Der Hauch Des Bösen: Roman
Behandlung verweigern, ist man alleine in Manhattan bei Hunderten, ja vermutlich sogar Tausenden, auf die Ihre Beschreibung passt.«
»Ich kann die Zahl bestimmt eingrenzen.«
»Vielleicht, aber trotzdem bleibt ein großes Problem bestehen. Und das nennt sich ärztliche Schweigepflicht. Weder ich noch irgendein Kollege, der auch nur das Geringste auf sich hält, wird Ihnen Namen nennen.«
»Er ist ein Killer, Louise.«
»Ja, aber die anderen sind keine und haben einen Anspruch darauf, dass ihre Daten sicher sind. Ich höre mich gern ein bisschen um, aber niemand wird mir Namen nennen. Und selbst wenn ich Namen hören würde, könnte ich sie unmöglich guten Gewissens an Sie weitergeben.«
Verärgert stapfte Eve durch das winzige Büro, während Louise gelassen einen zweiten Lolli aus der Tasche zog und ihrer Assistentin gab.
»Oh, Limone. Danke.«
»Zuckerfrei.
»Schade«, antwortete Peabody, riss aber trotzdem gierig die durchsichtige Folie auf.
Mit einem leisen Schnauben setzte sich Eve wieder
auf ihren Platz. »Sagen Sie mir eins. Welche Art von Schatten kommt am ehesten einem Todesurteil gleich?«
»Sie stellen wirklich schwere Fragen. Angenommen, der Patient hat die empfohlenen Impfungen bekommen, geht jährlich zur Routineuntersuchung und der Tumor wird früh entdeckt, dann wohl am ehesten im Hirn. Normalerweise können wir einen Tumor, wenn er sich noch nicht ausgebreitet hat, operativ entfernen, abtöten, die meisten kranken Zellen schrumpfen oder, wenn nötig, das betroffene Organ ersetzen. Das Hirn jedoch ist unersetzlich. Und außerdem«, erklärte sie und stellte ihren leeren Kaffeebecher auf den Tisch, »ist diese ganze Unterhaltung derart hypothetisch, dass es schon fast ans Lächerliche grenzt.«
»Irgendwo muss ich ja anfangen. Eventuell könnten Sie mal mit den Ihnen bekannten Hirnchirurgen reden. Der Mensch, um den es geht, ist immer noch in höchstem Maße funktional, kann immer noch komplizierte Taten planen und begehen. Er weiß sich auszudrücken und ist mobil.«
»Ich werde sehen, was ich tun kann. Sicher nicht sehr viel. Und jetzt muss ich zurück an meine eigene Front. Übrigens, ich würde gerne in nächster Zeit ein paar Freunde zum Abendessen einladen. Nur einen kleinen Kreis. Roarke, McNab, Sie beide, Charles.«
»Uff«, brachte Eve hervor.
»Klingt toll. Sagen Sie uns wegen des Datums noch Bescheid? Wie geht es Charles?«, fragte Peabody Louise. »Ich habe ihn schon seit einer ganzen Weile nicht mehr gesprochen.«
»Es geht ihm bestens. Hat alle Hände voll zu tun, aber wer hat das nicht? Ich melde mich bei Ihnen.«
»He. Geben Sie mir auch einen von diesen verdammten Lutschern.«
Lachend warf Louise Eve einen zu und flitzte aus dem Raum.
Draußen vor der Klinik marschierte Eve einmal um ihren Wagen herum. Ging in die Hocke, als wollte sie die Reifen untersuchen. Bedachte die beiden jungen Kerle, die unverändert an der Hauswand lehnten, mit einem breiten Grinsen und schob sich den Lolli in den Mund.
Erst nachdem sie losgefahren war, sagte sie zu ihrer Assistentin: »Okay, es geht mich zwar nichts an, aber wird Ihnen bei dem Gedanken an ein gemütliches Abendessen mit Louise und Charles nicht ein bisschen mulmig?«
»Weshalb sollte mir dabei mulmig werden?«
»Oh, ich weiß nicht, lassen Sie mich überlegen.« Eve rollte den Lutscher in ihrem Mund herum. Traube, dachte sie. Nicht schlecht. »Wäre es möglich, dass Sie mal eine Zeit lang mit Charles ausgegangen sind und dass die Tatsache, dass Sie mit unserem Lieblingscallboy rumgehangen haben, Ihren momentanen Bettgenossen derart hat ausflippen lassen, dass er Charles dafür kräftig in seinen unleugbar anbetungswürdigen Hintern getreten hat?«
»Das bringt doch erst die Würze ins Leben, finden Sie nicht? Außerdem ist Charles mit dem unleugbar anbetungswürdigen Hintern ein guter Freund von mir. Und er liebt Louise. Und ich habe sie gern. Davon abgesehen habe ich niemals mit Charles geschlafen, und
selbst wenn ich mit ihm im Bett gewesen wäre, wäre das inzwischen sowieso egal.«
Solche Dinge waren nie egal, ganz gleich, was jemand sagte. Diese Meinung aber behielt Eve lieber für sich. »Meinetwegen. Aber wenn es so egal ist, weshalb haben Sie McNab nie erzählt, dass zwischen Ihnen und dem guten Charles nie was gelaufen ist?«
Peabody zuckte mit den Schultern. »Er hat sich wie ein vollkommener Trottel aufgeführt.«
»Peabody, er ist ein vollkommener Trottel.«
»Ja, nur dass er jetzt mein vollkommener
Weitere Kostenlose Bücher