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Der Heiratsspezialist

Der Heiratsspezialist

Titel: Der Heiratsspezialist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gallige Übelkeit im Magen liegt, wenn sie mühsam aus dem Reich des Vergessens auftauchen.
    Er selbst wollte das noch gar nicht, aber irgend jemand bearbeitete sein Gesicht mit kleinen, schnellen, klatschenden Ohrfeigen, etwas Nasses belästigte ihn ungemein, er spürte Feuchtigkeit über Schulter und Brust rinnen und entschloß sich, den Zustand seliger Ferne aufzugeben.
    Das erste, was er wahrnahm, waren eine weit ausgeschnittene Bluse und zwei kugelförmige Brüste. Sie schwankten vor seinen Augen gefährlich hin und her, als wollten sie sich von dem wenigen Stoff, der sie festhielt, befreien, und Bob dachte voll Interesse, die richtige Bewegung wäre wohl nicht hin und her, sondern auf und ab. Dann würde sie nichts mehr in ihrer ohnehin nur notdürftigen Verkleidung halten können.
    Aber auch dieser halbrunde Zustand verflog schnell. Bob sah klar, erkannte das Mädchen, das ihn auf dem Gang der Herrentoilette angesprochen und dann völlig unmotiviert losgeschrieen hatte, und an ihrer nackten Schulter vorbei sah er den blonden Hünen, der an der Wand lehnte und mit einem Gasfeuerzeug spielte. Er ließ es aufschnappen, betrachtete die kleine Flamme und ließ den Deckel dann wieder zuklappen. Neben ihm hockte ein anderer Mensch auf einem Stuhl; er hatte die Lehne nach vorne gedreht, damit er das Kinn darauf stützen konnte, er rauchte, blies den Rauch durch die Nase und wirkte wie eine Eule, die sich in eine Räucherkammer verflogen hatte.
    »Ich glaube, er kommt!« sagte das fleißig klopfende Mädchen. Sie patschte noch einmal ein kleines nasses Handtuch über Bobs Augen, ohrfeigte ihn mit schneller Hand und zog das Tuch wieder weg. »Tatsächlich, jetzt hat er die Augen auf.«
    Bob rührte sich nicht. Er merkte, daß er auf einer Art Chaiselongue lag, die mitten in einem kahlen Raum stand. Ein Keller, stellte er fest. Natürlich ist das ein Keller. Es muß ein Keller sein, denn was wäre ein Verbrechen ohne einen anständigen Keller, dem Standardrequisit jedes echten Thrillers: Ein massiver Keller, schalldicht, ausgestattet mit den tollsten Folterwerkzeugen, möglichst mit einer Falltür und einer Rutsche, die direkt in einem gurgelnden Fluß endete, wo die Opfer für immer verschwinden, das gehört zu einem anständigen Verbrechen! Warum sollte es hier anders sein? Wer weiß denn, wieviel unterirdische Kanäle die Stadt Hamburg durchziehen, Kanäle, die alle in der Elbe enden?
    Das Mädchen richtete sich auf, wodurch die Gefahr weiterer Entblößung gebannt war, faltete das Handtuch viermal zusammen und legte es Bob über die Stirn. Die Kühle tat gut. Bob war gerührt über so viel samariterische Fürsorge und sagte:
    »Danke, Mylady …«
    Es sollte laut und forsch klingen, aber es geriet zu einem heiseren Wortkauen. Nur schrittweise gewann Bob die Kontrolle über seinen Körper zurück. Auge und Hirn waren schon da, die Sprache hinkte noch hinterher.
    »Wie fühlen Sie sich?« fragte der blonde Hüne. Er sprach ein Seemanns-Englisch, wie es Leute reden, die sich in allen Englisch-Variationen auf der ganzen Welt geübt haben.
    Bob riet sein Instinkt, liegenzubleiben und die Unterhaltung zunächst aus der Horizontalen zu führen. Das Mädchen pustete ihre blonden Locken aus dem Gesicht, nahm der Eule die Zigarette aus dem Mund und zog ein paarmal kräftig daran. Mit gespitzten Lippen blies sie den Rauch weg … wie Jenny, dachte Bob. Genau wie Jenny! Fast der gleiche Typ – nein, Verzeihung, mein Schätzchen im fernen Las Vegas, die hier ist ordinärer! Was bei dir Natur und Klasse ist, jener umwerfende Sexappeal einer amerikanischen Großstadtpflanze, der das Leben nur das Leben und sonst nichts geschenkt hat und die sich zum Kuchen durchbeißen muß, ist bei diesem Weibsstück aufgetragen wie dicke Schminke. Außerdem ist dein Busen mindestens eine Nummer größer, Jenny! Ich kann das doch beurteilen. Mein Gott, Jenny, was haben die mit mir vor?!
    Er drehte etwas den Kopf, sah den Blonden an und lächelte schwach.
    »Ich verstehe jetzt, warum die Germanen die Römer geschlagen haben«, sagte er mit sich langsam lockernder Zunge. »Sie haben einen tollen Punch, mein Junge! Der blonde Bomber …«
    »Dem haste das Hirn gequetscht, Fred!« sagte die Eule über die Stuhllehne hinweg. »Was nun?«
    »Ehrlich! Haben Sie noch nie daran gedacht, in den Ring zu klettern?« Bob fühlte sich wohler. Das nasse Handtuch auf seiner Stirn tat Wunder, sogar die Übelkeit verflüchtigte sich. Was blieb, war das Gefühl, an

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