Der heimliche Rebell
ein Hosenbein hatte einen Riß.
Draußen in der Halle öffneten sich Türen, und Mieter schlurften heraus, um die übliche Warteschlange vor dem Waschraum zu bilden. Das Murmeln schläfriger Stimmen schwoll an.
„Soll ich zuerst gehen?“ fragte Janet.
Da er immer noch damit beschäftigt war, seinen Anzug zu inspizieren, nickte er. „Mach nur.“
„Danke.“ Sie öffnete den Kleiderschrank und griff nach einem Slip und einem Kleid. „Ich finde das richtig lieb von dir, mich immer vorzula…“ Ihre Stimme verlor sich.
„Was ist denn?“
„Allen!“
Mit einem Satz war er beim Schrank und zog sie beiseite.
Auf dem Boden des Kleiderschrankes lag ein Kopf aus bronzierter Thermoplastik. Der Kopf schaute würdevoll an ihm vorbei auf einen unveränderlichen Punkt irgendwo hinter ihm. Der Kopf war gewaltig, viel größer als der eines lebenden Menschen, ein mächtiges, ernst dreinblickendes und überaus scheußliches holländisches Wasserspeierhaupt, das zwischen den Schuhen und dem Wäschesack ruhte. Es war der Kopf von Major Streiter.
„O Gott“, hauchte Janet, die Hände vors Gesicht geschlagen.
„Nimm’s leicht.“ Er hatte sie noch nie den Namen Gottes leichtfertig aussprechen hören, und diese lästerliche Anrufung vervollständigte den Eindruck von Bedrohung und Zusammenbruch. „Geh und schau nach, ob die Tür abgeschlossen ist.“
„Sie ist.“ Sie kam zurück. „Das ist ein Teil der Statue, nicht wahr?“ Ihre Stimme schrillte in seinen Ohren. „Heute nacht – du bist hingegangen und hast ihn geholt. Das ist es, wo du gewesen bist.“
Der Dschungel war kein Traum gewesen. Er war durch den dunklen, menschenleeren Park gestolpert. War inmitten der Blumen und des Grases hingefallen. Hatte sich wieder aufgerappelt und war weitergegangen, bis er zur eingekastelten Statue kam.
„Wie – hast du ihn nach Hause geschafft?“ fragte sie.
„Mit dem Dampfmobil.“ Demselben Dampfmobil ironischerweise, das er gemietet hatte, um Sue Frost aufzusuchen.
„Was sollen wir jetzt bloß machen?“ sagte Janet monoton und warf ihm einen waidwunden Blick zu. Das Unheil, das über sie hereingebrochen war, hatte ihr Gesicht in sich zusammenfallen lassen. „Allen, was soll nun geschehen?“
„Du ziehst dich erst mal an und gehst dich waschen.“ Er machte sich daran, seinen Pyjama abzustreifen. „Und sprich mit niemandem. Nicht ein verd… es Wort.“
Ein erstickter Laut der Zustimmung entrang sich ihrer Kehle. Dann wandte sie sich ab, raffte ihr Kleid und ihr Handtuch an sich und ging hinaus. Als er allein war, wählte Allen einen unbeschädigten Anzug und zog sich an. Als er seinen Schlips knotete, hatte er sich an die Ereignisse der vergangenen Nacht erinnert.
„Dann wird es also immer so weitergehen“, sagte Janet, die gerade zurückkam.
„Schließ die Tür ab.“
„Du machst es immer noch.“ Ihre Stimme war belegt, unterdrückt. Im Waschraum hatte sie eine Handvoll Sedativa geschluckt. „Es ist nicht vorüber.“
„Nein“, gab er zu. „Offenbar ist es das nicht.“
„Was kommt als nächstes?“
„Frag mich nicht. Ich bin so verwirrt wie du.“
„Du wirst ihn loswerden müssen.“ Anklagend baute sie sich vor ihm auf. „Du kannst ihn doch nicht da lassen, wo er jetzt liegt wie ein Teil einer – Leiche.“
„Sicher genug wär’s schon.“ Wahrscheinlich hatte ihn niemand gesehen, oder er wäre schon längst verhaftet worden. Ganz wie gehabt.
„Und du hast diesen Job angenommen. Das sieht dir ähnlich, wahnsinnige Sachen wie das hier zu machen und dann diesen Job anzunehmen. Du warst doch letzte Nacht nicht betrunken, oder?“
„Nein.“
„Also kann es daran nicht liegen. Aber an was dann?“
„Frag Doktor Malparto.“ Er ging zum Telefon und hob den Hörer ab. „Oder vielleicht tue ich das auch. Wenn er da ist.“ Er wählte.
„Psychologischer Dienst Zuflucht“, meldete sich die freundliche, geschäftsmäßige Stimme.
„Ist Doktor Malparto heute im Hause? Ich bin einer seiner Patienten.“
„Doktor Malparto kommt um acht. Soll ich veranlassen, daß er zurückruft? Wer spricht da bitte?“
„Hier ist Mr…. Coates“, sagte Allen nervös. „Richten Sie Doktor Malparto aus, daß ich unbedingt einen Termin außer der Reihe haben möchte. Es ist sehr dringend. Bestellen Sie ihm, daß ich um acht da bin. Ich werde so lange warten, bis er für mich Zeit hat.“
In seinem Büro beim Psychologischen Dienst sagte Doktor Malparto unruhig: „Was, glaubst du, ist
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