Der häusliche Herd
schaffen, sagte sie mit einschmeichelnder
Stimme… Angela, bitte doch deine Kusine, sage ihr, wie sehr dich
das freuen würde.
Das Mädchen bat ihre Kusine, während Lisa mit dem Kopfe Beifall
nickte. Campardon und Gasparine blieben jedoch ernst: nein, nein,
sagte sie, wir müssen warten, man muß den Boden unter den Füßen
fühlen, wenn man die Hände loslassen will.
Man verbrachte köstliche Abende im Salon. Der Baumeister ging
nicht mehr aus. An diesem Abende mußte er im Zimmer Gasparines
einige Kupferstiche aufhängen, die der Glaser eben geschickt hatte.
Darunter waren: Mignon, zum Himmel flehend; eine Ansicht des
Wasserfalls von Vaucluse und noch andere. Er war vergnügt mit
seinem langen, gelben Barte und den roten Backen, weil er gut
gespeist hatte, glücklich und in allen seinen Gelüsten
befriedigt.
Er rief seine Kusine, daß sie ihm leuchte; man hörte ihn Nägel
einschlagen und auf Stühle steigen. Als Octave mit Rosa wieder
allein war, nahm er seine Geschichte wieder auf, erklärte ihr, daß
er am Ende des Monats genötigt sei, seine Verpflegung anderswo zu
nehmen. Sie schien überrascht, aber sie hatte den Kopf mit anderen
Dingen voll, sie kam bald wieder auf ihren
Mann und die Kusine zu sprechen, die sie hatte lachen hören.
Wie sie sich da mit dem Aufhängen der Bilder unterhalten!
Meinetwegen! Achilles hat sich sehr verändert, seit vierzehn Tagen
hat er mich noch nicht verlassen. Kaffeehaus, geschäftliche
Besprechungen, sonstige Zusammenkünfte: nichts bringt ihn mehr aus
dem Hause; Sie erinnern sich doch, wie besorgt ich war, wenn er
nach Mitternacht nach Hause zu kommen pflegte! Das ist für mich
heute eine große Beruhigung! Ich habe ihn wenigstens bei mir und
gebe acht auf ihn.
Gewiß, gewiß, murmelte Octave.
Sie sprach auch von den Ersparnissen, die diese neue Einrichtung
mit sich bringen werde. Das ganze Hauswesen sei dadurch in besserem
Gange; mau lache vom Morgen bis zum Abend; ohne zu rechnen, daß sie
selbst sich nicht mehr langweile, da sie immer Gesellschaft
habe.
Übrigens, fuhr sie fort, wenn ich nur Achilles heiter sehe, bin
ich schon befriedigt.
Dann kam sie wieder auf die Angelegenheiten des jungen Mannes
und sagte:
Also Sie verlassen uns wirklich? Bleiben Sie, da wir doch alle
glücklich werden sollen.
Aber er begann aufs neue mit seinen Erklärungen. Sie begriff und
schlug die Augen nieder: in der Tat durfte dieser Junge ihnen bei
ihren Vertraulichkeiten lästig werden, und sie selbst empfand seine
Entfernung wie eine Erleichterung, da sie seiner nicht mehr
bedurfte, um die Abende totzuschlagen. Er mußte versprechen, daß er
öfter kommen werde.
Fertig die zum Himmel seufzende Mignon! rief die freudige Stimme
Campardons. Warten Sie, Kusine, ich helfe Ihnen herabsteigen.
Man hörte, wie er sie in seine Arme nahm und
sie irgendwo hinstellte. Es entstand eine Stille, dann ein leises
Kichern. Aber der Architekt kehrte bereits in den Salon zurück und
bot seine gerötete Wange seiner Frau zum Kuß.
Fertig, mein Schatz … Umarme deinen bärbeißigen Mann, der
tüchtig gearbeitet hat.
Gasparine kam mit einer Stickerei und setzte sich in die Nähe
der Lampe. Campardon schickte sich an, im Scherze ein papiernes
Kreuz der Ehrenlegion, das er auf einer Etikette gefunden hatte,
auszuschneiden, und errötete sehr, als Rosa ihm dieses Papierkreuz
mit einer Nadel anheften wollte: man machte ein Geheimnis daraus,
daß jemand versprochen hatte, ihm das Kreuz der Ehrenlegion zu
verschaffen. Auf der anderen Seite der Lampe erhob Angela, die eine
Lektion aus der heiligen Schrift lernte, manchmal den Kopf, ließ
die Blicke umherschweifen mit der rätselhaften Miene einer
wohlerzogenen Tochter, die angewiesen ist, nichts zu sagen, und
deren wahre Gedanken man niemals kennt. Es war ein traulicher
Abend, ein gemütlicher Winkel.
Der Architekt jedoch bekam plötzlich eine Regung von
Schamgefühl. Er bemerkte soeben, daß die Kleine über ihre heilige
Schrift hinweg die »Gazette de France« las, die auf dem Tische
lag.
Angela, sagte er ernst, was machst du da? … Ich habe diesen
Morgen den Artikel mit rotem Stift eingeklammert. Du weißt wohl,
daß du nicht lesen sollst, was eingeklammert ist.
Papa, ich las das daneben Befindliche, antwortete das junge
Mädchen.
Er nahm ihr die Nummer weg und beklagte sieh leise zu Octave
über die Sittenverderbnis der Presse. Heute war wieder ein
abscheuliches Verbrechen darin zu lesen. Wenn die Familien die
»Gazette de France« nicht mehr
Weitere Kostenlose Bücher