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Der heilige Erwin und die Liebe

Der heilige Erwin und die Liebe

Titel: Der heilige Erwin und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasna Mittler
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sagt der Vater, »eine Playstation zum Beispiel?«
    Â»Für Toni?«, fragt die Mutter mit hochgezogenen Augenbrauen. »Die weiß doch noch nicht mal, wie sie ihr Handy richtig bedienen soll!«
    Â»Es wäre zumindest eine Überraschung«, murmelt der Vater.
    Doch die Mutter zieht Erbse und ihn weiter. »Mir ist kalt«, sagt sie. »Lasst uns mal irgendwo reingehen!«
    Sie gehen in einen Buchladen. Danach in ein Haushaltswarengeschäft. Dann in ein Damenoberbekleidungsgeschäft, einen weiteren Buchladen und eine Boutique für Modeschmuck. Hier und da kaufen sie Kleinigkeiten – für die Kollegen des Vaters, für die beste Freundin der Mutter, für die Putzfrau und für sich selbst. Erbse ist ungewöhnlich still an diesem Tag, aber das fällt den Eltern gar nicht auf. Zu emsig sind sie damit beschäftigt, die Läden zu durchstöbern. In einem Spielwarengeschäft betrachtet Erbse die vollen Regale. Da stehen Anziehpuppen aufgereiht neben Teddybären, Bausätze für Raumschiffe neben Gesellschaftsspielen. Normalerweise würde Erbse jetzt in einen Rausch des »Haben-wollens« verfallen. Aber heute lässt sie das alles kalt. Erstaunt stellt sie fest, dass sie zum ersten Mal nicht den Weihnachtsgeschenken entgegenfiebert. Es ist ihr schlichtweg egal, welche der vielen Wünsche, die sie in den vergangenen Wochen geäußert hat, in Erfüllung gehen werden. Was sie sich wirklich wünscht, mehr als alle Dinge im Geschäft, ist etwas anderes.
    Â»Wie wäre es denn dann mit einem Puzzle für Oma Toni?« Der Vater hält eine bunte Verpackung hoch. »1000 Teile, das hält die grauen Zellen fit!«
    Aber die Mutter schüttelt den Kopf. »So was haben wir ihr doch auch schon mal geschenkt. Das hat sie nur verstauben lassen!« Sie seufzt. »Toni ist zwar meine Mutter, aber ich habe wirklich keine Ahnung, womit man ihr noch eine Freude machen könnte. Die Frau braucht einfach nichts!«
    Â»Jedenfalls nichts, was man kaufen könnte«, sagt Erbse.
    Die Eltern blicken sie erstaunt an.
    Â»Hast du denn eine bessere Idee?«, fragt der Vater.
    Â»Wenn Oma genug Decken und Puzzles und was-weiß-ich-was hat, dann braucht sie hiervon nichts«, sagt Erbse und weist dabei mit einer Armbewegung auf die Regale, die um sie herum stehen. »Aber vielleicht wünscht sie sich ja was ganz anderes!« Erbse hat den Satz noch nicht fertig ausgesprochen, da ahnt sie schon, dass sie gar nicht von ihrer Oma spricht, sondern von sich selbst.
    Â»Und das wäre?«, fragt die Mutter erwartungsvoll.
    Erbse schluckt. Jetzt oder nie!, spricht sie sich in Gedanken selbst Mut zu. »Ich wünsche mir«, sagt sie mit fester Stimme, »dass wir diesmal an Heiligabend hierbleiben. Erwin und Rita haben uns eingeladen. Lolli wird auch da sein. Und Oma Toni darf mitkommen, ich habe extra schon gefragt.« Erbse beobachtet, wie ihre Mutter die Augen verdreht. »Ich will nicht zu diesem doofen Dinner«, setzt sie schnell hinzu, ehe ihre Eltern ihr ins Wort fallen können. »Ich will ganz gemütlich feiern, mit meinen Freunden und meiner Familie!«
    Der Vater schüttelt den Kopf. »Wie stellst du dir das vor?«, fragt er. »Wir haben doch schon alles gebucht!«
    Â»Und wer sind überhaupt Erwin und Rita?«, fragt die Mutter im selben Augenblick.
    Â»Rita hat die Kneipe bei uns gegenüber«, sagt Erbse, »und Erwin ist ihr Freund. Die beiden sind total nett. Ich bin schon oft mit Lolli –«
    Â»Du warst in der Kneipe?« Die Stimme der Mutter überschlägt sich schrill. »Wer hat dir das denn erlaubt?«
    Dem Vater sind vor Überraschung die Einkaufstüten aus der Hand gerutscht. »Ich höre nur noch Lolli, Lolli, Lolli«, schimpft er, während er versucht, die herausgefallenen Bücher und Geschenkpackun­gen ­zu­rück in die Taschen zu stopfen. »Ich glaube wirklich, dass der Junge nicht der richtige Um gang für dich ist!«
    Das ist zu viel für Erbse. Ihr Gesicht wird rot vor Wut. »Jetzt reicht es mir aber!«, brüllt sie so laut, dass die anderen Kunden im Geschäft zusammenzucken. »Wieso redet ihr so schlecht über meine Freunde? Ihr kennt sie doch noch nicht mal!«
    Die Eltern stehen da wie erstarrt.
    Â»Erbse«, flüstert die Mutter, nachdem sie sich wieder gefangen hat, »was ist denn bloß in dich gefahren?«
    Das Mädchen

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