Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hagestolz

Der Hagestolz

Titel: Der Hagestolz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
Vom Netzwerk:
aufwartete, alle Augenblike erneuert wurde, ein, und erkannte, daß er nie ein so vortreffliches, frisches, pralles und starkes Wasser getrunken habe. Während er sich sättigte, aß der Oheim noch ein Stükchen Käse, dann allerlei Früchte und Zukerwerk. Hierauf trug der alte Mann die verschiedenen Teller, auf denen Glasgloken über den Dingen des Nachtisches standen, eigenhändig in Schreine, die in die Mauern gefügt waren, und sperrte sie ein. Dann that er die Restchen Wein jedes in seine Flasche und schloß die Flaschen in ähnliche Schreine ein.
    Auf der Stelle des Zimmers, auf welcher der Oheim während dem Essen gesessen war, war ein dichter Teppich gebreitet, und auf dem Teppiche lagen drei alte fette Hunde, denen der Greis von Zeit zu Zeit bald eine Krebsschere, bald eine Mandel, bald ein Stükchen Zukerwerk hinab gereicht hatte. Schon als Victor mit dem Spiz eingetreten war, hatten alle drei geknurrt, und während dem Essen, wenn er dem armen Spiz ein Stükchen hinab reichte, grinsten sie wieder und ließen ein schwaches Murren hören.
    So lange der Oheim bei seinem Nachtmale beschäftigt gewesen war, hatte er zu Victor nicht gesprochen, gleichsam, als wäre zu keinem andern Dinge Zeit; jezt aber sagte er: »Hast du das Gerippe doch wieder mit geschleppt. Wer ein Thier hat, muß es auch ernähren können. Ich habe dir den Rath gegeben, daß du es in den See würfest, aber du hast ihn nicht befolgt. Die Hunde der Studenten habe ich nie leiden können; sie sind, wie traurige Gespenster. Und gerade dieses Volk will immer Hunde haben. Wo hast du ihn denn mit genommen, und brachtest ihn zu mir, ohne ihm unter Weges etwas zu fressen zu geben?«
    »Es ist der Hund meiner Ziehmutter, Oheim,« sagte Victor, »ich habe ihn nirgends mit genommen, weder gekauft noch ertauscht; sondern am dritten Tage nach meiner Abreise ist er mir nach gekommen. Er muß stark gerannt sein, was er in seinem früheren Leben nicht gewohnt war; er muß auch große Angst ausgestanden haben, wozu er ebenfalls bei der Ziehmutter nie Ursache gehabt hatte - und deßhalb ist er in den darauf folgenden Tagen so mager geworden, wie er nie gewesen ist, obwohl ich ihm gegeben habe, was er nur immer verlangte. Erlaubt daher, daß ich ihn in eurem Hause bei mir behalte, damit ich ihn der Ziehmutter wieder übergeben kann, sonst müßte ich sogleich zurük reisen und ihn ihr überbringen.«
    »Und da hast du ihn immer so Tag und Nacht bei dir gehabt?«
    »Freilich.«
    »Daß er dir einmal die Kehle abfrißt.«
    »Das thut er ja nie. Wie fiele ihm denn das ein? Er ist bei meinen Füssen gelegen, wenn ich rastete oder schlief, er hat sein Haupt auf dieselben gelegt, und er würde eher erhungern, ehe er mich verließe oder mir ein Leid thäte.«
    »So gib ihm zu essen, und denke auf das Wasser, daß er nicht wüthend wird.«
    Das alte Weib hatte, als das Abendmal aus war, nach und nach die Schüsseln, Teller und andere Reste desselben fort getragen; jezt kam auch Christoph, den Victor, seit er mit ihm hieher gekommen war, nicht mehr gesehen hatte.
    Der Oheim sagte zu dem hereintretenden Diener: »Sperre ihnen die Stallthür gut zu, daß keiner heraus komme, lasse sie aber vorher auf dem Sande unten ein wenig herum gehen.«
    Auf diese Worte erhoben sich die drei Hunde, wie auf ein bekanntes Zeichen. Zwei folgten Christoph von selber, den dritten nahm er bei dem Balge und schleppte ihn hinaus.
    »Ich werde dir deine Schlafkammer selber zeigen,« sagte der Oheim zu Victor.
    Er ging bei diesen Worten in die Tiefe des Zimmers, wo es bedeutend dunkel war, weil nur ein Licht auf dem Tische brannte. Dort nahm er von einem Gestelle, oder sonst von etwas, das man nicht erkennen konnte, einen Handleuchter, kam wieder hervor, zündete die Kerze des Handleuchters an, und sagte: »Jezt folge mir.«
    Victor nahm sein Ränzlein mit dem einen Riemen in den Arm, faßte seinen Stab, zog den Spiz an der Schnur, und ging hinter dem Oheime her. Dieser führte ihn bei der Thür hinaus in einen Gang, in welchem der Reihe nach uralte Kästen standen, dann rechtwinklig in einen andern, und endlich eben so in einen dritten, der durch ein eisernes Gitter verschlossen war. Der Oheim öffnete das Gitter, führte Victor noch einige Schritte vorwärts, öffnete dann eine Thür und sagte: »Hier sind deine zwei Zimmer.«
    Victor trat in zwei Gemächer, wovon das erste größer, das zweite kleiner war.
    »Du kannst den Hund in die Nebenkammer einsperren, daß er dir nichts thut,« sagte

Weitere Kostenlose Bücher