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Der Heckenritter von Westeros

Der Heckenritter von Westeros

Titel: Der Heckenritter von Westeros Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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der Schmerz seltsam süß. Er hätte sich umdrehen und fliehen sollen, doch lief er stattdessen immer weiter auf sie zu, lief so langsam, wie man im Traum immer läuft, als hätte sich die Luft in Honig verwandelt. Der nächste Pfeil flog heran, dann wieder einer. Ihr Köcher schien nicht leer zu werden. Ihre Augen waren grau und grün und übermütig. Euer Kleid bringt die Farbe Eurer Augen so schön zur Geltung, wollte er sagen, doch sie trug gar kein Kleid, sie hatte überhaupt nichts an. Auf ihren kleinen Brüsten breiteten sich blasse Sommersprossen aus, und die Brustwarzen waren rot und hart wie kleine Beeren. Mit den Pfeilen sah er aus wie ein großes Stachelschwein, während er auf sie zustolperte. Trotzdem fand er irgendwie die Kraft, ihren Zopf zu packen. Mit einem Ruck zog er sie zu sich heran und küsste sie mit Hingabe.
    Unvermittelt erwachte er von einem Ruf.
    Im dunklen Keller herrschte Verwirrung. Überall wurden Flüche und Beschwerden laut, und die Männer stolperten übereinander, während sie nach ihren Spießen und Hosen tasteten. Niemand hatte eine Ahnung, was geschah. Ei fand die Talgkerze, zündete sie an und sorgte so für ein wenig Licht. Dunk war der Erste auf der Treppe. Er wäre beinahe mit Buckel-Sam zusammengestoßen, der nach unten stürmte, wie ein Blasebalg schnaufte und unzusammenhängendes Zeug stammelte. Dunk musste ihn an beiden Schultern halten, damit er nicht stürzte. »Sam, was ist passiert?«
    »Der Himmel«, wimmerte der alte Mann. »Der Himmel !« Mehr war aus ihm nicht herauszubringen, also stiegen sie alle hinauf aufs Dach, um es sich anzuschauen. Ser Konstans war bereits oben, stand im Morgenrock an der Brustwehr und starrte in die Ferne.
    Die Sonne ging im Westen auf.
    Es dauerte eine Weile, bis Dunk begriff, was das bedeutete. »Wats Wald brennt«, sagte er mit gedämpfter Stimme. Unten aus dem Turm hörte er Bennis’ Flüche, eine Abfolge solcher Unflätigkeiten, dass selbst Aegon der Unwerte errötet wäre. Buckel-Sam begann zu beten.
    Sie waren zu weit entfernt, um die Flammen zu erkennen, doch das rote Glühen nahm den halben Horizont im Westen ein, und darüber verblassten die Sterne.
    Feuer und Schwert, hat sie gesagt.
    Das Feuer loderte die ganze Nacht. Niemand in Trotzburg fand Schlaf. Bald konnte man den Rauch riechen und die Flammen in der Ferne wie Mädchen in scharlachroten Röcken tanzen sehen. Alle fragten sich, ob das Feuer sie einschließen würde. Dunk stand hinter der Brustwehr, seine Augen brannten, und er hielt Ausschau nach Reitern in der Nacht. »Bennis«, sagte er, als der braune Ritter Bitterblatt kauend nach oben kam. »Ihr seid es, den sie haben will. Vielleicht solltet Ihr gehen.«
    »Was, fliehen?« Er wieherte. »Auf meinem Pferd? Da könnte ich genauso gut auf einem der verdammten Hühner davonfliegen.«
    »Dann gebt auf. Sie wird Euch nur die Nase aufschlitzen.«
    »Mir gefällt meine Nase, so wie sie ist, Dummkopf. Soll sie versuchen, mich zu holen, wir werden schon sehen, wer aufgeschlitzt wird.« Er saß mit gekreuzten Beinen an eine Zinne gelehnt und zog einen Wetzstein aus seiner Tasche, um sein Schwert zu schärfen. Ser Konstans stand über ihm. Mit gesenkten Stimmen berieten sie, wie der Krieg zu führen sei. »Langzoll wird uns am Damm erwarten«, hörte Dunk den alten Ritter sagen, »doch stattdessen werden wir ihre Ernte niederbrennen. Feuer für Feuer.« Ser Bennis hielt das für genau das Richtige und meinte, vielleicht sollten sie auch noch die Mühle anstecken. »Sie steht sechs Wegstunden hinter der Burg, Langzoll wird dort nicht nach uns suchen. Brennen wir die Mühle nieder, und bringen wir den Müller um, das kostet sie einiges.«
    Ei lauschte ebenfalls. Er hustete und blickte Dunk mit aufgerissenen Augen an. »Ser, Ihr müsst sie aufhalten.«
    »Wie denn?«, fragte Dunk. Die Rote Witwe wird sie aufhalten. Sie und dieser Lukas Langzoll. »Sie spucken nur laute Töne, Ei. Sonst würden sie sich in die Hose machen. Wir haben nichts mehr damit zu tun.«
    Das Morgengrauen kam mit dunstverhangenem Himmel und einer Luft, die in den Augen brannte. Dunk beabsichtigte, früh aufzubrechen, obwohl er nach der schlaflosen Nacht nicht wusste, wie weit sie kommen würden. Er und Ei aßen zum Frühstück gekochte Eier, während Bennis die anderen nach draußen scheuchte, um sie weiter zu drillen. Sie sind Osgrau-Männer und wir nicht, sagte er sich. Er aß vier Eier. So viel war ihm Ser Konstans schuldig, fand er. Ei aß zwei. Die

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