Der heimliche Rebell
Wasserfläche. Er fand das metallene Rad und schnitt damit die tastenden Wurzeln weg. Dann beugte er sich mit angespannten Knien nieder, zerrte den Stein aus dem Morast und schleppte ihn gebückt davon, quer über einen grasbewachsenen Hügel, der so riesig war, daß er in der Unendlichkeit verschwamm.
Am Ende des Hügels ließ er den Stein wuchtig in ein kleines, dort abgestelltes Dampfmobil fallen. Niemand sah ihn dabei. Es dämmerte schon fast. Der gelb gemaserte Himmel würde bald ausgelaugt sein, würde bald ein diesiges Grau annehmen, durch das die Sonne hindurchstechen konnte.
Mühsam und steifbeinig schob er sich auf den Fahrersitz, wartete, bis der Dampfdruck sich aufgebaut hatte, und fuhr vorsichtig die Chaussee entlang. Die Chaussee dehnte sich endlos vor ihm, schwach feucht, schwach schimmernd. Auf beiden Seiten spien Wohneinheiten Kohlebrocken aus: seltsam verhärtete organische Substanzen. Kein Licht zeigte sich in ihnen, und nichts rührte sich.
Als er seine eigene Wohneinheit erreichte, parkte er geräuschlos den Wagen und machte sich daran, den Stein den rückwärtigen Aufgang hinaufzuzerren. Das nahm erhebliche Zeit in Anspruch, und er zitterte und schwitzte, als er seine eigene Tür erreichte. Und immer noch sah niemand ihn. Er schloß die Tür auf und schleppte den Stein hinein.
Ganz durcheinander vor Erleichterung sank er auf die Bettkante nieder. Es war vorbei: Er hatte es geschafft. In ihrem Bett regte sich mürrisch seine Frau, seufzte, drehte sich aufs Gesicht. Janet wachte nicht auf; niemand wachte auf. Die Stadt, die Gesellschaft, schlief.
Auf der Stelle streifte er seine Kleider ab und stieg ins Bett. Er schlief beinahe sofort ein, Geist und Körper frei von aller Anspannung, aller Last.
Traumlos wie eine Amöbe schlief nun auch er.
12
Sonnenlicht durchflutete das Schlafzimmer, warm und angenehm. Neben Allen im Bett lag seine Frau, warm und angenehm auch sie. Ihr Haar war gegen sein Gesicht gefallen, und nun drehte er sich zu ihr hin, um sie zu küssen.
„Uh“, murmelte Janet blinzelnd.
„Es ist Morgen. Zeit aufzustehen.“ Aber er für sein Teil blieb träge liegen. Er hatte heute Lust, so richtig faul zu sein. Zufriedenheit breitete sich in ihm aus; statt aufzustehen, legte er seinen Arm um Janet und zog sie zu sich heran.
„Ist das Band schon – losgegangen?“ fragte sie schläfrig.
„Aber es ist doch Samstag. Heute können wir uns den Tag selbst einteilen.“ Während er Janets Schulter liebkoste, sagte er: „Die bebende Fülle festen Fleisches.“
„Oh, danke“, murmelte sie, gähnte und reckte sich. Dann wurde sie ernst. „Allen, war dir heute nacht übel?“ Sie gab sich einen Ruck und setzte sich auf. „Gegen drei Uhr bist du aufgestanden und zum Waschraum gegangen. Du warst lange weg.“
„Wie lange?“ Er hatte keine Erinnerung daran.
„Ich bin wieder eingeschlafen. Darum kann ich’s dir nicht genau sagen. Aber lange war’s auf jeden Fall.“
Na, jetzt jedenfalls fühlte er sich pudelwohl. „Du denkst wohl an früher diese Woche. Du bringst das bestimmt nur durcheinander.“
„Nein, es war heute nacht. Am frühen Morgen.“ Hellwach stieg sie aus dem Bett. „Du bist doch nicht etwa noch weggegangen, oder?“
Er dachte darüber nach. Da war irgendeine vage Phantasmagorie in seinem Geist, ein Wirrwarr traumhafter Ereignisse. Der Geschmack brackigen Wassers, die feuchte Berührung von Pflanzen. „Ich war auf einem fernen Dschungelplaneten“, entschied er. „Mit leidenschaftlichen Dschungelpriesterinnen, deren Brüste wie zwei Halbkugeln aus weißem Marmor waren.“ Er versuchte, sich daran zu erinnern, wie es in dem Abschnitt geheißen hatte. „Hervorquellend aus dem zarten Gespinst ihres Kleides. Vorwitzig daraus hervorlugend. Keuchend vor heißem Verlangen.“
Erbost packte sie ihn am Arm und zerrte daran. „Steh auf. Ich schäme mich ja für dich. Du – pubertierender Jüngling.“
Allen kam mühsam auf die Füße und begann, nach seinem Handtuch zu suchen. Seine Arme, so entdeckte er, waren steif. Er spannte und entspannte seine Muskeln, massierte seine Handgelenke, untersuchte einen Kratzer.
„Hast du dich geschnitten?“ fragte Janet beunruhigt.
Das hatte er. Und wie er erst jetzt bemerkte, lag der Anzug, den er am Vorabend ordentlich auf einen Kleiderbügel gehängt hatte, jetzt in einem wirren Haufen auf dem Boden. Er hob ihn auf, breitete ihn auf dem Bett aus und strich ihn glatt. Der Anzug war schlammverkrustet, und
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