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Der Hauptmann von Koepenick

Der Hauptmann von Koepenick

Titel: Der Hauptmann von Koepenick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Zuckmayer
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A. Wormser, Willy Wormser, Wabschke, Obermüller
    Wormsers Uniformladen in Potsdam. Willy lehnt am Ladentisch und liest Zeitung. Militärmusik fern, Trommeln und Pfeifen.
    HERR WORMSER
kommt aus seinem Büro.
    WILLY
versucht rasch, die Zeitung wegzustecken.
    WORMSER
Natürlich, da liest er wieder Zeitung. Mußte immer lesen? Zeig her, was steht drin? Ich sag ja, immer unterm Strich muß er lesen, immer unterm Strich! Les überm Strich, wenn de lesen willst! Les ’n Kurszettel, les de Handelsnachrichten, les de Politik, intressier dich fürs praktische Leben! Was hastn da angestrichen? Gerhart Hauptmann-Premiere im Deutschen Theater, von Alfred Kerr. Was brauchste so was zu lesen, verstehste ja doch nich. Da kuckt ma mal rein, ob’s ’n Erfolg war, Hervorrufe und so weiter, dann weiß man, ob man hingeht oder nicht. Grins nich so impertinent, du verstehst von so Sachen auch nich mehr wie dein Vater, bild dir das nur nich ein! Was is denn da schon wieder? Liest Potsdam – aufregende Verhaftung im Polizei – ziß ziß ziß ziß ziß, doch e starkes Stick. Da sinse heut nacht in unser Polizeirevier eingebrochen, ausgerechnet bei der Polizei, wollten de Kasse ausheben – ich sag ja, die Kerle sind so frech wie de Schmeißfliegen. Geschossen hamse auch, na, sie hamse wenigstens erwischt. Zwei alte Zuchthäusler natürlich – warum laßt man so Kerle überhaupt wieder raus, wennse nachher einbrechen. Da is was Interessantes – Jagdgesellschaft Seiner Majestät des Kaisers in Rominten – fabelhaft! Sechs regierende Fürstlichkeiten unter den Tischgästen – also bei so was möcht ich mal dabei sein, und wenn’s als Kellner wär. Ja, unser Kaiser, der imponiert mer, der Mann hat ’n großen Zug. Da, les die Tischred, die er wieder gehalten hat – da kannste was lernen, das is Stil, das is Geist, da is Schwung drin! Was is denn, Wabschke?
    WABSCHKE
ist von der Seite hereingekommen, mit Schlettows Uniform überm Arm Ick wolltse ins Schaufenster hängen, bis wa mal einen für finden. Wozu ham wa uns nu de janze Arbeit mit de Jesäßkneppe jemacht.
    WORMSER
Bezahlt war se auch noch nich. Na, jetzt brauch ich wenigstens nich zu mahnen. Schade, der Schlettow – das war ’n ordentlicher Mensch. Hängense mal hin, da die Litewka kann weg, die is nich mehr Mode, die trägt ma jetzt nur noch in Silbergrau.
    OBERMÜLLER
tritt ein. Er ist etwa dreißig Jahre alt, gut gewachsen, mit sichtbarer Anlage zur Korpulenz. Zwicker und blondes Schnurrbärtchen geben seinem Gesicht einen etwas besorgten Ausdruck, der auch seine Sprache und seinen Tonfall färbt. Trotzdem hat alles, was er sagt, den ernsten Klang einer wohlfundierten idealistischen Überzeugung. Er trägt die Uniform eines Einjährigen Vizefeldwebels Guten Morgen, Herr Wormser!
    WORMSER
Guten Morgen, guten Morgen, Herr Einjähriger – wie war doch rasch der Name –?
    OBERMÜLLER
Obermüller. Doktor Obermüller aus Köpenick.
    WORMSER
Richtig, verzeihense, lang nich mehr gesehn, und was wird gebraucht, Herr Doktor?
    OBERMÜLLER
Nun, es handelt sich diesmal um –
    WORMSER
unterbricht Darf ich raten? Kann ma gratulieren, sin mer so weit? Na, na, kann ich raten? Kann ich raten??
    OBERMÜLLER
Allerdings. Der Bataillonsadjutant hat mir heute mitgeteilt, daß meine Ernennung zum Leutnant der Reserve soeben erfolgt ist, es kam mir etwas überraschend, ich muß nun sehen, wie ich mit der Equipierung fertig werde. Sie müssen mir da helfen, Herr Wormser –
    WORMSER
Gemacht, gemacht, aber das sag ich Ihnen gleich, Herr Doktor, gute Arbeit braucht gute Zeit. Sie wollen doch auch was vorstellen in Ihrem neuen Glanz. Nein, das freut mich, das freut mich aber wirklich für Sie. War doch erst Ihre zweite Übung, nich?
    OBERMÜLLER
Die dritte, Herr Wormser, die dritte. Ich hatte nämlich einige Schwierigkeiten mit dem Schießen, wegen meiner Kurzsichtigkeit. Aber – das hab ich nun Gott sei Dank hinter mir.
    WORMSER
Recht so. Muß ’n schönes Gefühl sein, wenn man auf einmal mit Herr Leutnant angeredet wird, das schmeichelt den Gehörknöchelchen. Wissen Sie, ich sage immer: vom Gefreiten aufwärts beginnt der Darwinismus. Aber der Mensch, der Mensch fängt erst beim Leutnant an, is nich so, is nich so?
    OBERMÜLLER
Das möchte ich nicht gerade behaupten – aber – für meine Laufbahn ist es natürlich außerordentlich wertvoll. Ich brauche die Uniform wirklich besonders eilig, Herr Wormser, ich –
    WORMSER
Wabschke, holense ’s Maßbuch. Sie sind doch

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