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Der Heiratsspezialist

Der Heiratsspezialist

Titel: Der Heiratsspezialist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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versunken im Schein der riesigen Eiswaffel auf dem Dach, die auf Nachtbeleuchtung umgestellt war, was bedeutete, daß nur noch die Himbeerfüllung schwach schimmerte.
    Das war das Ende, dachte er, und spürte ein wenig Traurigkeit. Mein erster Ehefall ist abgeschlossen. Reinverdienst, nach Abzug aller Unkosten, runde 43.000 Mark. Ein gutes Geschäft, ohne Zweifel. Du mußt nur noch härter werden, Bob Brook! Zum Profi fehlt dir noch das stählerne Herz und das elektronische Gehirn. Du mußt dir immer sagen: Du heiratest keine Frau, sondern einen Scheck! Du gibst deinen Namen nur auf Zeit her – nur deinen Namen, die Seele bleibt davon völlig unberührt. Und wenn du anfängst, Skrupel zu wälzen, denk immer daran: Du tust mit jeder Heirat ein gutes Werk, denn du verhilfst einem Menschen zu einem neuen Leben. Als Junge warst du doch Pfadfinder. Wie hieß deren Devise? »Tu jeden Tag ein gutes Werk!«
    So gesehen, Bob, erfüllst du in idealer Art und Weise die Maximen der Menschlichkeit …
    Er ging ins Haus zurück, schloß die Tür und tappte auf Zehenspitzen, den historischen Familiensäbel in der Faust, ins Schlafzimmer.
    Die Schlange lag noch immer zusammengeringelt im Bett, mit herrlich glänzender, gepunkteter Haut und schwarzen Knopfaugen. Sie züngelte, sah Bob wie einen alten Vertrauten an und wippte nicht einmal mit dem wie zu einem Stachel verengten Schwanzende.
    Bob setzte sich in einen neben dem Bett stehenden Sessel, stellte den Säbel mit der Spitze auf den Boden und kreuzte die Hände über dem Griff.
    »Wenn du sprechen könntest«, sagte er zu der Schlange, »würde ich dich fragen: ›Wo kommst du her?‹ Und du würdest antworten: ›Von Pfarrer McDolland!‹ Und ich würde sagen: ›Das habe ich mir gedacht! McDolland, Gottes Herold auf Erden, ist ein grandioser Halunke! Ein echter Nachfahre seiner alttestamentarischen Vorgänger!‹ Und du würdest zustimmen: ›McDolland ist ein Fuchs! Ein ganz außergewöhnlicher sogar: Er beleckt die Hühner, bevor er sie frißt!‹ – Sehr gut gesagt, Schlange, ich bin mit dir einverstanden. Aber dich in mein Bett zu legen, ist schon eine Hundsgemeinheit!«
    Er sah die Schlange an, die Schlange sah ihn an, und zwischen ihnen entstand eine spürbar distanzierte Komplizenschaft. Der Gedanke, jetzt mit dem Säbel zuzuschlagen und das alte Indianerblut mit frischem Schlangenblut zu überdecken, lag Bob ferner denn je.
    Gegen drei Uhr morgens kam Jenny von Pipers Casino zurück. Sie war bester Laune, sang schon unter der Hintertür den Song von Jimmy, der sich zwischen drei Frauen nicht entscheiden kann, knallte den leeren Bauchkasten auf die Theke und pustete sich die Haare aus dem Gesicht.
    »Aufwachen, Leute!« rief sie und setzte sich auf die Eistheke. »Es lohnt sich, aus dem Bett zu kriechen! Bob, mein Liebling, komm wie du bist, ohne Hose mag ich dich am liebsten …« Wenn Jenny ordinär wurde, war meist Alkohol daran schuld. »Komm her, du deutsches Wunderkind, und zeig deine Tageskasse! Bobby, Süßer, bei mir klimpert's von oben bis unten, Gottnochmal, war das eine Bullenherde! Als nichts mehr im Kasten war, wollten sie mich ablecken! Alle so um die Fünfzig – das sind die Verrücktesten! Leute, das ist eine Rekordtageskasse! O Scheiß, bin ich müde!«
    Bob erhob sich und kam ins Lokal. Er hielt noch immer seinen alten Säbel in der Hand und stützte sich auf ihn wie auf einen Spazierstock. Jenny starrte ihn verblüfft an und gähnte dann mit weit aufgerissenem Puppenmund.
    »Spielt ihr die Schlacht am Red River?« fragte sie und tippte sich an die Stirn. »Um diese Zeit? Wirst immer verrückter, Bobbybaby! Komm her und gib deinem Rekordmädchen einen Kuß auf die zwei Vorsprünge, vor denen die Electric-Boys Schlange standen …«
    »Das ist es!« sagte Bob mit dunkler Stimme. »Schlange! Wo kommt sie her?«
    Jennys umrandete Augen wurden groß und kullerig. Das Flattern der Wimpern war gut einstudiert, aber nicht neu; Bob kannte es zur Genüge und reagierte nicht mehr darauf wie in den ersten Wochen, nachdem er das Erbe Jenny angetreten hatte und ihre Wimpernschläge, in der Fehleinschätzung, es handle sich um Schmerzausbrüche, immer mit gesteigerter Zärtlichkeit beantwortet hatte.
    »Du hast sie geköpft?« sagte sie schwer atmend. »Du hast sie mit dem Säbel zerstückelt, nicht wahr? Du hast eine kleine, süße, harmlose Schlange ermordet!«
    »Ha! Du kennst sie also?« Bob vollführte einen Lufthieb. Der breite Säbel rauschte durch die

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