 100 000
Franken erhalten. Nachdem Theophil sich in mehrere verlustbringende
Spekulationen eingelassen, lebte er ziemlich dürftig von den
Überbleibseln dieser Erbschaft. Clotilde, die keine andere
Leidenschaft besaß als das Klavierspiel, hatte ihren Anteil zinsbar
angelegt. August endlich hatte soeben das Warenlager im Parterre
gekauft und sich mit seinen lange in der Reserve behaltenen
100 000 Franken dem Seidenhandel gewidmet.
Natürlich gibt der Alte seinen Kindern nichts, wenn er sie
verheiratet, bemerkte der Onkel Bachelard.
Mein Gott, er war kein Freund vom Geben. Diese Tatsache schien
leider gewiß. Als er Clotilde verheiratete, hatte er sich
allerdings verpflichtet, eine Mitgift von 80 000 Franken zu
zahlen. Duverdy aber hatte nie mehr als 10 000 Franken
gesehen. Er forderte auch den Rest nicht mehr. Er ernährte sogar
seinen Schwiegervater und schmeichelte seinem Geize ohne Zweifel,
um eines Tages dessen Vermögen in die Hände zu bekommen. Ebenso
machte er es mit Theophil. Bei seiner Heirat mit Valerie hatte er
ihm 50 000 Franken versprochen. Diesem wiederum hatten ihre
Eltern, die Louhettes, eine gleiche Summe zugesichert. Zuerst hatte
er sich darauf beschränkt, die Zinsen zu bezahlen, dann aber gab er
keinen Sou mehr und trieb die Sache so weit, daß er die Miete
forderte, die das Ehepaar nur bezahlte, weil es aus seinem
Testament gestrichen zu werden fürchtete. Man durfte daher nicht
allzusehr auf die 50 000 Franken
rechnen, die August am Tage der Unterzeichnung des Heiratsvertrages
von dem Alten bekommen sollte. Es sei schon viel, wenn der Vater
ihm während der ersten Jahre den Mietzins für das Magazin
erlasse.
Ja, erklärte Bachelard, das ist immer schwer für die
Verwandten … Man bezahlt die Mitgift niemals.
Kommen wir auf August zurück! fuhr Frau Josserand fort. Ich habe
euch gesagt, was er zu hoffen hat, und die einzige Gefahr kommt von
Seite Duverdys. Berta wird sehr wohl tun, ihn zu überwachen, wenn
sie in die Familie eintritt. Jetzt hat sich August, nachdem er sein
Magazin für 60 000 Franken gekauft hat, mit den anderen
40 000 Franken in seine Geschäfte eingelassen. Doch beginnt
diese Summe ungenügend zu sein. Anderseits ist er allein und
braucht eine Frau, deswegen will er sich verheiraten … Berta
ist hübsch, er sieht sie schon in seinem Geschäfte hinter dem
Zahltisch sitzen, und was die Mitgift betrifft, so sind 50 000
Franken eine anständige Summe, die ihn zum Zugreifen bestimmt
hat.
Onkel Bachelard verzog nicht einmal die Miene. Endlich machte er
ein Gesicht, als ob er tief gerührt sei, und sagte, er habe von
etwas Besserem geträumt. Damit fiel er über den zukünftigen
Schwiegersohn her: Sicherlich, ein netter Mensch; aber viel zu alt,
schon über 33 Jahre, im übrigen immer krank, das Gesicht durch die
Migräne verzerrt, ein trauriges Aussehen; für den Handel nicht
heiter genug.
Hast du denn einen andern? fragte Frau Josserand, deren Geduld
schon bedenklich auf die Neige ging. Ich habe ganz Paris
aufgestöbert, um einen zu finden.
Übrigens machte sie sich keineswegs Täuschungen über ihn und
fing an, ihn zu zergliedern.
Er ist kein Adler, das glaube ich selbst; er ist
sogar ziemlich dumm. Dann mißtraue ich
solchen Männern, die niemals eine Jugend gehabt haben und nichts in
ihrem Leben wagen, ohne darüber jahrelang nachzudenken. Dieser ist,
nachdem er das Gymnasium verlassen, weil sein Kopfleiden ihn
verhinderte, sein Studium zu beenden, 15 Jahre lang ein kleiner
Ladengehilfe geblieben, bevor er es wagte, seine hunderttausend
Franken anzurühren. Es scheint auch, daß sein Vater ihn um die
Zinsen betrogen hat. Nein, nein, er ist kein großer Held.
Bis dahin hatte Herr Josserand ein weises Schweigen beobachtet.
Jetzt traute er sich ein Wörtchen zu sagen:
Warum aber, meine Liebe, soll man dann auf diese Heirat so
versessen sein, wenn der junge Mann nicht einmal gesund
ist …
Die Gesundheit, unterbrach Bachelard, wäre noch kein solches
Hindernis … Berta würde später kaum in Verlegenheit sein, sich
wieder zu verheiraten.
Schließlich, wenn er unvermögend ist, sagte der Vater, wenn er
unsere Tochter unglücklich macht …
Unglücklich! schrie Frau Josserand. Sage lieber gleich, daß ich
mein Kind dem ersten besten an den Hals schmeiße! Man ist unter
sich, man spricht über ihn: Er ist dies, er ist jenes, nicht
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