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Der Hauptmann von Koepenick

Der Hauptmann von Koepenick

Titel: Der Hauptmann von Koepenick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Zuckmayer
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Schrippe ernähret sie doch. Darum, verehrtes Publikum, werft uns ne milde Gabe runter, und wenn’s ’n Sechser is, det vazinst sich in Himmel, da habense denn mal ne Million droben ze liegen, wennse recht lang leben und bei uns hier drunten immer tüchtig einzahlen!«
    DAS MÄDCHEN
Scheen machste das. Als ob de mal bei jewesen wärst.
    VOIGT
Na, vielleicht kennt ick’s noch werden.
    DAS MÄDCHEN
Sag mal, Onkel Willem, biste viel rumjekommen in de Welt?
    VOIGT
Ja doch, mächtig! De seßhafte Lebensweise, die hat mir nie recht zujesagt. Ick war in alle finf Weltteile, weißte – und einmal, da bin ick übers böhmische Riesenjebirje jewandert. Det is groß.
    DAS MÄDCHEN
Herr Hoprecht war mal auf See, als Junge. Da hamse auch ’n Sturm jehabt, und ’n richtigen Neger. Aber da kann er gar nich erzählen von. Du erzählst viel besser.
    VOIGT
Ick hab mir’s eben scheen ausjemalt im Kopp, weißte. Du, aber ins Riesenjebirje, da mußte auch mal rauf. Wenn de jetzt jesund wirst, da mußte dir doch erholen, da zahlt dir vielleicht de Kasse wat zu, un denn jehste rauf, in de Berje.
    DAS MÄDCHEN
Ick war mal in de Müggelberje. Da war ick aber noch klein. Det war son Ausflug mitn Waisenhaus. Ick kann mir gar nich besinnen.
    VOIGT
De Müggelberje, det sind ja Maulwurfshaufen, da hippt ja n’ Floh rieber, wenn er ’n bißken aufjeregt is. Nee, Kind, wat sone wirklichen hohen Berje sind, det kannste dir gar nich ausdenken. So mächtig hoch is det, da biste janz nah bei de Wolken, höher als de Wolken, und manchmal, da biste wahrhaftig über de Wolken, höher als de Wolken, denk mal! Da haste droben ’n scheensten Sonnenschein – und drunten regnet’s!
    DAS MÄDCHEN
Is über de Wolken, is da immer Sonne?
    VOIGT
Freilich! Die Sonne, die is doch ’n janzen Tach da, nich!? Und de Wolken, die schwappen nur so um de Erdkugel rum. Wenn de mal drüber warst, denn weißte das. Die haben mitm Himmel jar nichts zu tun, die sind nur son Dunst von unten, ausn Wasser.
    DAS MÄDCHEN
Is da nich kalt droben?
    VOIGT
Kalt? So nah bei de Sonne? Nee, Kind, da kannste, wenn de Sonne richtich hoch is, mitten in Winter im Schnee in Hemdsärmeln rumlaufen, kannste da, da merkste jarnich, daß Frost is! Du, und was da allens wächst! Hier unten, wat is da schon – ’n paar krüppelije Kiefern, ’n bißken Heidekraut und mal ’n Wacholderbusch. Det einzige is noch unser Obst in Werder. Aber da droben, da schmeckt schon de Luft, ick sage dir, wie in son Obstjeschäft. Und Blumen jibt et da, nich bein Gärtner, nee, uff jede jewöhnliche Kuhweide, so was kennste nur ausn Bilderbuch, so was haste noch nie jesehn.
    DAS MÄDCHEN
Wieso kommt ’n det, Onkel Willem, daß es da droben so scheen is, und hier is es doch jarnich besonders?
    VOIGT
Det will ick dir sagen, det hab ick mir so ausjedacht. De Erde, die is lebendig, det merkste daran, daß se sich vaändert. Und wat lebendig is, dat will rauf, dat will in de Höhe, dat will nach oben, kick man son Grashalm oder ne Setzkartoffel, oder ’n Kind, nich wahr? – Un deshalb is det so mit de Erdkruste: det Wasser, det is schwer, det lauft ab, det fällt in die Meere. Aber de richtije bessere Erde, die wächst in de Höhe, die türmt sich rauf, weißte? Hier unten, da sind wa näher bei’s Meer, deshalb is hier mehr Sand oder Dreck, nich? Da droben, da is zum Beispiel ›Rosenquarz‹ oder ›Bergkristall‹. Da is eben viel scheener.
    DAS MÄDCHEN
Onkel Willem – da jehn wa hin zusammen! –
    VOIGT
Ja, Kind, det machen wa.
    DAS MÄDCHEN
Da nimmste mir mit, nich? Wenn de wieder raufmachst!
    VOIGT
Jewiß doch, det mecht ick schon gerne.
    DAS MÄDCHEN
Hörste? Jetzt singense wieder – Det ›Puppchen‹ is et, det is scheen! Man hört durch die geschlossenen Scheiben sehr fern die Hofsänger den Schlager »Puppchen, du bist mein Augenstern« in raschem Tempo singen.
    VOIGT
Ja, det is ’t ›Puppchen‹.
    DAS MÄDCHEN
Du, ich glaube, da komm ma nich mehr hin.
    VOIGT
Wat meinste?
    DAS MÄDCHEN
Ins Riesenjebirje. Da komm wir nicht mehr hin, wir zweie.
    VOIGT
Na, wart man ab, Kind. Det könn wir nich wissen. Er streichelt sie.
    DAS MÄDCHEN
Du jehst nich fort, bitte –
    VOIGT
Nee, wo wer’ck denn. Ick muß doch auf de Wohnung passen. Vater Hoprecht is ja ins Manöver, und Marie is ins Jeschäft, da kennt ick ja jarnich wech, nich wahr?
    DAS MÄDCHEN
Willste mir nich wat vorlesen, bittschön?
    VOIGT
Gern. Hast ’n Buch, oder ’n Kalender?
    DAS MÄDCHEN
kramt zwischen Bettgestell und

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