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Der Hagestolz

Der Hagestolz

Titel: Der Hagestolz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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nicht wissen, wohin ein Kahn zu leiten ist. Unter dem Wasser laufen die Gebirgsgrate hin, die oft nur ein wenig bedekt sind. Wenn man zu einem solchen Grate geriethe, und ein Lek in das Schiff stieße, da müßte man aussteigen und in dem Wasser stehen bleiben, bis man am Tage von jemanden gesehen
    würde. Aber man würde von niemanden gesehen, weil die Fischer niemals zu den Gebirgsgraten hinzufahren. Begreifet ihr das, junger Herr?«
    »Ja, ich begreife es,« antwortete Victor.
    »Und zum Dritten kann ich euch nicht überführen, weil ich sonst ein ungetreuer Diener wäre. Der Herr hat mir keinen Auftrag gegeben, euch in die Hul zu führen, und wenn er dies nicht thut, so führe ich euch nicht über.«
    »Gut,« antwortete Victor, »so bleibe ich hier so lange sizen, bis morgen ein Fahrzeug so nahe kömmt, daß ich es herzu zu winken vermag.«
    »Es kömmt aber kein Fahrzeug so nahe,« erwiederte der Diener; »es ist über unseren See kein Warenzug, weil der einzige Weg, der vom andern Ufer weiter führt, nur ein Fußweg über die Grisel ist, und die Wanderer zu diesem Fußwege an dem unserer Insel entgegengesezten Seeufer hinfahren. Dann ist die Brandung an den Gestaden der Insel so groß, daß sich wenige Fische da aufhalten, und selten Fischerbote so nahe kommen. Es könnten acht oder mehr Tage vergehen, ehe ihr eines seht.«
    »So muß mich morgen mein Oheim in die Hul zurük führen lassen, weil ich auf sein Verlangen hieher gekommen bin, und weil ich nicht mehr länger da bleiben will,« sagte Victor.
    »Es kann sein, daß er es thut,« antwortete der Diener, »ich weiß das nicht; aber jezt wartet er mit dem Abendessen auf euch.«
    »Wie kann er warten,« sagte Victor, »da er gemeint hat, ich solle meinen Spiz ertränken, da er gesagt hat, daß er nicht öffnen wolle, wenn ich es nicht thue, und da er mich hierauf fort gehen sah, und mich nicht zurük gerufen hat.«
    »Das weiß ich alles nicht,« erwiederte Christoph, »aber eure Ankunft ist in der Klause bekannt, und es war auf dem Tische für euch gedekt. Der Herr hat mir aufgetragen, euch zu rufen, weil ihr die Eßstunde nicht wißt, sonst hat er nichts gesagt. Weil ich es aber gesehen habe, wie ihr von dem Eisengitter fortgelaufen seid, so dachte ich gleich, als er mir den Auftrag gab, euch zum Essen zu rufen, ich müsse an diesen Ort gehen, ich würde euch hier finden. Anfangs, da ich euch nicht sah, meinte ich gar, ihr seid gleich wieder über das Wasser davongefahren, aber es war ja nicht möglich, der Mann, der euch gebracht hat, muß ja schon um die Orlaspize zurük gewesen sein, als ihr hieher wieder zurük kamet.«
    Als Victor hierauf nichts erwiederte, stand der Mann noch ein Weilchen, dann sagte er wieder: »Der Herr wird gewiß bereits zu essen begonnen haben; denn er hat seine festgesezten Stunden und geht davon nicht ab.«
    »Das ist mir eine gleichgültige Sache,« antwortete Victor, »er mag essen und sich sättigen, von seinem Male verlange ich nichts; denn ich und mein Spiz haben unsere Brode, die ich mir aufgehoben habe, schon verzehrt.«
    »Nun so muß ich also gehen, und ihm das melden,« sprach der Diener weiter, - »aber das müßt ihr bedenken, daß ihr, wie ihr vorher selber sagtet, gekommen seid, weil es der Oheim begehrt hat, daß er also mit euch zu sprechen wünscht, und daß ihr das selber unmöglich macht, wenn ihr in dem Gebiethe seines Hauses unter freiem Himmel sizen bleibt.«

    »Ich wollte zu ihm gehen,« erwiederte Victor, »ich wollte mit ihm sprechen, und ihn ehrerbiethig grüßen, die Mutter hat mir auch gesagt, daß es gut sei, und der Vormund hat es auch befohlen - aber ehe ich dem Thiere, das mich mit Lebensgefahr aufgesucht und begleitet hat, etwas zu Leide thun lasse, will ich selber eher Verwundung und Tod ertragen.«
    »Es wird dem Thiere nichts geschehen,« sagte Christoph, »der Herr hat euch nur einen guten Rath gegeben; wenn ihr ihn nicht befolgt, so kümmert es ihn nicht. Er denkt gewiß nicht mehr darauf; denn sonst hätte er mich ja nicht geschikt, euch zum Essen zu holen.«
    »Wenn ihr mir verbürgen könnt, daß dem Hunde nichts geschieht, so will ich mit euch gehen,« sagte Victor.
    »Das kann ich euch verbürgen,« antwortete der Diener, »der Herr vergaß der Geringfügigkeit eines Hundes, und wird ihm nichts anhaben.«
    »So komme, lieber Spiz,« sagte Victor, indem er aufstand.
    Er suchte gleichsam mit zitternden Händen eine Schnur aus seinem Ränzlein hervor, dergleichen er immer zu

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