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Der heilige Erwin und die Liebe

Der heilige Erwin und die Liebe

Titel: Der heilige Erwin und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasna Mittler
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atmet tief durch, um sich zu beruhigen. »Erinnert ihr euch, warum ihr mir den Namen Erbse gegeben habt?«, fragt es.
    Â»Ja, das haben wir dir doch schon oft erzählt«, antwortet der Vater verwirrt. »Als du klein warst, hattest du so süße kleine Zehen. Die sahen aus wie Erbsen in ihrer Schote. Aber ich verstehe nicht, was das jetzt hiermit –«
    Â»Jedes Kind, das Füße hat, hat genau solche kleinen Zehen, begreift ihr das nicht?« Erbse bemüht sich, ruhig zu bleiben. »Warum müsst ihr immer so tun, als wäre ich so was Besonderes? Ich bin ein ganz normales Kind, und genau das will ich auch sein. Ich will wie Lolli sein, oder wie Erwin und Rita. Normal eben! Hört endlich auf, immer so ein Theater um mich zu veranstalten. Lasst mich doch einfach mal meine eigene n Erfahrungen machen! Und lasst mich meine Freunde selbst aussuchen. Ich werde mich schon melden, wenn ich euch brauche, ihr müsst mich nicht ständig an die Hand nehmen!«
    Die Gesichter von Erbses Eltern spiegeln ein Wirrwarr von Gefühlen wider. Auf der einen Seite sind sie beleidigt, empört und wütend. Auf der anderen Seite sind sie auch beeindruckt von diesem erwachsenen Auftritt ihrer Tochter.
    Die lange Rede hat Erbse erschöpft. In ihren Augen glitzern Tränen, die sie nur mit Mühe zurückhalten kann. »Alles, was ich mir in diesem Jahr zu Weihnachten wünsche, ist, dass ihr mit mir zu dieser Feier geht«, sagt sie leise.
    Â»Aber«, stammelt die Mutter, »das geht doch nicht!« Hilfesuchend blickt sie ihren Mann an. »Oder?«





ie an jedem Morgen wartet Gott voll Ungeduld auf die Ankunft seines Sohnes. Die einsamen Nächte im Baumhaus sind das, was ihm an seinem Dasein als Hund auf Erden am wenigsten behagt. Endlich knacken ein paar Zweige vor dem Fenster der Baumhütte, und im nächsten Augenblick setzt Jesus mit einem eleganten Sprung vom Fensterbrett auf den Fußboden über.
    Â»Naaaa«, schnurrt er seinen Vater an, »hast du gut geschlafen?«
    Â»Geht so«, erwidert Gott und gähnt herzhaft. »Ich habe von meinen Engeln geträumt. Wie’s denen wohl gerade geht?«
    Â»Du kannst sie ja mal anfunken.« Jesus hakelt Marlenes Krallen in den Flickenteppich, bis sich ein paar Fäden lösen. Plötzlich hält er inne. »Oder nein, besser nicht!«, sagt er schnell. »Wir bereiten nämlich eine Überraschung vor. Und ich wette, die Engel würden sich sofort verplappern!«
    Gott stellt die Ohren auf. »Eine Überraschung?«, fragt Er aufgeregt. »Was denn für eine Überraschung?«
    Â»Du bist ja neugieriger als eine Katze!«
    Jesus verzieht Marlenes Maul zu einem Grinsen. »Du wirst schon noch erfahren, was das für eine Überra­schung ist. Aber erst, wenn wir wieder zu Hause sind!«
    Â»Zu Hause, ja«, seufzt Gott. Er spürt, wie sich in Fridos Inneren etwas zusammenzieht, wenn Er an seinen Himmel denkt. Jesus legt den Kopf schief und beobachtet seinen Vater aus zusammengekniffenen Katzenaugen. »Hast du etwa Heimweh?«, fragt er.
    Â»Du nicht?«, stellt Gott die Gegenfrage.
    Jesus räkelt sich und fährt Marlenes Krallen aus. »Eigentlich gefällt es mir noch ganz gut hier«, erklärt er. »Nur manchmal, da …« Er betrachtet schweigend Marlenes scharfe Krallen, bevor er sie wieder einzieht. »Manchmal«, sagt er leise, ȟberkommt mich so ein beängstigendes ­Gefühl. Dann möchte ich diese Krallen in das Fleisch ­einer Maus schlagen, oder mir einen Vogel vorknöpfen. Ich bin dann wie im Rausch und kann das nur mit Mühe unterdrücken. Das ist wirklich sehr unangenehm.«
    Â»Jagdinstinkt«, folgert Gott trocken. Jesus blickt zu ihm auf. »Bei mir sind es die Kaninchen, die ich im Park rieche«, erklärt Gott. »Das macht mich ganz kribbelig!«
    In den Katzenaugen funkelt es. »Wenn diese Instinkte so kraftvoll sind«, gibt Jesus zu bedenken, »sollten wir sie vielleicht doch bei den Menschen einsetzen. Dann wären sie leichter zu bändigen!«
    Gott wiegt Fridos Kopf hin und her. »Und was wird aus dem freien Willen?«
    Jesus schleicht auf seinen Vater zu und stupst Marlenes Kopf aufmunternd gegen die Hundeschnauze. »Och komm schon«, schnurrt er. »Nur so ein bisschen. Nur so ein paar Präriewühlmausinstinkte für Erwin und Rita. Biiiitteee!«
    Die Katzenhaare jucken an Fridos

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