Der Hauch Des Bösen: Roman
Trottel ist. Ich schätze, ich sollte es ihm sagen. Aber ich hasse einfach den Gedanken, dass er dann die Oberhand bekommt.«
»Was für eine Hand?«
»Die Oberhand. Sehen Sie, zurzeit habe ich die Oberhand, weil er denkt, dass ich mit Charles ins Bett gegangen bin und nur seinetwegen nicht mehr mit ihm schlafe. McNabs wegen, meine ich. Aber wenn ich ihm erzähle, dass zwischen mir und Charles nie etwas Derartiges war, bekommt plötzlich er die Oberhand.«
»Jetzt brummt mir der Schädel. Ich hätte Sie besser nie danach gefragt.«
Sie fing noch mal von vorne, das hieß bei Rachel Howard, an.
Teppichfasern. Das Labor hatte die Fahrzeugmarken und -modelle aufgelistet, in denen dieser Teppichtyp sich serienmäßig fand. Leider musste sie feststellen, dass weder Hastings noch Diego Felicianos Onkel auf der Liste der Halter entsprechender Wagen stand.
Diese Spur führte sie also in eine Sackgasse, doch sie würde sie weiterverfolgen.
Dann war da das Beruhigungsmittel. Ein Opiat, das es nicht auf der Straße, sondern nur gegen Rezept in der Apotheke gab. Wenn ihre Theorie über den Killer stimmte, hatte irgendjemand das Rezept auf seinen Namen ausgestellt. Etwas, damit er besser schlief, etwas, um seine Nerven zu beruhigen, etwas, um die Schmerzen zu lindern, unter denen er möglicherweise litt.
Sie würde die Liste der Fahrzeughalter mit den in den New Yorker Apotheken abgegebenen Rezepten für das Opiat und der Liste der Käufer teurer Kameras vergleichen.
Eine mühselige, zeitraubende Arbeit. Umso zeitaufwändiger, als sie erst noch darauf warten musste, dass sie die Genehmigung dazu bekam.
Hätte sie einen anderen Weg gewählt, wenn Roarke daheim gewesen wäre? Hätte sie sich von ihm überreden lassen, ihr bei den Ermittlungen zu helfen, hätte sie sein Talent, seine ausgezeichneten Geräte und seine Gewohnheit, die Datenschutzgesetze zu umgehen, genutzt?
Wahrscheinlich.
Doch er war nicht zu Hause, und deshalb blieb ihr nur der offizielle Weg.
Die Zeit lief ihr davon. Der Killer hatte innerhalb von einer Woche zweimal zugeschlagen und war noch nicht am Ende.
Er würde mit der Suche nach dem nächsten reinen Licht wahrscheinlich nicht mehr lange warten.
Deshalb ging Eve, während sie auf die Erlaubnis
zur genauen Überprüfung unzähliger Namen wartete, schon einmal die erste Liste durch.
Sie sorgte sich um ein ihr bisher fremdes Collegekid, das womöglich schon im Fadenkreuz der Linse einer Kamera gefangen war.
Und sie sorgte sich um Roarke, der im Käfig seiner eigenen Vergangenheit gefangen war.
Die meisten seiner Unternehmungen waren entweder in Dublin, im Süden in Cork oder im Norden in Belfast angesiedelt, weshalb er noch nicht oft im Westen seines Geburtslandes gewesen war.
Er hatte etwas Grundbesitz in Galway, hatte aber noch niemals einen Fuß darauf gesetzt und bisher nur ein paar Tage in dem Burghotel, das er in Kerry erstanden hatte, zugebracht.
Obwohl er nicht den Argwohn seiner Frau gegen jede ländliche Idylle teilte, lebte er normalerweise lieber in der Stadt. Was hätte er schließlich auf Dauer inmitten sanft wogender grüner Hügel und leuchtend bunter Blumengärten anstellen sollen?
Ein kurzer Urlaub wäre ja okay, doch ansonsten hätte ihn die Gemächlichkeit, mit der hier alles ablief, verrückt gemacht. Doch er war froh, dass es hier offensichtlich so war wie Jahrhunderte zuvor.
Grün, samtig grün und himmlisch ruhig.
Sein Irland, aus dem er geflüchtet war, war grau gewesen, kalt, gemein und bitter. Das sanfte, hügelige Clare war deshalb für ihn nicht nur ein anderer Teil des Landes, sondern eine völlig andere Welt.
Hier bewirtschafteten die Bauern auch weiterhin ihr Land, hier liefen die Männer noch mit ihren Hunden
quer über die Felder, und hier ragten grau und unbezwingbar die Ruinen alter Burgen, Festungen und Türme in den blauen Himmel.
Sicher machten die Touristen Fotos von diesen Ruinen, spazierten um die alten Steinbauten herum und fuhren gerne kilometerweit über gewundene Straßen, bis sie die nächste Ruine fanden. Und die Einheimischen hoben ab und zu die Köpfe und sagten sich zufrieden: Viele haben versucht, uns zu bezwingen, Wikinger und Briten. Doch es ist ihnen niemals gelungen. Und es wird ihnen nie gelingen.
Er dachte nur selten an sein Erbe und hatte nie diese großartigen, sentimentalen Gefühle für dieses Land gehegt. Als er jetzt aber allein unter dem weiten Himmel durch das aufgrund der dünnen Wolkenschicht matt glänzende
Weitere Kostenlose Bücher