Der Heckenritter von Westeros
hat?«
»Ich solle Euch treu als Knappe dienen und mich vor keiner Pflicht und Entbehrung scheuen.«
»Und was noch?«
»Ich soll den Gesetzen des Königs Folge leisten, den Regeln der Ritterschaft, und Euch gehorchen.«
»Und was noch?«
»Ich soll mein Haar rasieren oder färben«, antwortete der Junge mit offensichtlichem Widerwillen, »und keinem Menschen meinen richtigen Namen verraten.«
Dunk nickte. »Wie viel Wein hat dieser Junge getrunken?«
»Er hat Gerstenbier getrunken.«
»Siehst du? Aus ihm hat das Gerstenbier gesprochen. Worte sind Wind, Ei. Lass sie einfach an dir vorbeiwehen.«
» Manche Worte sind Wind.« Der Junge war einfach stur. »Andere Worte sind Hochverrat. Dies hier ist ein Turnier der Verräter, Ser.«
»Was, sie alle sind Verräter?« Dunk schüttelte den Kopf. »Das hat vielleicht vor langer Zeit gestimmt. Der Schwarze Drache ist tot, und wer mit ihm gekämpft hat, ist geflohen oder wurde begnadigt. Und es stimmt nicht. Lord Butterquells Söhne kämpften auf beiden Seiten.«
»Damit wäre er ein halber Verräter, Ser.«
»Vor sechzehn Jahren.« Der vom Wein verursachte Nebel hatte sich gelichtet. Dunk war wütend und fast wieder nüchtern. »Lord Butterquells Haushofmeister ist der Turniermeister, ein Kerl namens Siegermann. Geh zu ihm und lass meinen Namen in die Liste eintragen. Nein, warte … nicht meinen Namen.« Bei so vielen Lords könnte sich einer an Ser Duncan den Großen aus dem Turnier von Aschfurt erinnern. »Trag mich als den Galgenritter ein.« Das gemeine Volk liebte es, wenn bei einem Turnier ein geheimnisvoller Ritter antrat.
Ei betastete seine dicke Lippe. »Der Galgenritter, Ser?«
»Wegen des Schilds?«
»Ja, aber …« »Geh und tu, was ich dir sage. Du hast für eine Nacht genug gelesen.« Dunk drückte die Kerzen flamme mit Daumen und Zeigefinger aus.
Die Sonne erhob sich heiß und hart und unerbittlich.
Die Hitze flimmerte über dem weißen Stein der Burg. Die Luft roch nach gebackener Erde und verbranntem Gras, und kein Windhauch bewegte die Banner, die oben auf Bergfried und Torhaus aufgezogen waren, grün und weiß und gelb.
Dunk hatte Donner selten so unruhig erlebt. Der Hengst warf den Kopf hin und her, während Ei seinen Sattelgurt anzog. Er fletschte sogar die großen Zähne. Es ist so heiß, dachte Dunk, zu heiß für Reiter und Ross. Ein Streitross ist schon zu besten Zeiten nicht gerade sanftmütig. Die Mutter selbst hätte bei dieser Hitze schlechte Laune.
In der Mitte des Hofes begann der nächste Tjost. Ser Harbert ritt einen goldenen Renner, der eine schwarze Schabracke mit den roten und weißen Schlangen des Hauses Paege trug. Ser Franklyn ritt einen Fuchs mit grauer Seidenschabracke und den Zwillingstürmen der Freys. Als sie aufeinandertrafen, brach die rot-weiße Lanze sauber durch, während die blaue in tausend Splitter zerfetzt wurde, aber keiner der beiden wurde aus dem Sattel geworfen. Beifall erhob sich auf den Tribünen und unter den Wachen auf der Mauer, doch war er kurz und dünn und halbherzig.
Es ist zu heiß für Beifall. Dunk wischte sich den Schweiß von der Stirn. Es ist zu heiß für einen Tjost. Sein Kopf dröhnte wie eine Trommel. Lasst mich dieses Stechen gewinnen und das nächste, dann bin ich schon zufrieden.
Die Ritter wendeten ihre Pferde am Ende der Bahn und warfen die zersplitterten Überbleibsel ihrer Lanzen zur Seite, das vierte Paar, das sie zerschmettert hatten. Drei zu viel. Dunk hatte es so lange wie möglich aufgeschoben, seine Rüstung anzulegen, und trotzdem klebte ihm jetzt schon die Unterwäsche unter dem Stahl auf der Haut. Es gibt Schlimmeres, als in Schweiß getränkt zu sein, redete er sich ein und erinnerte sich an den Kampf auf der Weißen Dame , als die Eisenmänner das Schiff geentert hatten. Am Ende des Tages war er in Blut getränkt gewesen.
Mit frischen Lanzen in der Hand gaben Paege und Frey ihren Pferden erneut die Sporen. Trockene Erde flog bei jedem Schritt unter den Hufen auf. Beim Krachen der Lanzen zuckte Dunk zusammen. Das war gestern Abend zu viel Wein und zu viel Essen. Er hatte eine vage Erinnerung daran, die Braut die Treppe hinaufgetragen zu haben und Johan den Fiedler und Lord Gipfel auf dem Dach getroffen zu haben. Was habe ich auf dem Dach gemacht? Sie hatten über Drachen geredet, fiel ihm wieder ein, oder über Dracheneier, irgendetwas in der Art, aber …«
Ein Krachen riss ihn aus seinen Gedanken, dann folgte Gebrüll und Stöhnen. Dunk sah, wie das goldene
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