Der Heiratsspezialist
den Türrahmen klopfte. In paradiesischer Aufmachung lehnte sie im Durchgang zum Schlafzimmer, das weißblonde Haar fiel lose auf ihre Schultern. Das Modell eines Engels – aber von den Haarspitzen bis zu den Zehennägeln Sünde und Versuchung.
»Kommst du ins Bett?« fragte sie mit einer Stimme, die in winterlichen Gegenden Heizkosten sparen konnte. »Oder soll ich noch eine Platte auflegen? Trauermarsch von Chopin? Mir macht's nichts aus, wenn du nur zu mir marschierst …«
»Du bist eine ordinäre Schlampe!« sagte Bob.
»Bobbysüßer, ich habe dich so vermißt. Diese blöden Nächte. – Ich habe doch noch nie mit einer Frau im Bett gelegen! War das ein Gefühl! Das mußt du mir austreiben!«
Bob seufzte, dachte an Erikas Worte und schüttelte den Kopf. Jenny starrte ihn mißtrauisch an.
»Was soll das Kopfschütteln?!«
»Ich habe an was gedacht.« Er stand vor dem frisch bezogenen Bett und ließ es zu, daß Jenny ihm das Hemd über den Kopf streifte und seine Hose aufknöpfte. »Es ist undurchführbar.«
»Was?«
»Bei deinem Anblick einzufrieren.«
»Wer sagt denn so einen Quatsch?« Sie sprang wie ein kleines Mädchen ins Bett und hüpfte ein paarmal auf und nieder, was bei ihren körperlichen Vorzügen in männlichen Gehirnen Alarmklingeln auslösen mußte, ließ sich flach auf den Rücken fallen und breitete die Arme aus.
»Dich dürfte es gar nicht geben!« sagte Bob und beugte sich über sie. »Du bist gefährlicher als ein Kilogramm Heroin. Bei dir gibt es keine Heilungschance mehr …«
Am nächsten Tag, um 14.15 Uhr, wurden Erika und Bob Brook von Richter de Trajano geschieden. Die ganze Zeremonie dauerte genau sieben Minuten. De Trajano fragte: »Wollen Sie die Auflösung der Ehe wegen Unvereinbarkeit der Charaktere und ohne weitere Ansprüche?« Und da beide mit einem lauten »Ja« antworteten, verkündete Richter de Trajano mit ernster Stimme: »Die Ehe der Eheleute Brook ist hiermit rechtskräftig geschieden.«
Nach dem amtlichen Akt lud de Trajano die Geschiedenen privat zu einem Steak mit Paprikaschoten ein, was bei einer Spende von 2.500 Dollar auch vertretbar war. Dann gab er Erika weise Ratschläge für ihren Anfang in Hollywood. Der wichtigste Ratschlag war: Lächle zurück, wenn alle lächeln, aber trau keinem! Jeder will jeden fressen, denn irgendwie steht jeder dem anderen im Weg! Und: Das wichtigste Wort am Anfang einer Hollywoodkarriere heißt Matratze! Wer es nicht kennt, muß klettern lernen; die anderen fliegen in die Höhe!
Bis zu Erikas Abreise vergingen noch drei Tage. Bob und Jenny fuhren sie vom Desert Inn zum Flugplatz. »Ich danke dir nochmals, Bob!« sagte Erika, bevor sie durch die Sperre ging. »Weißt du, wann ich mit dir am glücklichsten war?«
»Als du in New York amerikanischen Boden betreten hast und zur Amerikanerin Mrs. Brook wurdest.«
»Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Viel früher. Als wir gemeinsam am Rhein auf der Terrasse beim Wein saßen und du so süß betrunken warst. Damals habe ich gedacht: So müßte es jetzt für immer bleiben. Mein Gott, was soll ich in Amerika? Mit Bob hier leben, das wäre ein Teil vom Paradies. – Und ich wußte doch, daß es unmöglich war. Aber vielleicht gehe ich wieder nach Deutschland zurück – wenn ich in Hollywood das große Geld gemacht habe.«
Sie lachte gequält und flüchtete sich in falsche Burschikosität.
»Ich bekomme übrigens bald Besuch. Bubelatz will mit seiner ganzen Familie im Urlaub herüberkommen. Ich habe gestern mit ihm telefoniert.«
»Der gute Bubelatz!« Bob legte den Arm um Jennys Schulter. Sie machte eine geschickte Bewegung, so daß seine Hand auf ihren Busenansatz rutschte. »Hast du ihm von unserer Scheidung erzählt?«
»Natürlich.«
»Und was sagte er?«
»Er will einen Umweg über Las Vegas machen und dir das Gesicht auf den Rücken drehen.«
Sie lachten, winkten sich noch einmal zu, und dann war Erika für immer, für alle Zeiten, aus seinem Leben entschwunden.
»Das hätten wir!« sagte Bob rauh und legte den Arm um Jennys Hüfte. »Mein erster Fall! Jenny, mein Schatz, das ist ein schwerer Job. Ich hätte nie gedacht, daß Heiraten so viele Narben hinterläßt.«
2. Teil
Es war bei Bobs Gründlichkeit selbstverständlich, daß er sich vor seinem nächsten Flug genau informierte. Er hatte sich als Ziel Hamburg ausgesucht und studierte nun eine Broschüre, die ihm der Buchhändler Saul Pinkerle als das beste informative Buch über Hamburg empfohlen hatte. Ihr
Weitere Kostenlose Bücher