Der häusliche Herd
schön,
nicht jung, nicht klug. Wir sprechen über ihn, nicht wahr? Das ist
ganz natürlich … Nur ist er eine gute Partie, und niemals
werden wir etwas Besseres finden. Wollt ihr, daß ich euch noch mehr
sage: es ist ein unerwartetes Glück für Berta.
Sie hatte sich erhoben. Herr Josserand, ganz eingeschüchtert,
schob seinen Stuhl zurück.
Ich habe die einzige Besorgnis, fuhr sie fort, indem sie sich
mit entschlossener Miene vor ihren Bruder aufpflanzte: daß er
zurücktreten wird, wenn man ihm nicht am
Tage des Heiratskontraktes die Mitgift in barem Gelde auf den Tisch
legt …
Das ist erklärlich, der junge Mann braucht Geld.
In diesem Augenblick hörte sie ein heißes Keuchen hinter sich,
das sie nötigte, sich umzudrehen. Saturnin war da, er hatte den
Kopf zur Türe hineingesteckt und betrachtete sie alle mit den Augen
eines Wolfes. Es entstand eine vollständige Panik, denn er hatte
einen Bratspieß in der Küche gestohlen, wie er sagte, um die Gänse
damit aufzuspießen. Onkel Bachelard, ohnehin sehr unruhig über die
Wendung, die das Gespräch genommen, benutzte diese Gelegenheit zu
entschlüpfen.
Bemüht euch nicht! schrie er aus dem Vorzimmer. Ich gehe, ich
habe um Mitternacht eine Zusammenkunft mit einem meiner Kunden, der
direkt aus Brasilien kommt.
Nachdem es gelungen war, Saturnin zur Ruhe zu bringen, sagte
Frau Josserand, daß es unmöglich sei, ihn noch länger im Hause zu
behalten, er werde schließlich ein Unglück anrichten, wenn man ihn
nicht im Narrenhause einsperre. Das sei kein Leben, ihn immerfort
zu verstecken. Niemals würden seine Schwestern zu einer Versorgung
kommen, solange er da sei, um jedermann anzuwidern und zu
verscheuchen.
Warten wir noch, sagte Herr Josserand, dessen Herz bei dem
Gedanken blutete, sich von ihm zu trennen.
Nein, nein, erklärte die Mutter; ich habe keine Lust, mich von
ihm spießen zu lassen. Ich hatte meinen Bruder da und war im
Begriff ihn an die Wand zu drücken … Tut nichts! wir werden
morgen mit Berta hingehen, bei ihm selber die Sache wieder
aufnehmen und sehen, ob er die Frechheit hat, seine Versprechungen
abzuleugnen … Ohnehin ist Berta ihrem Taufpaten einen Besuch
schuldig. Das ist schicklich.
Den andern Tag begaben sich alle drei: die
Mutter, der Vater und die Tochter feierlich in die Magazine des
Onkels, die den Keller und das Parterre eines großen Hauses in der
Enghien-Straße einnahmen. Lastwagen versperrten den Zugang zur
Türe. In dem vergitterten Hofe war eine ganze Truppe von Packern
damit beschäftigt, Kisten zuzunageln, und durch die Öffnung der
Kisten sah man die verschiedenartigen Waren: trockene Gemüse,
Seidenreste, Papierwaren und Talg, ein ganzes Durcheinander von
Aufträgen und Spekulationskäufen, die in den Zeiten der Baisse
gemacht werden. Da fanden sie Bachelard mit seiner großen roten
Nase, das Auge noch ganz entzündet von seinem letzten Rausche,
dabei aber doch mit klarem Verstande, seine ganze Fähigkeit
wiederfindend, sobald er unter seinen Handlungsbüchern war.
Aha, ihr seid da – sagte er, offenbar sehr mißgestimmt durch
ihren Besuch.
Er empfing sie in einem kleinen Kabinett, von wo aus er durch
ein Fenster seine Leute überwachte.
Ich habe dir Berta hergebracht, sagte Frau Josserand; sie weiß,
was sie dir schuldig ist.
Als das junge Mädchen den Onkel umarmt hatte und auf einen
befehlenden Blick der Mutter wie ein unschuldiges Täubchen in den
Hof zurückgekehrt war, um dort ein plötzliches Interesse an allen
Waren zu entwickeln, rückte die Mutter mit mutiger Entschlossenheit
der Hauptsache an den Leib.
Höre, Narziß, wie die Sache jetzt steht … Vertrauend auf
dein gutes Herz und auf deine Versprechungen habe ich mich
verpflichtet, eine Mitgift von 50 000 Franken zu geben. Wenn
ich sie nicht gebe, geht die Heirat in die Brüche … Soweit die
Sache gediehen ist, wäre es eine Schande. Du kannst uns nicht in
einer solchen Verlegenheit lassen.
Bachelards Augen trübten sich plötzlich, und
er stotterte, als sei er sehr betrunken: Was? du hast
versprochen … Man soll nicht versprechen, es ist schlimm zu
versprechen!
… Er heulte von Elend und Armut. Er habe Roßhaar gekauft, sagte
er, einen ganzen großen Posten in der sichern Erwartung, daß eine
große Preissteigerung in Roßhaaren eintreten werde; doch das
geschehe ganz und gar nicht; Roßhaar gehe immer weiter herunter,
und er müsse die Ware mit Schaden verkaufen. Damit stürzte er sich
auf seine Handlungsbücher, öffnete sie und
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