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Der Hauch Des Bösen: Roman

Titel: Der Hauch Des Bösen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb , Uta Hege
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Licht des Vormittages fuhr und den Tanz der Schatten auf den endlosen grünen Hügeln und den leuchtend roten Blüten der wilden Fuchsien verfolgte, die links und rechts der Straße meterhohe Hecken bildeten, spürte er ein leichtes Ziehen in der Herzgegend.
    Dieses Land war wunderschön. Es war auf eine für ihn völlig neue Weise wunderschön, und es war seine Heimat, wurde ihm bewusst.
    Um Zeit zu sparen und weil er nach dem zu reichlichen Genuss des Whiskeys elendiges Kopfweh hatte, war er von Dublin nach Shannon geflogen. Dann aber hatte er sich in dem plötzlich gegenteiligen Bedürfnis, sich möglichst Zeit zu lassen, einen Mietwagen genommen und erkundete erst mal in aller Ruhe Clare.
    Was zum Teufel sollte er ihnen sagen? Nichts, was ihm bisher durch den Kopf gegangen war, erschien
ihm halbwegs passend. Er könnte niemals gutmachen, was damals geschehen war. Er fand allerdings auch keinen logischen Grund, es zu versuchen.
    Weder kannte er diese Leute, noch kannten sie ihn. Wenn er jetzt zu ihnen fuhr, riss er dadurch nur alte Wunden wieder auf.
    Er hatte seine Familie in Amerika, und mit diesen fremden Menschen verband ihn nur ein Geist.
    Doch er konnte diesen Geist vor seinem inneren Auge über diese Felder laufen oder zwischen bunten Blumen in einem dieser Gärten stehen sehen.
    Sie hatte ihn damals nicht verlassen, rief er sich immer wieder ins Gedächtnis. Also ließe jetzt er sie ebenfalls nicht im Stich.
    Als ihm das Navigationssystem des Wagens vor dem Ortseingang von Tulla den weiteren Weg wies, folgte er kommentarlos den Anordnungen.
    Der Weg wand sich durch einen größtenteils noch jungen Wald, gab dann aber den Blick frei auf eine Reihe Felder und auf samtig grüne Hügel, über die das Licht der Sonne, die nach wie vor hinter einer dünnen Wolkenschicht verborgen war, einen wunderbaren gelben Schleier warf.
    Kühe und Pferde grasten direkt hinter dem Zaun. Er lächelte versonnen. Seine Polizistin wäre sicherlich nicht glücklich, so dicht an diesen Tieren vorbeifahren zu müssen, und der Anblick des hutzeligen alten Männchens, das ordentlich mit Schlips und weißem Hemd auf einem winzigen Traktor auf ihn zugetuckert kam, hätte sie bestimmt verwirrt.
    Weshalb in aller Welt, würde sie mit Grabesstimme fragen, tut ein Mensch so was? Und dass der Mann
ihn freundlich wie einen alten Bekannten grüßte, hätte sie wahrscheinlich vollends um den Verstand gebracht.
    Er vermisste sie so schmerzlich, als hätte man ihm eines seiner Glieder amputiert.
    Sie hätte ihn begleitet, wenn er sie darum gebeten hätte. Das aber hatte er nicht gekonnt. Dies war ein Teil seines Lebens, den er für sich behalten musste. Sie hatte damit nicht das Mindeste zu tun.
    Doch wenn er hier fertig wäre, flöge er zurück. Flöge er nach Hause zu seinem vertrauten Leben.
     
    NACH FÜNFHUNDERT METERN HABEN SIE IHR ZIEL ERREICHT, informierte ihn das Navigationssystem.
     
    »Also gut«, murmelte er. »Dann wollen wir mal tun, was wir tun müssen.«
    Dies also - diese Hügel, diese Felder und das Vieh, das darauf graste, die Steinschuppen, die graue Scheune und die Zäune - war ihr Land, das Land seiner Mutter, überlegte er.
    Das Steinhaus mit dem üppigen Blumengarten und dem weißen Tor.
    Sein Herz schlug etwas schneller, und er musste schlucken. Am liebsten wäre er schnurstracks weitergefahren.
    Sie hatte hier gelebt. Dies war das Heim ihrer Familie, und deshalb hatte sie ganz sicher hier gelebt. Hatte hier geschlafen. Hatte hier gegessen. Hatte hier gelacht und geweint.
    O Gott.

    Er zwang sich, in die Einfahrt einzubiegen, und stellte den Wagen hinter einer kleinen Limousine und einem altersschwachen Lieferwagen ab. Er konnte Vogelzwitschern hören, das entfernte Bellen eines Hundes, das schwache Tuckern eines Motors.
    Landgeräusche. Sie hatte sie Tag für Tag gehört, bis sie sie wahrscheinlich nicht mehr wirklich wahrgenommen hatte, überlegte er. War das mit ein Grund, weshalb sie gegangen war? Hatte sie endlich einmal etwas anderes hören müssen? Den grellen Lärm der Stadt? Die unzähligen Stimmen, die schrille Musik, den dröhnenden Verkehr?
    War es von Bedeutung, weshalb sie von hier fortgegangen war?
    Er stieg aus dem Wagen. Unzählige Male hatte er dem Tod ins Auge blicken müssen. Manchmal hatte er gegen ihn kämpfen müssen, bis warmes rotes Blut von seinen Händen geronnen war. Er hatte getötet - kaltblütig und im Zorn.
    Doch nie in seinem Leben hatte er diese Angst verspürt wie bei dem Gedanken, dass

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