Der Heckenritter von Westeros
Konstans bekam einen Hustenanfall, und einen Augenblick lang fürchtete Dunk, der alte Mann müsse umkehren, doch schließlich fing er sich wieder.
Sie ritten am Kadaver eines Rothirschs vorbei und später an den Überresten eines Dachses. Nichts lebte mehr, außer den Fliegen. Fliegen konnten alles überleben, schien es.
»So muss das Feld des Feuers ausgesehen haben«, sagte Ser Konstans. »Dort hat unser ganzer Kummer begonnen, vor zweihundert Jahren. Der letzte der Grünen Könige ging auf dem Felde unter, inmitten der schönsten Blumen der Weite. Mein Vater sagte, das Drachenfeuer habe so heiß gebrannt, dass Schwerter in Händen geschmolzen seien. Später wurden die Klingen eingesammelt, und der Eiserne Thron wurde daraus geschmiedet. Rosengarten fiel von Königen an Haushofmeister, und die Osgraus verloren ihren Einfluss, bis die einstigen Marschälle der Nordmark zu Rittern mit Landbesitz heruntergekommen waren, und den Eschs Lehnstreue schuldeten.«
Dunk hatte dazu nichts zu sagen, also ritten sie eine Weile schweigend dahin, bis Ser Konstans hustete und sagte: »Ser Duncan, erinnert Ihr Euch an die Geschichte, die ich Euch erzählt habe?«
»Vermutlich schon, Ser«, antwortete Dunk. »An welche denn?«
»Die vom Kleinen Löwen.«
»Ich erinnere mich. Er war der jüngste von fünf Söhnen.«
»Gut.« Er hustete erneut. »Nachdem er Lancel Lennister erschlagen hatte, kehrten die Westmänner um. Ohne den König gab es keinen Krieg. Versteht Ihr, was ich damit sagen will?«
»Ja«, sagte Dunk widerwillig. Könnte ich eine Frau töten? Nun hätte sich Dunk gewünscht, er wäre wirklich so blöd wie eine Burgmauer. Dazu darf es nicht kommen. Ich darf es dazu nicht kommen lassen.
Einige grüne Bäume standen noch dort, wo der Westweg das Gescheckte Wasser kreuzte. Ihre Stämme waren an einer Seite verkohlt und schwarz. Direkt dahinter glitzerte das Wasser dunkel. Blau und grün, dachte Dunk, aber das Gold ist verschwunden. Der Rauch hatte die Sonne verhüllt.
Ser Konstans hielt am Ufer an. »Ich habe einen heiligen Eid geschworen. Diesen Fluss werde ich nicht überqueren. Nicht, solange das Land dahinter ihr gehört.« Der alte Ritter trug Kettenhemd und Panzer unter seinem vergilbten Mantel. Sein Schwert hing an der Hüfte.
»Und wenn sie nun nicht kommt, Ser?«, fragte Ei.
Mit Feuer und Schwert, dachte Dunk. »Sie wird kommen.«
Und sie kam, innerhalb einer Stunde. Zuerst hörten sie die Pferde, dann das leise metallische Klirren der Rüstungen, das immer lauter wurde. Der Rauch erschwerte es, die Entfernung richtig einzuschätzen, bis der Bannerträger durch die verwehten Schleier stieß. Seine Fahnenstange war mit einer weiß und rot bemalten eisernen Spinne gekrönt, und das schwarze Banner der Webers hing schlaff darunter. Als er sie auf der anderen Seite des Flusses entdeckte, blieb er am Ufer stehen. Ser Lukas Zollfeld erschien einen Augenblick später. Er war bis an die Zähne bewaffnet.
Erst jetzt erschien Lady Rohanne, deren rabenschwarze Stute mit einem Geflecht aus silbriger Seide bedeckt war, das wie ein Spinnennetz aussah. Der Mantel der Witwe war aus dem gleichen Stoff genäht. Er bauschte sich an Schultern und Handgelenken und war leicht wie Luft. Auch sie trug Harnisch, grün emaillierte Schuppen, ziseliert mit Gold und Silber. Die Rüstung passte ihr wie ein Handschuh, und man hätte denken mögen, sie sei in Sommerlaub gekleidet. Der lange rote Zopf hing auf ihren Rücken hinab und schwang beim Reiten hin und her. Septon Sefton folgte ihr mit rotem Gesicht auf einem großen grauen Wallach. Auf der anderen Seite ritt ihr junger Maester Cerrick auf einem Maultier.
Weitere Ritter bildeten ihr Gefolge, ein halbes Dutzend, die von ebenso vielen Knappen begleitet wurden. Zum Schluss kam noch eine Kolonne berittener Armbrustschützen, die sich zu beiden Seiten der Straße aufstellten, als sie das Gescheckte Wasser erreichten und Dunk am anderen Ufer warten sahen. Insgesamt waren es dreiunddreißig Kämpfer, den Septon, den Maester und die Witwe selbst nicht mitgezählt. Einer der Ritter fiel Dunk besonders ins Auge; ein gedrungenes kahles Fass von einem Mann in Kettenhemd und Leder mit wütender Miene und hässlichem Kropf.
Die Rote Witwe ließ ihre Stute zum Rand des Wassers gehen. »Ser Konstans, Ser Duncan«, rief sie über den Fluss, »wir haben Euer Feuer in der Nacht gesehen.«
»Gesehen?«, rief Ser Konstans zurück. »Ja, Ihr habt es gesehen … nachdem Ihr es gelegt
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