Der Hauptmann von Koepenick
Leffel fahren.
VOIGT
In Einzelzelle, da ha’ck nachts immer det Ohr an de Mauersteine jelegt. Erst war lange nichts – denn kam son janz leises rieselijes Knistern, janz von innen ausn Stein raus. Da hab ick mir jesagt: jetzt wächst er wieder.
KALLE
Wer, der Bohrwurm oder dein Piepmatz in Kopp, wat?
VOIGT
Der Stein, Kalle! Det verstehste nich, da biste noch zu kleen vor. Du denkst noch, wat jebaut is, dat hält, und wat fest is, det bleibt ooch fest. Nee, Mensch. Det wächst alles, ’n Stein so gut wie’n Appelkern. Nur geht det nich so rasch, und es merkt ooch keener.
KALLE
Is ja Mumpitz. Det de Bartstoppeln wachsen, det merkste, sonst merkste jarnischt.
VOIGT
Unter sone große Stadt, mit all ihr Jebumms und Jemäuer, da is ja ooch noch Erde drunter, Sand, Lehm und Wasser, nich? Und in ’n Menschen sein Kopp, da sind Jedanken inne, und Wörter, und denn det Jeträumte, det wird immer mehr, det wächst alles, et weiß nur noch keener, wo det mal hin soll.
KALLE
Ick wer mal drieber schlafen, valleicht weeß ick’s denn morjn frih. Er legt sich zurück, zieht sich die Stiefel aus.
VOIGT
lacht leise Wenn ick ’n Paß habe – und über de Grenze bin – denn mach ick einfach zu Fuß weiter. Da kommt det böhmische Riesenjebirge, det is groß.
KALLE
gähnend Ick jeh nich mehr tippeln. Ick hab immer gleich beese Fieße. Et jeht auch uff Herbst, Willem.
VOIGT
In September is immer scheen. Und in de Täler dreschen se det Sommerjetreide aus, da wird noch handjedroschen, da haste leicht wat zu tun, forne Suppe und ’n Happen Brot.
KALLE
Son Hundeleben.
VOIGT
Sag det nich. Da biste frei, dafür kannste auch mal frieren, und da haste immer ’n Weg vor, und wenn et regnet, denkste, morjn is besser … du – wenn ick erst raus bin –
DER HERBERGSVATER
öffnet plötzlich die Tür, stößt einen Pfiff aus Kinders, macht mal det Licht aus, et hat schon längst Zapfenstreich jeblasen. Wenn Licht durch de Ritzen fällt, denn kiekt de Patrullje rin. Wenn dunkel is, jehtse vorieber, det is vor manch eenen jemietlicher. Geht wieder.
ZECK
Mir kann de Patrullje am Abend besuchen. Piek is Trump, raus mitn Daus.
GEBWEILER,
der die ganze Zeit mit dem Gesicht zur Wand auf seiner Bettstelle gelegen hat, fährt plötzlich herum, ganz blaß. Fast schreiend, in elsässischer Mundart Mach das Licht züe!
ZECK
Wieso denn, ick hab et ja grade erst anjestochen. Ohne Latichte kann der Mensch nich Skat spielen. Haut eine Karte aufs Brett.
GEBWEILER
heiser verängstigt Mach das Licht züe! Mach das Licht züe!
ZECK
Zieh doch die Decke iebern Kopp, wennste nich pennen kannst.
GEBWEILER
verkriecht sich unter die Decke.
BUTTJE
Son Klöhnbruder! Steht auf, geht zu Höllhuber, der allein und mißmutig auf einer Kiste sitzt Sag mal, du bist doch ’n Tiroler, nich wahr, die singen doch so gerne, nich? »Tiroler sind lustig, Tiroler sind froh –«
HÖLLHUBER
Loß mi aus. I bün koan Tiroler, i bün Altbayer.
BUTTJE
’n Bayer biste! Na, das is ja dasselbe. Du, hör man zu, ich kann auch wat Bayrisches, gib man acht, dat is bayrisch, hörste? Singt auf die bekannte Schnadahüpfelmelodie
»Mein Vata is Budiker,
Budiker bin ick,
Mein Vata proppt de Flaschen,
De Meedekens propp ick!«
Siehste, dat war bayrisch!
HÖLLHUBER
steht auf, haut ihm eine Watschen Da host boarisch! Saukobfeter Saukobf saukobfeter! Boarisch!! Setzt sich wutschnaubend.
BUTTJE
weglaufend Dat is doch ’n büsken s-tark, so watt!!
ZECK
Bravo! Die hat jesessen, Junge, die heb dir man jut uff, die brauchste nich zu vakoofen! Er lacht brüllend.
GEBWEILER
unter der Decke wie erstickend Mach das Licht züe! Se chumme! Se chumme!! Es pocht an die Tür. Gleich darauf wird sie von außen geöffnet. Der Herbergsvater läßt die Patrouille ein. Totenstille im Raum.
FELDWEBEL
Aufstehn! Mal alles von den Betten wegtreten. Zum Herbergsvater Papiere in Ordnung?
VATER
Det wird schon allens stimmen. Sin lauter Tippelkunden.
FELDWEBEL
Wer mal ’n paar Stichproben machen.
BUTTJE
zerrt Gebweiler aus der Decke, mit peinlicher Diensteifrigkeit Aufs-tehn sollste, hörste nich? Aufs-tehn, aufs-tehn!!
FELDWEBEL
zu Zeck Paß vorzeigen!
ZECK
Jottedoch, den ha’ck vasehntlich aufn Abort liejn lassen.
FELDWEBEL
Machense keine Witze. Habense keinen Paß?
ZECK
Ick sage ja, aufn Abort muß er liegen, drieben in ’n Strammen Hund, da kennense kieken jehn, wenn er nich rinjefallen is.
FELDWEBEL
Wat hamse denn da in der Hand?
ZECK
’n tiptopes Spielchen, wollense ma
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