Der Heiratsspezialist
Fahrer: »Los!« Und nahm seinen Hut ab.
»Du hast wohl ein faules Ei unter den Haaren, was?« fragte Brass, während sie zur Polizeistation rasten. »Jetzt bist du dran, Luigi.«
»Mein Anwalt holt mich raus!«
»Natürlich wird dich Frank loskaufen. Aber dein Fall spricht sich herum. Luigi legt sich vor einer Frau auf den Boden! Die Kinder werden es durch die Straßen trällern. Wahrscheinlich wird man dich bald ablösen.«
Galezzano schwieg und starrte düster vor sich hin. Was in seinen Kreisen das harmlose Wort ›ablösen‹ bedeutete, war nur allzu bekannt. Die sanfteste Form der Ablösung war die Rückstufung in die allgemeine Truppe. Kassierer war schon ein gehobener Posten gewesen, eine Vertrauensstellung. Ganz schlimm wurde es allerdings, wenn der Große Rat zu dem Schluß kam, Galezzano sei nicht mehr verwendungsfähig. Dann blieb nur das Untertauchen, die Anonymität, ein neues Leben unter anderem Namen in einem fremden Land, außer Reichweite der ihn ausstoßenden Familie.
Allen Brass kannte den weiteren Verlauf sehr genau und wunderte sich nicht, daß, kurz nachdem er telefonisch benachrichtigt worden war, der Anwalt Frank Bulder erschien und eine Verfügung vom Distrikt-Anwalt mitbrachte, derzufolge man Luigi Galezzano gegen Zahlung von 10.000 Dollar Kaution freizulassen habe. Brass reklamierte nicht, daß der Distrikt-Anwalt noch gar keinen Bericht erhalten habe, weil ja weder ein Protokoll noch ein Verhör vorlag. Eigentlich konnte man, ohne zu wissen, wie es eigentlich zu einer Anklage gekommen war, keinen freilassen. Brass betrachtete die Einzahlungsquittung über 10.000 Dollar und nickte ergeben.
»Nimm ihn mit, Frank«, sagte er. »Und wenn er die Kleine umgebracht hätte … eine Verurteilung von unserer Seite erübrigt sich. Ich werde dafür sorgen, daß bald ganz Las Vegas weiß, wie der große Galezzano von einem Mädchen über den Boden gerollt wurde. Verlaß dich drauf!«
»Das können Sie tun«, antwortete Frank Bulder steif. »Lieben Sie ein unregelmäßiges Leben, Allen?« Er lehnte sich zurück und betrachtete die glühende Spitze seiner Zigarette. »Wer ist eigentlich dieses deutsche Mädchen? Bob Brooks Frau?«
»Nur vorübergehend. Sie lassen sich in Kürze scheiden.«
»Aha! Und? Was wird sie dann machen?«
»Sie will nach Kalifornien.«
»Warum wollen Sie Luigi in die Pfanne hauen, Allen, wenn sich alles so glatt lösen läßt? Überlegen Sie mal: Sie wissen nicht, wer an Luigis Stelle kommt – aber Sie wissen, was Sie an Galezzano haben! Darüber sollten Sie mal nachdenken.«
Am Nachmittag erschien Bob aufgeregt bei Sheriff Brass. Er hatte nach seiner Rückkehr von Jenny und Harry erfahren, was geschehen war, und Erika geraten, sofort die Koffer zu packen, sich scheiden zu lassen und nach Hollywood zu flüchten. Sie hatte, wie anders kaum zu erwarten, abgelehnt und geantwortet: »Ich habe keine Angst! Wenn ihr Amerikaner Mafia hört, bekommt ihr gleich einen Herzkollaps!«
»Das gibt ein Drama!« rief Bob. »Sie stecken mir die Bude an, gießen Erika Salzsäure ins Gesicht, verstümmeln Jenny … Ich bin erledigt, wenn Erika sich nicht scheiden läßt. Allen, was kann ich tun, wenn sogar Galezzano keinen Eindruck auf sie macht?!«
»Wir müssen sie weichkochen, Bob!«
»Womit denn?! Ich habe de Trajano gesprochen. Klage wegen Vertragsbruchs ist ausgeschlossen, ein solcher Vertrag ist eine interne Vereinbarung, die nicht einklagbar ist. Bleibt nur psychologische Kriegführung. Aber auch damit ist Erika nicht zu fassen, sie schluckt alles, ganz egal, ob ich vor ihren Augen mit Jenny schlafen würde oder sie anbrülle wie einen störrischen Ochsen. Es ist zum Verzweifeln!«
»Wir müssen systematisch vorgehen«, sagte Sheriff Brass. »Nur keine Panik, Bob!«
In den nächsten beiden Wochen – die Nächte verbrachte Bob auf dem Sofa, umgeben von Jenny und Erika, die sich wie griechische Grazien benahmen – wurde der Ice-Saloon von geheimnisvollen Schicksalsschlägen heimgesucht. Galezzano war nicht der Urheber. Man hatte ihn vorerst aus dem Verkehr gezogen. Bob hatte freiwillig 1.000 Dollar in die ›Kasse‹ gezahlt, und Galezzano hockte irgendwo in Nevada zur ›Erholung‹, dachte über sein Leben nach und versteifte sich darauf, daß alles, was deutsch ist, wortlos vernichtet werden sollte.
In der vierten Nacht krachte es zum ersten Mal. Die Fenster des Schlafzimmers zersplitterten, Jenny flüchtete schreiend in den Schrank, rannte danach hysterisch herum und
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