Der Heiratsspezialist
ein wie die Mauern von Jericho!«
McDolland kam tatsächlich. Schon in acht Minuten war er da, begrüßte Bob mit großer Geste und rief dröhnend: »Glaubet an die Gerechtigkeit, auch wenn sie erst in einer Ewigkeit kommt!«
»So lange habe ich keine Zeit!« sagte Bob und zog McDolland ins Haus. »Nimm deine Cleopatra und verschwinde wieder.«
»War ein Volltreffer, was?« fragte McDolland. Er ging ins Schlafzimmer, beugte sich über die Schlange und streichelte ihren widerlichen Kopf. Bob kostete es eine große Überwindung, dabei zuzusehen. »Ich habe mit Ewald Sprinker vereinbart, daß er sie mir immer ausleiht, wenn du in Nöten bist. Kein Beruf kommt ohne Hilfsmittel aus … Was wäre ein Handwerker ohne Schraubenzieher? Aber was hast du? Nichts! Nur Worte und Verträge. Wohin das führt, hast du gesehen. Du mußt dir ein Arsenal von wirksamen Hilfsmitteln zulegen, um allen Widerwärtigkeiten trotzen zu können. Cleopatra steht dir immer zur Verfügung.«
»Danke!« erwiderte Bob sauer. »Was soll ich mir noch zulegen?«
»Cleopatra hilft immer!« McDolland steckte sich eine Zigarette an und winkte ab, als Bob stumm auf die Schlange zeigte. »Sie ist es gewöhnt. Sprinker ist Kettenraucher und hustet dabei wie einer, der seine Lunge zerstückeln will. Ja, was haben wir noch auf Lager? Es könnte sein, daß eine ganz Hartgesottene sich auch von Cleopatra nicht einschüchtern läßt. Kaum auszudenken, aber – wie sagt der Herr? – der Wunder geschehen ständig welche, man erkennt sie nur nicht. Für solche Fälle hat Ewald Sprinker ein Stinktier. Hilft auch das nichts, dann gibt es noch gegen fünf Dollar pro Tag einen auf wild dressierten Affen, ein Männchen, das darauf gedrillt ist, Menschen zu bepinkeln. Das hält keine Frau aus …« Pfarrer McDolland rieb sich die Hände, als habe er gerade eine große Sonntagskollekte eingenommen. »Damit bist du unschlagbar, Bob! Es wird nie mehr Scheidungsprobleme geben!«
»Und so etwas ist Pfarrer vom ›Flammenden Rosenkranz‹!«
»Nur wer die Sünden der Menschen kennt, kann sie vergeben!« sagte McDolland feierlich. »Außerdem ist es keine Sünde, einem Menschen zu helfen, anständig zu bleiben. Daß jemand Angst vor wilden Tieren hat, ist ein natürlicher Reflex. Und Bestien werden die Erde bevölkern, und ein großes Heulen wird um euch sein …«
»Ich weiß zwar nicht, wo das steht, aber es ist gut, daß es die Bibel gibt, was?«
»Die Bibel hat immer recht!« McDolland zerdrückte seine Zigarette auf der Fensterbank, was einen häßlichen braunen Fleck hinterließ. »Wann werdet ihr geschieden?«
»Morgen.«
»Und wann heiratest du wieder?«
»Ich fliege in zehn Tagen wieder nach Deutschland.«
»Denkst du auch an die armen Waisenkinder meiner Gemeinde?«
»Ich habe für die Kirche 3.000 Dollar lockergemacht.«
»Gott blickt tief in dein barmherziges Herz …«
»Ich weiß!« Bob winkte sarkastisch ab. »Die Hinterbliebenen des Polizeicorps wollen mir ein Ständchen bringen. De Trajanos ›Verein zur Unterstützung von Justizopfern‹ will mich zu seinem Ehrenbeirat machen.«
»Pfui!« McDolland tat sehr empört. »Sie alle belästigen dich?! In welch verwerflicher Welt leben wir doch! Wieviel bleibt dir nach Abzug aller Spenden?«
»Ungefähr 39.000 Dollar.«
»Mehr als bei der Steuer! Bob, du hast eine Goldgrube entdeckt. In dir lebt der Pioniergeist unserer Ahnen wieder auf!«
Dann geschah etwas Sonderbares: Pfarrer McDolland streckte seinen Arm aus, pfiff durch die Zähne und sagte mit milder Stimme: »Cleopatra, komm her. Komm her, komm zu mir, Cleopatra!« Und die Schlange bewegte sich, es war, als ob sie sich räkelte, langsam streckte sie sich, kroch elegant auf McDolland zu und umschlang seinen Arm mit ihrem geschmeidigen, schimmernden Leib.
»Wenn sie jetzt zudrückt, quetscht sie dir den Arm ab!« sagte Bob.
»Warum sollte sie?« McDolland ging langsam zur Tür. Die kleine Boa hing an seinem Arm wie an einem Ast. »Ich habe das mit Ewald Sprinker geübt. Sie hört aufs Wort. Man könnte ein Buch über die Intelligenz der Schlangen schreiben.«
Nachdem McDolland gegangen war, überzog Jenny das Bett neu. Bei aller Verehrung für die Schlange wollte sie sich nicht an die Stelle legen, auf der Cleopatra geruht hatte. Bob war ins Wohnzimmer zurückgekehrt, dachte an den morgigen Tag und das letzte Treffen mit Erika, trank einen riesigen Whisky mit Eiswürfeln und war hundemüde. Er schrak auf, als Jenny mit den Knöcheln gegen
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