Der Heiratsspezialist
werden!
»Okay!« sagte Bob nachdenklich. »Ich bin überzeugt! Versucht euer Glück. Macht alle Pferde wild – ich kann warten!« Er sah den irritierten Blonden an und schnippte mit den Fingern. »Für 200.000 Mark aber verlange ich auch eine angemessene Betreuung. Fred, ich habe einen unbändigen Appetit auf einen großen Whisky …«
Die Polizei war ratlos, wie erwartet. Die Beamten der Hamburger Davidswache sind in aller Welt berühmt, es ist eine der wenigen Polizeiwachen in Deutschland, um die sich schon Legenden ranken. Dementsprechend sind die Polizisten dort auch besonders hartgesottene Burschen, die nichts mehr erschüttern kann, was auf der ›sündigen Meile‹ von St. Pauli geschieht. Daß ein Mann auf dem Weg vom Tisch zur Toilette verlorenging, war eine Lappalie. Das war ein alter Trick, um sich vor dem Bezahlen zu drücken. Dem, der zurückblieb, wurde die Rechnung präsentiert. Dieser Fall war allerdings doch etwas merkwürdig: Die alleingelassene Post-Inspektorin Juliane Hatzle konnte beweisen, daß Mr. Brook – der Verschwundene – gar keinen Grund hatte, sich um die Zeche zu drücken, da er von ihr eingeladen worden war. Außerdem wollte man in aller Kürze heiraten; die Papiere waren schon auf dem Weg zur amerikanischen Botschaft. Frau Hatzle gab außerdem noch an, Erbin eines Millionenvermögens in den USA zu sein, und auch Mr. Brook war als Besitzer eines großen Eiscafés – so drückte Juliane es aus – durchaus nicht der Typ des Zechprellers.
Der Polizeiobermeister, der das Protokoll aufnahm, ahnte, daß es Komplikationen geben würde. Die schon unterbrochene Sex-Show wurde nicht fortgesetzt, die Polizei begann mit der Spurensuche, der Geschäftsführer beteuerte unter Schweißausbrüchen, er sei völlig ahnungslos, und die ›Artisten‹ warteten hinter der kleinen Bühne und in den Gängen, in Bademänteln oder – wie die ›Tänzerin‹ Corona – im Arbeitskostüm, das aus einem mit farblosem Sauggummi an ihren Nabel geklebten Goldkettchen bestand. Die Stimmung war gelockert, man benahm sich diszipliniert, der schwule Fakir Rammeldan erzählte sogar Witze, und nur Juliane Hatzle störte die Idylle, da sie lauthals immer wieder verlangte, diesen ›Sumpf‹ trockenzulegen.
Die Gäste des ›Varietés‹, die anfangs noch auf den Fortgang des Programms gehofft hatten, weil die beste Nummer angeblich noch bevorstand, verkrümelten sich langsam. Ein sehr vornehm aussehender graumelierter Herr, den man außerhalb dieses Lokals bestimmt mit ›Herr Direktor‹ angesprochen hätte, sagte laut: »So ein Scheißdreck! Und dafür hat man nun 20 Mark für einen Whisky bezahlt …« und verließ wütend seinen Tisch. Vor dem Polizeiobermeister pflanzte er sich auf und bellte: »Ich fühle mich betrogen!« Dann zischte er den Geschäftsführer an: »Ich werde mir das merken!« Mit undeutlichem Gebrabbel verließ er als einer der letzten das Lokal.
»Kennen Sie den?« fragte der Obermeister kopfschüttelnd.
»Ja.« Der Geschäftsführer nickte trüb. »Ein guter Stammgast. Läßt im Durchschnitt pro Abend um die zweitausend hier …«
»Für Whisky? Du lieber Himmel!«
»Nein. Für Lilo oder Ev oder Fanny … wer gerade unser Star hier ist. Er badet so gern und läßt sich dann massieren. Sie wissen doch, wir haben oben …«
»Hör auf, Jonny!« Der Polizeiobermeister winkte ab. »Wer ist es!«
»Keine Namen, Sheriff …« Jonny lächelte breit. »Verheiratet, drei erwachsene Kinder. Kommt zweimal im Monat nach Hamburg, in Exporten. Und ist treu wie Gold; kommt immer zu mir. Hat auch schon Sonderkonditionen hier, vor allem beim Champagner …«
»Was wird nun?« Juliane Hatzle hieb mit der Faust auf ihren Tisch. »Was tut die Polizei?!«
»Alles!« sagte der Obermeister freundlich.
»Und das ist?«
»Wir verfassen ein Protokoll, das Sie uns bitte unterschreiben, und dann geben wir eine Vermißtenmeldung heraus.«
»Das ist alles?!« Ihre Stimme dröhnte gefährlich.
»Was schlagen Sie noch vor?«
»Bin ich die Polizei?! Ein Mann ist verschwunden …«
»Das kommt vor. Wir werden alles tun, um aufzuklären, warum …«
»Es gibt kein Warum!« unterbrach ihn Juliane Hatzle. »Hier, in diesem Haus, verschwand Bob Brook ohne Grund! Und ich bleibe so lange hier sitzen, bis er wieder auftaucht!«
»Das dürften Sie finanziell nicht überleben!« stöhnte Jonny. »Außerdem wäre das Hausfriedensbruch, denn ich verbiete Ihnen das Haus …«
»Haben Sie das gehört, Herr
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