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Der Hauptmann von Koepenick

Der Hauptmann von Koepenick

Titel: Der Hauptmann von Koepenick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Zuckmayer
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mehr uffs Butterbrot. Der Herr Bürjermeister hat se damals schon jebraucht iebernommen.
    FRAU OBERMÜLLER
Ach wo! Mein Mann trägt nichts Gebrauchtes. Er is nur zu dick geworden, sonst wär sie noch tadellos.
    WABSCHKE
Na, fiern Maskenball wird se vielleicht noch jehn. Dunkel.
    Elfte Szene
    Personen: Ein Polizist, ein Leutnant mit Adjutantenschärpe, Wartende, Wilhelm Voigt
    Ein Gang im Rixdorfer Polizeirevier. Nackte Wand, Bank, Tür. An der Tür die Aufschrift: »Zimmer 9«. Einwohnermeldeamt Rixdorf. Etwa zehn Wartende beiderlei Geschlechts sitzen auf der Bank. Einige trommeln mit den Fingern oder räuspern sich nervös. Ein kleiner älterer Mann liest den ›Vorwärts‹. Die meisten schauen vor sich hin, schweigen. – Die Tür geht auf. Alle sehen hin, der Nächstsitzende steht auf.
    DER POLIZIST
kommt von drinnen, läßt eine Frau heraus.
    DIE FRAU
weinerlich nach rückwärts sprechend Nein, das hab ick nich jewußt, daß ick ’n Besuch anmelden muß, nein, das konnt ick nich wissen, da kann ick nichts für. Sie geht, mit dem Taschentuch vor der Nase.
    DER NÄCHSTE
will eintreten.
    POLIZIST
vertritt ihm die Tür Setzense sich hin.
    DER MANN
Wieso denn, ich bin doch dran.
    DER POLIZIST,
ohne zu antworten, ruft in den Gang Herr Schietrum! Zum Chef.
    DER MANN
Ich bin aber doch dran –
    POLIZIST,
ohne zu antworten Herr Schietrum!
    EIN BEAMTER
kommt mit einem Aktenbündel.
    POLIZIST
Zum Chef, Herr Schietrum. Er gibt die Tür frei.
    DER BEAMTE
geht hinein.
    POLIZIST
schließt die Tür hinter ihm, stellt sich davor.
    DER MANN
Ich war doch dran.
    POLIZIST
Sie sollen sich hinsetzen.
    DER MANN
setzt sich Wenn man nu endlich drankommt –
    POLIZIST
Sie kommen dran, wennse dran sind.
    ANDRER MANN,
der den ›Vorwärts‹ liest, mit sehr dünner Stimme Erlaubense mal, das is doch ’n bißken stark. Is son Amt für die Menschen da – oder die Menschen fürs Amt?!
    DER ERSTE
Na ja, Sie kennen doch den schönen Spruch:
»Die mehrste Zeit des Lebens
Wartet der Soldat vajebens.«
Einige lachen.
    DER ›VORWÄRTS‹-LESER
Wir sind aber hier keene Soldaten, wir sind hier Staatsbürjer, bitte recht sehr! Wir haben auch noch wat anderes zu tun, als hier de Wand zu vazieren, vastehnse?
    POLIZIST
Wenn Sie Zeit haben fürn ›Vorwärts‹ zu lesen, denn habense auch Zeit zum Warten.
    DER LESER
Hörn Sie, dat jeht Sie überhaupt nichts an, jeht Sie dat. Aufn ›Vorwärts‹, da bin ick auf abonniert, jawohl, bin ick, dem les ick alle Tage, wennse’s wissen wolln, und deshalb verlange ick hier trotzdem meine staatsbürjerliche Pflicht, Recht wollt ick sagen.
    POLIZIST
Störense hier nich, Sie sind ja noch gar nich an der Reihe.
    DER LESER
Nee, det jeht neemlich wirklich ’n bißken zu weit. Jetzt is eener von ’n anderes Büro da rinjegangen, jetzt erzählense sich da drin Witze.
    POLIZIST
geht auf ihn zu Was tun die da drin?
    DER LESER
Dat weiß ick doch nich, wat die da drin machen. Ick will nu endlich rankommen, will ick. Guckt in die Zeitung.
    POLIZIST
Hier kommt jeder dran, wenn er dran is. Geht wieder zur Tür.
    WILHELM VOIGT
kommt von der Seite. Sehr eilig und erregt Verzeihense, is hier Zimmer neun?
    POLIZIST
Könnense nich lesen? Setzense sich hin.
    VOIGT
Nee, pardong, Herr Wachmeester, ick mechte nu erst wissen, ob ick hier auch richtig bin, er hat jesagt, probiernse’s mal in Zimmer neun, aber wenn et nu wieder nich stimmt – wenn dat nu wieder nich zuständig is –
    POLIZIST
Setzense sich hin. Sie werden’s ja sehn.
    VOIGT
Nee, bis ick da rankomme, denn kann’s ja zu spät sein, denn is allens aus! Ick steh unter Polizeiaufsicht, aber ick wohne ja bei mein Schwager, und da war ick ins Hauptrevier, da sagt er, in Rixdorf gibt’s keene Polizeiaufsicht, da wernse wol ausjewiesen, det is wohl schon im Gange, aber er wußte ja nich genau, probierense mal in Zimmer neun, hat er jesagt –
    POLIZIST
Na, setzense sich hin.
    VOIGT
Wenn ick nu nich mehr rankomme – oder wenn det Zimmer neun auch wieder falsch is – denn is ja zu spät!
    POLIZIST
Redense nich, setzense sich hin.
    VOIGT
Ick bin doch da in ’n anständijes Haus, da brauchense mir doch nich ausweisen, das mißt ick nur einem sagen – der zuständig is –
    POLIZIST
Setzense sich hin.
    VOIGT
setzt sich.
    HERR SCHIETRUM
kommt heraus, geht nägelkauend weiter.
    POLIZIST
So. Der nächste. Macht auf, geht mit dem nächsten hinein. Bewegung unter den Wartenden.
    DER ›VORWÄRTS‹-LESER
mit asthmatischem Pfeifen Det is’n Radfahrer, det is ’n

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