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Der Heckenritter von Westeros

Der Heckenritter von Westeros

Titel: Der Heckenritter von Westeros Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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sitzt und ihm ins Ohr keckert. Er trägt das Mal der Hölle im Gesicht und in seinem leeren Auge, und er hat uns Dürre und Pest und Mord gebracht. Erhebt Euch, sage ich, und besinnt euch unseres wahren Königs jenseits des Wassers. Sieben Götter und sieben Königslande gibt es, und der Schwarze Drache zeugte sieben Söhne! Erhebt Euch, Lords und Ladys. Erhebt Euch, tapfere Ritter und unbeugsame Freibauern und stürzt Blutrabe, diesen ruchlosen Zauberer, auf dass Eure Kinder und Kindeskinder nicht in alle Ewigkeit verflucht sind.«
    Jedes einzelne Wort war Hochverrat. Dennoch schockierte es Dunk, ihn dort zu sehen, mit Löchern anstelle der Augen. »Das ist er, ja«, sagte er, »und da haben wir noch einen guten Grund, diese Stadt hinter uns zu lassen.« Er berührte Donner leicht mit dem Sporn, dann ritt er mit Ei zum Tor von Steinsepte hinaus und lauschte dem leisen Rauschen des Regens. Wie viele Augen hat Lord Blutrabe?, hieß es in dem Rätsel. Eintausend Augen und eins. Mancher behaup tete, die Hand des Königs sei ein Anhänger jener dunk len Künste, mit denen man sein Gesicht verwandeln, sich in einen einäugigen Hund oder sogar in eine Nebelwolke verwandeln konnte. Ausgemergelte graue Wölfe brachten seine Feinde zur Strecke, hieß es, Aaskrähen spionierten für ihn und flüsterten ihm Geheimnisse ins Ohr.
    Die meisten Geschichten waren nur erfunden, daran gab es keinen Zweifel, aber genauso war Dunk der festen Überzeugung, dass Blutrabe überall seine Spitzel hatte.
    Damals in Königsmund hatte er den Mann einmal mit eigenen Augen gesehen. Haar und Haut von Brynden Strom waren weiß wie Knochen, und sein Auge – er hatte nur eins, das andere hatte er auf dem Rotgrasfeld an Bitterstahl verloren – war rot wie Blut. An Wange und Hals prangte das weinrote Muttermal, dem er seinen Namen verdankte.
    Als die Stadt ein gutes Stück hinter ihnen lag, räusperte sich Dunk und sagte: »Es ist eine üble Sache, einem Septon den Kopf abzuschlagen. Er hat doch bloß geredet. Worte sind Wind.«
    »Manche Worte sind Wind, Ser. Andere sind Hochverrat.« Ei war spindeldürr, er schien nur aus Rippen und Ellbogen zu bestehen, aber er hatte seine eigene Meinung und hielt damit nicht hinterm Berg.
    »Jetzt klingst du wie ein richtiger Prinz.«
    Ei betrachtete das als Beleidigung, und so war es auch gemeint. »Auch wenn er ein Septon war, so hat er doch Lügen gepredigt, Ser. Die Dürre war nicht Lord Blutrabes Schuld, und die Große Frühlingsseuche auch nicht.«
    »Das mag wohl sein, aber wenn wir anfangen, allen Narren und Lügnern die Köpfe abzuhacken, wird bald die Hälfte aller Städte in den Sieben Königslanden entvölkert sein.«
    Sechs Tage später war der Regen nur noch eine Erinnerung.
    Dunk hatte sich den Waffenrock ausgezogen und genoss die warme Sonne auf seiner Haut. Als ein leichter Wind aufkam, kühl und frisch und angenehm wie der Atem einer Jungfrau, seufzte er. »Wasser«, verkündete er. »Riechst du es? Der See kann nicht mehr weit sein.«
    »Ich rieche nur Maester, Ser. Er stinkt.« Ei zerrte heftig am Führstrick des Maultiers. Maester war stehen geblieben, um sich das Gras neben der Straße schmecken zu lassen, wie er es von Zeit zu Zeit tat.
    »Am Seeufer ist ein altes Gasthaus.« Dunk war dort einmal eingekehrt, als er dem alten Mann noch als Knappe gedient hatte. »Ser Arlan hat gesagt, dort brauen sie ein anständiges dunkles Bier. Vielleicht können wir uns eins gönnen, während wir auf die Fähre warten.«
    Ei warf ihm einen hoffnungsfrohen Blick zu. »Um das Essen hinunterzuspülen, Ser?«
    »Von welchem Essen redest du?«
    »Eine Scheibe Braten?«, fragte der Junge. »Ein Stück Ente, eine Schüssel Eintopf? Was immer sie im Angebot haben, Ser.«
    Die letzte warme Mahlzeit hatten sie vor drei Tagen genossen. Seitdem ernährten sie sich von Fallobst und altem Pökelfleisch, das hart wie Holz war. Es wäre schön, etwas Anständiges in den Bauch zu bekommen, ehe wir in den Norden aufbrechen. Bis zur Mauer ist es ein weiter Weg.
    »Wir könnten dort auch übernachten«, schlug Ei vor.
    »Wünschen M’lord ein Federbett?«
    »Stroh würde mir genügen, Ser«, erwiderte Ei beleidigt.
    »Wir haben keine Münzen für Betten.«
    »Wir haben zweiundzwanzig Heller, drei Sterne, einen Hirsch und diesen alten Granatsplitter, Ser.«
    Dunk kratzte sich hinter dem Ohr. »Ich dachte, wir hätten zwei Silberhirschen.«
    »Ja, bis Ihr das Zelt gekauft habt. Jetzt haben wir noch den einen.«
    »Und der

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