Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Heckenritter von Westeros

Der Heckenritter von Westeros

Titel: Der Heckenritter von Westeros Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
Vom Netzwerk:
schnell.«
    »Schnell?« Dunk schnaubte. »Er hat eine Schnecke auf dem Schild. Wie schnell kann er schon sein?« Er legte die Hacken an Donners Flanken und ließ das Pferd langsam antraben, während er die Lanze aufrecht hielt. Ein Sieg, und ich stehe genauso gut da wie vorher. Zwei Siege, und ich habe Gewinn gemacht. Zwei Siege sind nicht zu viel. Darauf darf ich bei dieser Besetzung durchaus hoffen. Wenigstens war ihm das Los gewogen gewesen. Er hätte auch den Alten Ochsen oder Ser Kerbel Pimm oder einen anderen Dorfhelden ziehen können. Dunk fragte sich, ob der Turniermeister mit Absicht Heckenritter gegen Heckenritter antreten ließ, damit kein kleiner Lord in der ersten Runde gegen einen antreten musste und durch eine Niederlage beschämt wurde. Das spielt keine Rolle. Ein Gegner nach dem anderen, das hat auch der alte Mann immer gesagt. Ich darf jetzt nur an Ser Uthor denken.
    Sie trafen sich vor der Tribüne, wo Lord und Lady Butterquell im Schatten der Burgmauer auf Kissen saßen. Lord Frey war bei ihnen und schaukelte seinen rotznasigen Sohn auf dem Knie. Mägde fächelten ihnen Luft zu, und trotzdem hatte Lord Butterquells feines Gewand Flecken unter den Armen, und das Haar seiner Gemahlin hing verschwitzt herab. Sie sah aus, als wäre ihr heiß und langweilig und als würde sie sich überhaupt unbehaglich fühlen, doch bei Dunks Anblick drückte sie die Brust heraus, dass er unter seinem Helm errötete. Er neigte die Lanze vor ihr und ihrem Gemahl. Ser Uthor tat es ihm nach. Butterquell wünschte ihnen beiden einen guten Tjost. Seine Frau schob die Zunge durch die Lippen.
    Es war so weit. Dunk trabte zum Südende der Bahnen. Fünfzig Meter entfernt nahm sein Kontrahent seinen Platz ein. Der graue Hengst war kleiner als Donner, dafür aber jünger und forscher. Ser Uthor trug eine grün emaillierte Rüstung und ein silbernes Kettenhemd. Grüne und graue Seidenbänder wallten von seiner runden Beckenhaube, und sein grüner Schild zeigte eine Silberschnecke. Eine gute Rüstung und ein gutes Pferd, das bedeutet ein hohes Lösegeld für mich, wenn ich ihn aus dem Sattel stoße.
    Eine Fanfare ertönte.
    Donner trabte langsam los. Dunk schwenkte die Lanze nach links und senkte sie, so dass sie zwischen den Kopf des Pferdes und die Holzbarriere zwischen ihm und seinem Gegner geriet. Der Schild schützte seine linke Seite. Er beugte sich vor und spannte die Beine an, während Donner die Bahn hinunterpreschte. Wir sind eins. Mann, Pferd, Lanze, ein Tier aus Blut und Holz und Eisen.
    Ser Uthor stürmte wild heran, und der Graue warf mit den Hufen Staub auf. Als noch vierzig Schritte zwischen ihnen lagen, gab Dunk Donner die Sporen und trieb ihn in den Galopp. Mit der Lanze zielte er auf die Silberschnecke. Die brütende Sonne, der Staub, die Hitze, die Burg, Lord Butterquell und seine Braut, der Fiedler und Ser Maynard, Ritter, Knappen, Knechte, gemeines Volk: Das alles verschwand aus seiner Wahrnehmung. Nur der Gegner blieb. Wieder die Sporen. Donner begann zu rennen. Die Schnecke galoppierte auf ihn zu und wurde mit jedem Schritt der langen Beine größer … aber vorneweg kam Ser Uthors Lanze mit der eisernen Faust. Mein Schild ist stark, mein Schild wird den Stoß aushalten. Denk nur an die Schnecke. Triff die Schnecke, und der Tjost ist dein.
    Als noch zehn Schritte zwischen ihnen lagen, zog Ser Uthor die Spitze seiner Lanze nach oben.
    Es krachte laut in Dunks Ohren, als die Lanze traf. Er spürte den Aufprall in Arm und Schulter, konnte den eigentlichen Stoß jedoch nicht sehen. Uthors Eisenfaust erwischte ihn zwischen den Augen, und zwar mit aller Kraft, die Mann und Pferd aufbringen konnten.
    Als Dunk erwachte, lag er auf dem Rücken und starrte in das Bogengewölbe einer Decke. Im ersten Moment wusste er nicht, wo er sich befand oder wie er hierhergekommen war. In seinem Kopf hallten Stimmen, und Gesichter zogen vor seinem geistigen Auge vorbei – der alte Ser Arlan, Tanselle Zu-Groß, Bennis vom Braunen Schild, die Rote Witwe, Baelor Speerbrecher, Aerion Leuchtflamme, die verrückte traurige Lady Vaith. Dann auf einmal kehrte die Erinnerung an das Lanzenstechen zurück: an die Hitze, die Schnecke und die Eisenfaust, die ihm ins Gesicht geschlagen war. Er stöhnte und drückte sich mit einem Ellbogen hoch. Die Bewegung erzeugte ein Dröhnen in seinem Schädel wie vom Schlag einer riesigen Trommel.
    Wenigstens konnte er noch mit beiden Augen sehen. Auch spürte er kein Loch im Schädel, was ein gutes

Weitere Kostenlose Bücher