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Der Heiratsspezialist

Der Heiratsspezialist

Titel: Der Heiratsspezialist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einzige Bedeutung.«
    »Du deklamierst im Bett auch keine Ringelreihen-Verse!« rief Jenny. »Ausgerechnet du!«
    »Bob hat nie seinen Vertrag gebrochen!« sagte Brass mit fast amtlich klingender Stimme. »Er kann das vor Richter de Trajano beschwören.«
    »So ist es!« sagte Bob. Er setzte sich, in einiger Distanz von Jenny, neben McDolland und versuchte, Härte zu zeigen. »Und solange wir nicht geschieden sind, besteht Erika darauf, auch weiterhin bei mir zu schlafen.«
    Die Runde schwieg atemlos. Pfarrer McDolland erblaßte. Die Nasenflügel des Sheriffs bebten vor Aufregung, Richter de Trajano ließ in vornehmer Zurückhaltung lediglich seine Fingergelenke knacken. Auch Waldemar Bubelatz hatte diese schreckliche Angewohnheit gehabt.
    Jenny zog, wie eine Raubkatze, die sich zum Sprung duckt, die Schultern hoch. »Ich soll raus?« fragte sie leise.
    »Ja.«
    »Verlangt sie?«
    »Ja.«
    »Ist sie komplett verrückt?!«
    »Ich kann mir das nur mit typisch deutscher Sturheit erklären«, sagte Bob. »Sie wird auf vermeintliche Rechte nicht verzichten, bevor das Gesetz es von ihr verlangt. Ihr müßt wissen – und das ist für alles weitere wichtig –, daß die Deutschen von geradezu pathologischer Paragraphentreue sind. Wenn irgendwo irgendwer eine Verfügung oder eine Verordnung erläßt, ist das für die Deutschen gottgewollt oder eine Schicksalsfügung. Die leben dort drüben in einem Stahlkorsett aus Paragraphen und Gesetzen. Nähme man ihnen das weg, fielen alle zusammen wie Fleischklumpen ohne Knochen. Ein Deutscher ist ohne Paragraphen gar nicht lebensfähig!« Bob streckte die Beine weit von sich. Das war gut, dachte er zufrieden, das lenkt vom Kern der Sache ab. Ich kann doch nicht sagen: Erika liebt mich! Dann könnte ich gleich mein Haus anzünden.
    »Es gibt in Deutschland nichts, was nicht durch Verordnungen geregelt wäre«, fuhr er fort, um Jennys lästigen Fragen zuvorzukommen. »Ich würde es nicht glauben, hätte ich es nicht selbst erlebt. Da wird die Höhe einer Gartenhecke genauso vorgeschrieben wie die Farbe der Dachziegel. Und wenn du ein fleißiger Mensch bist, gut Geld verdienst, deinen Verdienst versteuert hast und dann auf die Idee kommst, dein sauer verdientes Geld nicht auszugeben, sondern anzulegen, zum Beispiel zu sparen, oder was fürs Alter zurückzulegen, dann wirst du bestraft und mußt auch noch für die Zinsen Steuern zahlen. Überall werden die Deutschen von ihren Finanzämtern bestraft: Kaufst du Schmuck, muß er als Vermögen versteuert werden. Kaufst du Gemälde, Skulpturen – das Finanzamt kassiert, denn auch das ist ja Vermögen. Was immer du mit dem Geld tust, das dir nach Abzug der Einkommensteuer noch übrigbleibt: Das Finanzamt liegt wie ein Wolf auf der Lauer, um dich sofort zu schröpfen, falls du es nicht sofort ausgibst. Du darfst in Deutschland dein Geld verfressen, versaufen, mit Weibern verjubeln, verspielen. Nur eines darfst du nicht: Es irgendwie anlegen! Nicht einmal verschenken darfst du es – der Beschenkte muß nämlich Schenkungssteuer bezahlen. Genaugenommen gehört dem Deutschen sein verdientes Geld nicht; es gehört immer, in irgendeiner Form, dem Staat! Als Deutscher hast du nur das Recht, Geld zu benutzen; es zu besitzen, ist strafbar.«
    »Ein gutes Plädoyer!« sagte Richter de Trajano. »Bei einer solchen Mentalität ist es zu verstehen, daß Erika gewisse eheliche Rechte beanspruchen und ausüben will!«
    »Ganz klar!« sagte auch Sheriff Brass.
    »Nichts ist klar!« schrie Jenny unbeherrscht. »Ich soll vertrieben werden! Ihr könnt mir noch so viel von den Deutschen erzählen. – Ich allein habe das Recht, bei Bob zu schlafen! Und hier, im Saloon, gilt mein Recht! Entweder schläft sie im Desert Inn oder auf der Straße!«
    Da der Abend schnell heranrückte und sich in dieser Situation kaum etwas tun ließ als abzuwarten, verabschiedeten sich McDolland, Brass und de Trajano ziemlich bald und wünschten Bob viel Glück, was durchaus nicht ironisch gemeint war. Auch Harry, der Cowboy-Vetter, hielt es für angebracht, seinen Dienst zu beenden; er grinste Bob verlegen zu, warf einen hungrigen Blick auf Jenny und fuhr dann in die Stadt. Er wohnte in einem möblierten Zimmer, das nach Kloake roch, weil das Fenster zum Hof hinausging, wo die fauligen Abfälle einer Gemüsehandlung auf den Abtransport warteten.
    Bob schloß den Saloon. Es war nicht viel los an diesem Abend, nicht bei ihm. Um so mehr in Las Vegas, wo Frank Sinatra ein Gastspiel gab.

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