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Der Hauch Des Bösen: Roman

Titel: Der Hauch Des Bösen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb , Uta Hege
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er an die blaue Tür dieses Steinhauses klopfen musste, in dem sie daheim gewesen war. Er öffnete das hübsche, weiß gestrichene Tor und ging über den schmalen Pfad zwischen den Beeten voller leuchtend bunter Blumen bis zu der niedrigen Stufe und klopfte leise an.
    Als die Tür geöffnet wurde, starrte er in das Gesicht seiner Mutter. Dreißig Jahre älter als auf dem in sein Gehirn gebrannten Bild, doch mit den gleichen schimmernd roten, golddurchwirkten Haaren, den gleichen leuchtend grünen Augen, der gleichen rosig weißen Haut.

    Sie reichte ihm kaum bis zur Schulter, und aus irgendeinem Grund brach ihm das fast das Herz.
    Sie war adrett gekleidet mit einer blauen Hose, einer weißen Bluse und Schuhen aus weißem Segeltuch. Was für kleine Füße! Bis hin zu den schmalen goldenen Ringen, die sie in den Ohren hatte, dem Vanilleduft, den sie verströmte, und dem rot-weißen Geschirrtuch, das sie in der Hand hielt, nahm er alles in sich auf.
    Sie war auf eine sanfte Weise wunderschön und verströmte eine Art innerer Zufriedenheit, wie sie nur wenigen zu eigen war.
    »Mein Name ist Roarke.« Etwas anderes fiel ihm nicht ein.
    »Ich weiß, wer du bist.« Ihre Stimme hatte einen starken westirischen Akzent. Sie nahm das Geschirrtuch in die andere Hand und sah ihm offen ins Gesicht. »Am besten kommst du erst mal rein.«
    »Tut mir leid zu stören.«
    »Hast du die Absicht, uns zu stören?« Sie trat einen Schritt zurück. »Ich bin gerade in der Küche. Es ist noch Tee vom Frühstück da.«
    Ehe sie die Tür schloss, warf sie einen Blick auf seinen Wagen und zog angesichts der Eleganz des Fahrzeugs beide Brauen hoch. »Dann sind die Behauptungen, dass du so viel Geld hast, offenbar wahr.«
    Obgleich er innerlich erstarrte, nickte er. Falls sie Geld von ihm verlangten, würde er es ihnen geben. Dann wären sie quitt. »Es geht mir gut.«
    »Das ist ein ziemlich dehnbarer Begriff, nicht wahr? Kommt immer darauf an, aus welchem Blickwinkel man diese Dinge sieht.«
    Auf dem Weg zur Küche kamen sie an einer Art
Büro und am Wohnzimmer vorbei. Überall standen Möbel, irgendwelcher Schnickschnack, frische Blumen. Und alles wirkte so adrett wie sie.
    Der Tisch in der Küche reichte bestimmt für zwölf Leute, und sicher hatten dort bereits des Öfteren so viele Menschen tatsächlich gespeist. Es gab einen riesengroßen, wie es aussah, oft benutzten Ofen, einen enormen Kühlschrank, lange buttergelbe Arbeitsflächen, und auf der Bank des Fensters, durch das man in den Garten, auf die Felder und die Hügel blicken konnte, waren kleine Töpfe mit, wie er annahm, frischen Kräutern aufgereiht. Es war eindeutig ein Arbeitsraum, doch wirkte er ansteckend fröhlich, und es hing noch der Duft vom Frühstück in der Luft.
    »Setz dich, Roarke. Hättest du gerne ein paar Plätzchen zu deinem Tee?«
    »Nein, danke. Ich habe keinen Appetit.«
    »Tja, dann futter ich sie allein. Ich habe nicht oft Gelegenheit, mitten am Tag in die Keksdose zu langen. Deshalb nutze ich die Chance, wenn sie sich mir bietet.«
    Sie holte das Geschirr und ließ sich - eventuell um ihnen beiden die Gelegenheit zum Durchatmen zu geben - sehr viel Zeit. Schließlich stellte sie den Tee in einer schlichten, weißen Kanne und die Plätzchen auf einem hübschen blauen Teller vor ihm auf den Tisch.
    »Ich hätte nie damit gerechnet, dich je hier vor der Tür stehen zu sehen.« Sie nahm ihm gegenüber Platz und griff nach einem Keks. »Also, weshalb bist du hier?«
    »Ich dachte... ich hatte das Gefühl... tja, nun.« Er nippte an dem Tee. Anscheinend hatte ihm die Zeit
zum Durchatmen noch nicht gereicht. »Bis vor ein paar Tagen wusste ich nichts von Ihnen - das heißt von Siobahn.«
    Sie sah ihn fragend an. »Was hast du nicht gewusst?«
    »Dass sie - dass meine Mutter - existierte. Mir hatte man gesagt... ich habe die ganze Zeit gedacht, dass meine Mutter mich verlassen hätte. Dass sie mich verlassen hätte, als ich noch ein kleiner Junge war.«
    »Das hast du tatsächlich geglaubt?«
    »Ma’am...«
    »Ich bin Sinead. Sinead Lannigan.«
    »Mrs Lannigan, den Namen Siobahn Brody habe ich vor ein paar Tagen zum allerersten Mal gehört. Ich dachte, der Name meiner Mutter wäre Meg, und ich konnte mich an nichts erinnern, außer daran, dass bei ihr die Hand sehr locker saß und dass sie eines Tages verschwunden ist und mich bei ihm zurückgelassen hat.«
    »Deine Mutter, deine wahre Mutter hätte dich, solange sie gelebt hat, niemals bei ihm

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